Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zum überarbeiteten Diskussionsentwurf für einen „Medienstaatsvertrag“

Berlin, den 23.10.2019. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, begrüßt grundsätzlich den überarbeiteten Entwurf der Länder für einen Medienstaatsvertrag. Mit dem Medienstaatsvertrag werden, angesichts der Konvergenz der Medien und einer durch die Digitalisierung noch stärker diversifizierten Medienwelt, die medienrechtlichen Regelungen aktuellen Anforderungen angepasst.

 

Der Deutsche Kulturrat hat sich in den letzten Jahren in diversen Stellungnahmen zur Medienregulierung auf der nationalen und europäischen Ebene sowie zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen und des privaten Rundfunks positioniert[1]. In diesem Zusammenhang verweist der Deutsche Kulturrat auf seiner Forderung nach zukunftssicherer Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, damit Urheber, ausübenden Künstler sowie die Produzenten, die audiovisuelle Inhalte erstellen, für ein „Mehr“ an Nutzungsmöglichkeiten zusätzlich angemessen vergütet werden.

 

Seine Stellungnahmen spiegeln die gemeinsamen Haltungen und Positionen seiner Mitgliedschaft wider. Zu den Mitgliedern des Deutschen Kulturrates zählen Bundesverbände aus verschiedenen künstlerischen Sparten (Musik, darstellende Künste und Tanz, Literatur, bildende Kunst, Baukultur und Denkmalpflege, Design, Film, Rundfunk und audiovisuelle Medien sowie Soziokultur und kulturelle Bildung). Das Mitgliederspektrum umfasst dabei sowohl Verbände der Urheber und ausübenden Künstler als auch Verbände der Kultur- und Kreativwirtschaft, Zusammenschlüsse von Bildungs- und Kulturinstitutionen sowie Kulturvereine.

 

Angesichts der fortgeschrittenen Diskussion zum Medienstaatsvertrag und der anstehenden Entscheidungen geht der Deutsche Kulturrat nur auf wenige besonders wichtige Aspekte im überarbeiteten Entwurf zum Medienstaatsvertrag ein und verzichtet auf eine Positionierung zu einzelnen Vorschriften.

 

Aus Sicht des Deutschen Kulturrates ist zu folgendes zu begrüßen:

 

  • Grundsätzlich: Ein starker, staatsferner und unabhängiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist ein bedeutendes Gut und trägt wesentlich zur demokratischen Meinungsbildung bei. Angebote des privaten Rundfunks leisten auch einen wichtigen Beitrag zu Meinungspluralismus und kultureller Vielfalt. Koexistenz und Fortbestand von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk sind essentiell für die Zukunft der Medienlandschaft und sichern die Demokratie.
  • Adressatenkreis: Es ist positiv, dass im Medienstaatsvertrag technologieneutral nunmehr neben Medienplattformen auch Benutzeroberflächen, Medienintermediäre und Video-Sharing-Dienste reguliert werden und die Medienregulierung über den Rundfunk hinausgeht. Medienplattformen, Benutzeroberflächen und Medienintermediäre nehmen in der konvergenten Medienwelt zunehmend die Rolle von Gatekeepern ein. Der Medienstaatsvertrag ist ein erster Schritt hin zu einem Level Playing Field für Anbieter linearer und non-linearer Mediendienste. Dieses gilt u.a. auch mit Blick auf kulturelle Vielfalt, Medienpluralismus, Schutz der Menschenwürde und Jugendschutz. Zusammen mit der Umsetzung der DSM-Richtlinie (EU-Richtlinie über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt) kann der Medienstaatsvertrag einen Beitrag dazu leisten, dass Anbieter von Medienplattformen, Benutzeroberflächen und Video-Sharing-Dienste sowie Medienintermediäre Verantwortung für die Nutzung und Verbreitung urheberrechtlich geschützter Inhalte übernehmen müssen[2]. Dieses ist sowohl mit Blick auf das Urheberpersönlichkeitsrecht als auch hinsichtlich der Ertragsmöglichkeiten von Rechtsinhabern von zentraler Bedeutung. Positiv ist außerdem, dass künftig die postalische Erreichbarkeit von Medienintermediären gewährleistet werden soll. Dieser Umstand könnte zusätzlich eine Bedeutung bekommen, wenn sich die Künstlersozialabgabepflicht auch auf Medienintermediäre erstrecken sollte.
  • Privilegierte Auffindbarkeit: Es ist unverzichtbar, dass die Angebote des öffentlich-rechtlichen und die des privaten Rundfunks, die in besonderem Maß einen Beitrag zur Meinungs- und Angebotsvielfalt im Bundesgebiet leisten, nicht nur verfügbar, sondern privilegiert und damit besonders leicht auffindbar sind. Der Funktions- und Entwicklungsauftrag sowie die Beitragsfinanzierung gebietet es, dass die Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einfach gefunden werden. Die privilegierte Auffindbarkeit des öffentlich-rechtlichen und des privaten Rundfunks muss sich technologieneutral auf Benutzeroberflächen und Medienplattformen für alle Angebote – sowohl linear als auch Telemedienangebote – erstrecken. Dies ist bedeutsam zur Sicherung der Medien- und der Anbietervielfalt sowie der Qualität.
  • Signalintegrität: Es ist zentral, dass die Signalintegrität gesichert wird, damit audiovisuelle Werke nicht durch anbieterfremde Überblendungen bzw. Umrahmungen gestört werden. Vor dem Hintergrund zunehmender Eingriffe in die Signalhoheit der Rundfunkveranstalter bedarf es einer umfassenden Sicherung des Sendesignals und der Medieninhalte vor illegaler Weiterverbreitung im Medienstaatsvertrag.
  • Jugendmedienschutz: Kinder- und Jugendmedienschutz ist für den Deutschen Kulturrat unstreitig. Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass der Medienstaatsvertrag Jugendschutzbestimmungen für Video-Sharing-Dienste vorsieht. Auf diese Weise kann es gelingen, die gesellschaftliche Akzeptanz des Jugendmedienschutzes zu steigern und zugleich Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Allerdings sind aus Sicht des Deutschen Kulturrates nicht alle geplanten Änderungen (z.B. § 5 Abs. 6 JMStV-E) praxisorientiert formuliert und sollten daher überdacht werden. In diesem Zusammenhang sollte beispielsweise §5 Abs. 2 dahingehend ergänzt werden, dass die jugendschutzrechtlichen Erstbewertungen durch denen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in das dort geregelte Durchwirkungssystem mit einbezogen werden. Bund und Länder sollten sich schnellstmöglich auf einen zukunftsfesten und konvergenten Jugendmedienschutz verständigen.

 


 

[1] Siehe hierzu:

 

[2] Siehe hierzu Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zur Umsetzung der DSM-Richtlinie und der Online-SatCab-Richtlinie vom 11.09.2019

 

 

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