Antworten Die Linke auf die Wahlprüfsteine zur Wahl des Europäischen Parlaments 2019

2. Welche kulturpolitischen Initiativen planen Sie im neuen Europäischen Parlament?

 

Wir haben uns gefreut, dass im neuen CREATIVE EUROPE 2021 – 2027 im Sektor-übergreifenden Programmteil Initiativen für Medienfreiheit einen prominenteren Platz als je zuvor gefunden haben und auch, dass das Parlament jetzt mit einen verdoppelten Budgetansatz in die Debatten um den Mehrjährigen Finanzrahmen geht. Auch der Ausbau und die Fortsetzung der Programmgrundstruktur, wie sie 2014 entstand, ist sinnvoll, auch wenn wir uns mehr Orientierung auf infrastrukturelle Förderung öffentlicher Kulturinstitutionen gewünscht hätten.

 

  • Andererseits ist es gut, dass der Kultur- und Kreativsektor umfangreich gefördert wird und zugleich die kritische Sicht auf die Einkommenslage der Kreativen erhalten bleibt.
    Hier sehen wir Möglichkeiten, die Idee eines fair work Siegels, wie es z. B. auch bei ver.di diskutiert wird, auf europäischer Ebene weiter zu diskutieren, um in Teilbereichen die soziale Lage Kreativer deutlich zu verbessern. Wenn große Firmen der Musik-, Verlags-, Spiele- oder Filmindustrie nachweisen müssen, dass sie ihre Kreativen gut bezahlen, wären wir ein Stück weiter bei der Verbesserung der Einkommenslage und dies würde auch die Verhandlungspositionen der Freiberufler verbessern.
  • Ebenso sollten schleunigst Maßnahmen auf europäischer Ebene ergriffen werden, die die Doppelbesteuerung von Künstler*innen und Kreativen, wenn sie länderübergreifend arbeiten, unterbindet.
  • Wir müssen uns weiterhin, nicht nur als Auftrag des Kulturerbe-Jahrs 2018, mit dem Erhalt, der Förderung und der europaweiten Wirkung von Gedächtnisinstitutionen befassen. Das beginnt bei klaren und nachhaltigen Infrastrukturförderungen bis hin zu Regelungen für das Urheberrecht (siehe Antwort 7).
  • Wir halten die inzwischen mehrfach geäußerte Grundidee europäisch gut zugänglicher Mediatheken, die vor allem auch vom Angebot der ÖRR-Anstalten gespeist werden, für sinnvoll und wichtig, wobei hier von der institutionellen Struktur bis zur Untertitelung von Beiträgen viele Baustellen sind. Wir begrüßen, wenn hier die begonnenen Dialoge mit der neuen Legislatur schnell wieder in Gang kommen.
  • Wir denken, dass neben der kulturellen und der Medienbildung, die digitale Bildung eine wachsende Rolle spielen wird. Wir sollten hier über Initiativberichte hinauskommen und in Programmlinien für Jugend, Bildung und Kultur in Zukunft mehr Modellprojekte und den Austausch darüber anschieben.

 

3. Welche Bedeutung messen Sie der Sicherung der Kunst-, Meinungs- und Informationsfreiheit zu? Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, wenn die Kunst-, Meinungs- und Informationsfreiheit in Mitgliedstaaten der Europäischen Union eingeschränkt werden?

 

Wir haben kooperativ die wichtige Arbeit und die neuen Pilotprojekte des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit unterstützt und begleitet und gehen davon aus, dass deren Arbeit stärker institutionalisiert werden muss. Dafür werden wir uns einsetzen. Gleiches gilt für ein Projekt der Deutschen Welle, dass sich vor allem an junge Menschen richtet.

 

Neben der bedrohten Medienfreiheit ist auch nicht zu übersehen, wie europaweit Kunst- und auch Wissenschaftsfreiheit unter Druck geraten, offline wie online. Deshalb unterstützen wir die Einmischung der VIELEN in politische Diskurse, in europäische Debatten, weil sie Sichtbarkeit für den demokratischen Dialog und für kulturelle Vielfalt einfordern.

 

Wir haben auch aus Gründen des Schutzes der Kunst- und Meinungsfreiheit die EU-Urheberrechtsreform – anders als der Deutsche Kulturrat – abgelehnt, weil wir es für falsch halten, die berechtigten Forderungen von Kreativen nach einem guten Einkommen „in einen Ausgleich“ mit Meinungsfreiheit zu bringen, die durch Uploadfilter gefährdet ist. Es gibt für uns keinen „Ausgleich“ zwischen dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit und dem Recht auf Eigentum, sondern nur den politischen Zugang, dass Mittel und Wege gefunden werden, wie beide Rechte zu garantieren sind. Deshalb haben wir die Verknüpfung der Frage des Value gaps mit der Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen durch automatische Erkennungssysteme von Beginn an für einen Irrweg gehalten, der praktisch ohnehin nur sicher Meinungsfreiheit einschränkt, jedoch sehr unsicher das Einkommen Kreativer verbessert. Überdies verletzt nach unserer Auffassung der Weg der Haftungsbefreiung der Plattformen durch einen Rundum-Lizenzierung, der auch praktisch unmöglich ist, tendenziell internationales Urheberrecht. In der letzten Fassung der Berner Übereinkunft steht es ausschließlich den Urheber*innen zu, frei zu entscheiden, ob und wie sie ihre Werke lizenzieren wollen. Die jetzt vorgeschlagenen Lösungen im Art. 17 (vormals 13), aber auch an anderen Stellen der Urheberrechts-Richtlinie, machen vertragliche Lizenzierungen über Verwertungsgesellschaften jedoch tendenziell verpflichtend, will man überhaupt an Ausschüttungen beteiligt werden. Wir denken, dass diese gesetzlichen Lösungen juristisch eher Verunsicherungen und neue Ungerechtigkeiten unter Kreativen produzieren und urheberrechtlichen Standards nicht angemessen sind, also auch juristisch angreifbar sind. Deshalb werden wir uns dafür einsetzen, dass der geplante Interessengruppen-Dialog, so wie es am 15.4. auch in der Protokollerklärung der Bundesregierung hervorgehoben wurde, noch vor den Umsetzungsversionen der Mitgliedstaaten aufgenommen wird.

 

Um Plattformen zu regulieren, schlagen wir Digitalsteuern, transparente Algorithmen, wenn sie mit UGC in Berührung kommen und eine strenge Anwendung des Kartellrechts vor. Das Steueraufkommen sollte direkt in die Förderung von Kreativen, Journalismus und digitaler Bildung fließen.

 

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