Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zur Umsetzung der DSM-Richtlinie und der Online-SatCab-Richtlinie

 

IV. Gemeinfreie Werke der bildenden Kunst (Art. 14)

 

Vor dem Hintergrund des Schutzes für Lichtbilder nach § 72 UrhG besteht hier zwingender Umsetzungsbedarf. Festzuhalten ist, dass es stets nur um Vervielfältigungen (typischerweise Aufnahmen) von gemeinfreien Werken der bildenden Kunst gehen kann. Der Deutsche Kulturrat bittet zu prüfen, ob die Abgrenzung zwischen Lichtbildern (§ 72 UrhG) und weiterhin geschützten Lichtbildwerken (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG) am besten danach getroffen werden kann, ob es sich um Aufnahmen zweidimensionaler Werke der bildenden Kunst („Flachbilder“) oder um Aufnahmen von dreidimensionalen Werken (z.B. Skulpturen) handelt. Nur bei der Aufnahme von gemeinfreien zweidimensionalen Werken sollte im Ergebnis ein Schutz der Aufnahme ausgeschlossen werden können. Aufnahmen dreidimensionaler Objekte stellen dagegen in der Regel eine eigene geistige Schöpfung dar, die von Art. 14 nicht erfasst wird.

 

V. Leistungsschutzrecht des Presseverlegers (Art. 2 Nr. 4 und 5, Art. 15)

 

Hinsichtlich der Umsetzung dieser Vorschrift erinnert der Deutsche Kulturrat an seine Forderung, dass eine angemessene Beteiligung der Urheber an den Einnahmen aufgrund des Presseverlegerleistungsschutzrechts sichergestellt sein muss. Es ist deshalb zu begrüßen, dass eine derartige Beteiligung in Art. 15 Abs. 5 DSM-Richtlinie explizit vorgesehen ist. Um eine effektive Umsetzung des Beteiligungsanspruchs zu gewährleisten, spricht viel dafür, den Beteiligungsanspruch der Urheber verwertungsgesellschaftspflichtig auszugestalten.

 

VI. Verlegerbeteiligung (Art. 16)

 

Der Deutsche Kulturrat hat sich stets dafür ausgesprochen und in diversen Positionierungen deutlich gemacht, dass eine Verlegerbeteiligung an den Einnahmen aufgrund der gesetzlichen Vergütungsansprüche schnellstmöglich geschaffen wird. Da der Fortbestand der betroffenen Verwertungsgesellschaften – als gemeinsame Verwertungsgesellschaften von Urhebern und Verlegern – ohne eine entsprechende Regelung konkret gefährdet ist, sollte Art. 16 DSM-Richtlinie, wie bereits eingangs erwähnt, in einem vorgezogenen Gesetzgebungsverfahren umgesetzt werden. Bei der konkreten Umsetzung von Art. 16 DSM-Richtlinie spricht viel dafür, einen Beteiligungsanspruch der Verleger zu schaffen, der allerdings – zwingend – nur durch eine gemeinsame Verwertungsgesellschaft von Urhebern und Verlagen wahrgenommen werden darf.

 

VII. Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen (Art. 2 Abs. 6, Art. 17 sowie Erklärung Deutschlands v. 15. April 2019)

 

Art. 17 DSM-Richtlinie hat im Zuge der Debatte um die DSM-Richtlinie für engagierte gesellschaftliche Debatten gesorgt. Aus Sicht des Deutschen Kulturrates sollte versucht werden, die Umsetzung möglichst unaufgeregt und sachlich zu gestalten. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass vieles, was als Gefahr beschworen wurde, längst praktiziert wird und sich bewährt hat.

