Antworten Die Linke auf die Wahlprüfsteine zur Wahl des Europäischen Parlaments 2019

1. Wollen Sie sich für eine weitere Stärkung der Europäischen Union einsetzen? Wenn ja, welche Maßnahmen planen Sie hierzu? Wenn nein, warum nicht? Teilen Sie den Eindruck des Deutschen Kulturrates, dass die Durchsetzung von Partikularinteressen in der Europäischen Union an Bedeutung gewinnt? Wie soll Europa hierauf reagieren? Was wollen Sie unternehmen, um der gemeinsamen Idee von Europa mehr Schlagkraft zu geben und den Zusammenhalt in der Europäischen Union zu verbessern?

 

Wir wollen eine Stärkung der Europäischen Union, jedoch kein „Weiter So“ oder nur „Etwas Besser“, sondern streben grundsätzliche Veränderungen im Bündnis mit Gewerkschaften, NGOs, Mieterinitiativen, jungen Menschen, Kulturleuten, Wissenschaft an. Um eine soziales, demokratisches und friedliches Europa vor Ort und überregional praktizieren und politischen Verbesserungsbedarf in die Debatte zu bringen und zu mehrheitsfähigen Handlungsempfehlungen auszubauen, sind wir zugleich gehalten, gut funktionierende europäische Öffentlichkeiten und damit Medienvielfalt zu sichern.

 

Das soziale und das Demokratiedefizit der EU sind nicht zu übersehen. Mit Blick auf unsere, durch ein Rechtsgutachten gestärkte Auffassung, dass der neue Europäischen Verteidigungsfonds (EVF) nicht von den Europäischen Verträgen gedeckt ist, aber auch unabhängig davon, halten wir diese neue Prioritätensetzung ebenfalls für gefährlich. Haushaltsmittel, die in eine neue Aufrüstungsspirale und in eine menschenverachtende Abschottung fließen, fehlen beim sozial-ökologischen Umbau und bei einer humanen Asyl- und Integrationspolitik, fehlen bei Kommunen und Regionen, fehlen für anspruchsvolle Projekte, wie ein europaweiter Schutz gegen Arbeitslosigkeit u.v.a..

 

Wir teilen den Eindruck, dass Partikularinteressen, ein überbordender Lobbyismus großer Player und auch eine wachsende Blockadehaltung des Europäischen Rates, durch Egoismen in den Mitgliedsländern, Europäische Politik beschädigen und das Vertrauen in die Progressivität der Europäischen Institutionen beschädigt. Dafür ist nicht nur der Brexit ein bitteres Beispiel, dafür sind auch Entscheidungen wie der EU-Türkei-Deal, der ohne Einflussnahme des Parlaments im März 2016 in einer Ratsmitteilung verkündet wurde oder die anhaltende Blockade des Rates zu nennen, zum Beispiel bei der Dublin-Reform oder dem ePrivacy-Regulierungen. Dies verdeutlicht, dass das Demokratiedefizit inzwischen tief in die Konstruktion der gesetzgebenden Institutionen eingraviert ist und dass die Methode und Machtstellung der maßgebenden Entscheidungen zwischen den Regierungen, die sich nach der Finanzkrise rasant etablierte, keine gute Lösung ist, um europäische Politik demokratisch weiterzuentwickeln.

 

Wir setzen daher auf mehr Initiativ-Recht beim Parlament, auf Vergemeinschaftung und echte Harmonisierung, wo sie sinnvoll ist, um vor allem Grundrechte, soziale und Kollektivrechte zu garantieren. Wir können uns zugleich eine wachsende Rolle des Ausschusses der Regionen vorstellen und eine klarere Kontrolle von Ratsentscheidungen durch die Legistlative. Die fragmentierte Europäische Öffentlichkeit war und ist ebenfalls eine entscheidende Baustelle, in der mehr demokratische Debatte entstehen könnte.

 

Wir halten es für problematisch, dass Europäische Politik einseitig auf den Binnenmarkt und auf Wettbewerb orientiert bleibt, ohne überhaupt ausgeglichene Handelsbilanzen der Länder in Angriff zu nehmen. Dies belastet Süd- und Osteuropa enorm und lässt sich auch nicht durch die beste Köhäsionspolitik ausgleichen.

 

Deshalb wollen wir eine EU, die sich auf einen gesellschaftspolitischen Politikansatz besinnt, der Freiheit, Gleichheit und Solidarität in den Mittelpunkt stellt. Darin hat Kulturaustausch und Medienfreiheit für den demokratischen Dialog über unser Selbstverständnis, die Vielfalt und unsere Zukunft, verbunden mit viel Wissen über Europas Geschichte, einen konstitutiven Platz und Kulturpolitik müsste ihre Existenzberechtigung in den Budgetverteilungskämpfen nicht täglich auf’s Neue beweisen.

 

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