Natur- und Kulturraum Grünes Band

Der Natur- und Kulturraum Grünes Band besteht aus Artefakten der Befestigungsanlage der ehemaligen deutsch-deutschen Grenzen. Die noch vorhandenen Artefakte der Befestigungsanlage, zumeist der Kolonnenweg, Grenztürme, Bunker, Zäune sowie Sperranlagen befinden sich auf dem Gebiet der ostdeutschen Bundesländer. Die westdeutschen Bundesländer hingegen verzichteten bewusst auf Sperranlagen an der innerdeutschen Grenze. Stattdessen gab es Beobachtungseinrichtungen der Bundesgrenzschutz- und Zollbehörden, Hinweisschilder, die auf die Nähe zur Grenze aufmerksam machten. In sensiblen Bereichen gab es auch Sperrgebiete mit eingeschränktem Zugang, aber keine militärischen oder mechanischen Sperrsysteme.

 

Der Natur- und Kulturraum Grünes Band hat eine Länge von 1.378 Kilometern. Er gliedert sich in eine Kernzone von 50 bis 200 Metern Breite sowie eine angrenzende Pufferzone, ausgeweitet durch angrenzende Schutzgebiete. Insgesamt ergibt sich oft eine Schutz- bzw. Planungsbreite von ein bis zwei Kilometern entlang des Grünen Bandes. Er beginnt an der Ostseeküste und endet im Süden am Dreiländereck Bayern-Sachsen-Tschechien. Zum Natur- und Kulturraum Grünes Band gehört auch die Stadt Berlin, die einerseits innerstädtisch mit der ehemaligen Mauer symbolhaft für die Teilung steht und andererseits mit der Außengrenze von Berlin und Brandenburg im ehemaligen Westteil der Stadt die deutsch-deutsche Grenze abbildet. Der Natur- und Kulturraum Grünes Band markiert damit den deutschen Teil des European Green Belt, der vom Eismeer im Norden Norwegens bis zum Schwarzen Meer an der Grenze Bulgariens zur Türkei reicht.

 

Naturseitig steht der Natur- und Kulturraum Grünes Band zum größten Teil unter Schutz. Etwa ein Drittel (ca. 177 Naturschutzgebiete) ist offiziell als Naturschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet oder Nationalpark ausgewiesen. Weitere Flächen sind als FFH-Gebiete (Fauna-Flora-Habitat) oder Vogelschutzgebiete nach EU-Recht geschützt. Viele andere Abschnitte sind biotopkartiert, aber noch nicht offiziell gesichert – das betrifft insbesondere artenreiche Wiesen, Feuchtgebiete, Moore und Wälder.

Was ist das Besondere am Natur- und Kulturraum Grünes Band?

Der Natur- und Kulturraum Grünes Band steht exemplarisch für die deutsche Geschichte: für die lange Zeit ohne Teilung, die 40 Jahre Teilung und seit 1990 das wiedervereinigte Deutschland. Naturseitig hat sich insbesondere in der Zeit der deutschen Teilung die Natur den zuvor durch Nutzung überformten Naturraum zurückerobert. Da während der deutschen Teilung die Befestigungsanlagen einschließlich der dazugehörenden Grenzstreifen nicht betreten werden durften und nicht genutzt werden konnten, hat sich dort eine Fauna und Flora entwickeln können, die weltweit einzigartig ist.

 

Kulturseitig war der Natur- und Kulturraum vor der deutschen Teilung ein Kultur- und Wirtschaftsraum. Beispielhaft hierfür stehen die Hanse im Norden, die mitteldeutsche Bergbau- und Wasserwirtschaft im Harz, in Südthüringen der Spielzeugwinkel um Sonneberg. Sprache, Dialekt und Kulturgeschichte vereinen den Natur- und Kulturraum Grünes Band in seiner Breite. Während der deutschen Teilung wurden die Wirtschafts- und Kulturverbindungen sowie familiäre Bindungen jäh unterbrochen. Das sogenannte Zonenrandgebiet in der Bundesrepublik galt als strukturschwach und wurde staatlich gefördert. Die Grenzgebiete in der DDR hingegen waren Sperrzonen mit eingeschränkter Entwicklungsmöglichkeit.

 

Nach der Überwindung der deutschen Teilung setzte sich der BUND für den Schutz dieses besonderen Naturraums ein und rief 1990 in Hof (Bayern) symbolisch das Grüne Band aus. Seither arbeiten zahlreiche lokale BUND-Gruppen an der Erfassung der Arten, pflegen Biotope, vermitteln Wissen und setzen sich dafür ein, dass das Grüne Band als Ganzes unter Naturschutz gestellt wird. Auf der Kulturseite geht es darum, an die deutsche Teilung durch Gedenkstätten und Grenzmuseen zu erinnern, die Verbindungen wieder aufzunehmen und aufzuzeigen. Zugleich wird das Grüne Band touristisch erschlossen und als regionaler Lebensraum wiederbelebt.

Der Natur- und Kulturraum Grünes Band steht damit beispielhaft

  • für Natur-, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte in der Mitte Deutschlands,
  • für bedeutsame kulturelle und wirtschaftliche Entwicklungen in der Mitte Deutschlands,
  • für die friedliche Überwindung der deutschen Teilung und Entwicklung der Demokratie in der Mitte Deutschlands,
  • für die inhärenten Konflikte zwischen Naturschutz und wirtschaftlicher Entwicklung.

Der Natur- und Kulturraum Grünes Band vereint den Einsatz für Umwelt- und Naturschutz, die Auseinandersetzung mit deutscher Geschichte, insbesondere Demokratie-, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte. Er umfasst zehn Bundesländer und ist damit auch ein Sinnbild für den historisch gewachsenen Föderalismus in Deutschland. Er ist ein Band des Föderalismus.

Der BUND setzt sich bereits seit den frühen 1990er Jahren dafür ein, dass das Grüne Band als UNESCO-Naturerbe anerkannt wird. Eine Machbarkeitsstudie aus dem Jahre 2014 stellte das große Potential heraus und empfahl, die Bewerbung um den Aspekt des Kulturerbes zu ergänzen, d. h. die Bewerbung als gemischte Welterbestätte voranzutreiben. Seit 2019 engagiert sich der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, zusammen mit dem BUND für das Grüne Band als gemischte Welterbestätte. Im Dezember 2023 beschloss die Kulturministerkonferenz, das Grüne Band als Naturerbe auf die Tentativliste der deutschen UNESCO-Welterbebewerbungen mit der Option der Erweiterung auf eine gemischte Welterbestätte aufzunehmen. Das Land Thüringen fördert seit September 2023 bis September 2027 das Vorläufige Welterbebüro Grünes Band. Es ist ein Projekt des BUND, der Deutsche Kulturrat ist Kooperationspartner. Hierdurch soll der Nominierungsprozess des Natur- und Kulturraum Grünes Band als gemischte Welterbestätte vorangetrieben werden.

 

Weitere Informationen zu Beiträgen in Politik & Kultur, zum Natur- und Kulturraum Grünes Band sowie zu geplanten Regionalkonferenzen folgen in Kürze.