  1. Erfasste Plattformen, Handlung der öffentlichen Wiedergabe (Art. 2 Abs. 6, Art. 17 Abs. 1 UA 1, Abs. 3)

Der Deutsche Kulturrat unterstreicht, dass er die Klarstellung in Art. 17 Abs. 1 DSM-Richtlinie, wonach die einschlägigen Plattformen eine urheberechtlich relevante Handlung vornehmen, begrüßt. Dessen ungeachtet muss im Interesse der Rechtssicherheit bei der Umsetzung klar geregelt werden, welche Plattformen unter Art. 17 DSM-Richtlinie fallen. Zu begrüßen ist auch, dass der Upload durch private Nutzer ohne kommerzielle Interessen im Fall einer vertraglichen Nutzungsrechtseinräumung gegenüber der Plattform durch die Lizenz mit abgedeckt ist (vgl. Art. 17 Abs. 2 DSM-Richtlinie). Mit diesem ungewöhnlichen „Kunstgriff“ wird die Handlung der nicht gewerblichen Nutzer legalisiert, ohne dass diese selbst Lizenzverhandlungen zu führen oder Lizenzvergütungen zu zahlen hätten.

  1. Lizenzierung (Art. 17 Abs. 1 UA 2, Abs. 2)

Aus Sicht des Deutschen Kulturrates kommt – nicht zuletzt mit Blick auf die Nutzer – der Lizenzierung von Plattformnutzungen im Sinne des Art. 17 DSM-Richtlinie entscheidende Bedeutung zu. Es ist das zentrale urheberrechtliche Element, um die Plattformangebote weiter zu ermöglichen und gleichzeitig eine Vergütung der Rechtsinhaber sicherzustellen. Der Deutsche Kulturrat erkennt aber auch an, dass für bestimmte Werke, insbesondere wenn es die Nutzung vollständiger Werke betrifft, berechtigte Interessen der Rechteinhaber bestehen können, eine Lizenzierung ihrer Werke für die Plattformnutzung nicht zu ermöglichen.

 

In einigen Märkten, wie z.B. dem Musikmarkt, werden Lizenzvereinbarungen mit Plattformen wie bspw. YouTube bereits seit geraumer Zeit abgeschlossen. Art. 17 DSM-Richtlinie wird hier aller Voraussicht nach die Verhandlungsposition der Kultur- und Kreativwirtschaft stärken und kann daher auch zu höheren Erträgen für Urheber und Leistungsschutzberechtigte beitragen.

 

In anderen Bereichen wird derzeit geprüft, inwieweit Lizenzmöglichkeiten angeboten werden können. Dabei kann insbesondere die kollektive Rechtewahrnehmung eine wichtige Rolle spielen. So hat die GEMA für die von ihr vertretenen Komponisten, Textdichter und Musikverlage bereits vor Inkrafttreten von Art. 17 DSM-Richtlinie eine Lizenzvereinbarung mit YouTube abgeschlossen; die VG Bild-Kunst hat kürzlich ihren Wahrnehmungsvertrag geändert, um im Bereich der Fotographen und Illustratoren Rechte nach Art. 17 DSM-Richtlinie wahrnehmen zu können. Bei der VG WORT wird eine kollektive Rechtewahrnehmung im Bereich der Sprachwerke derzeit geprüft. Soweit Verwertungsgesellschaften in den letztgenannten Bereichen in Zukunft Rechte wahrnehmen, bietet es sich an, über erweiterte kollektive Lizenzen nach Art. 12 DSM-Richtlinie unter Berücksichtigung der besonderen Spezifik der deutschen Lizenzpraxis auch „Außenseiter“-Lizenzen zu ermöglichen.

  1. Wegfall der Verantwortlichkeit (Art. 17 Abs. 4 und 5)

Der Deutsche Kulturrat weist darauf hin, dass die Vorgaben nach Art. 17 Abs. 4 und 5 DSM-Richtlinie in vielen Punkten bereits nach bisherigem Recht zu berücksichtigen waren. Das gilt auch für die Notwendigkeit, unter bestimmten Voraussetzungen Prüftechnologien einzusetzen, um den Upload von geschützten Werken zu verhindern. Geeignete Prüftechnologien stehen in bestimmten Bereichen, wie insbesondere dem Musikmarkt, seit langem zur Verfügung und werden angewandt. Dessen ungeachtet unterstreicht der Deutsche Kulturrat erneut nachdrücklich, dass es neben der Entwicklung und des Einsatzes effektiver technischer Schutzmechanismen vor allem auch darum gehen sollte, Lizenzmöglichkeiten gegenüber den Plattformen zu schaffen.

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