Was fehlt? Einkommen!

Länder und Kommunen müssen die adäquate Vergütung von künstlerischen Leistungen sicherstellen

Soloselbständige

 

Aber auch mit Blick auf die Soloselbständigen sind grundlegende Veränderungen erforderlich und das gilt besonders für jene, die zu einem erheblichen Teil von öffentlich finanzierten Projekten leben. Selbstverständlich, die Wahl eines künstlerischen Berufs ist eine Lebensentscheidung. Spätestens in den höheren Semestern an den Kunst- und Musikhochschulen wird den Studierenden klar, wie hart, steinig und schwer der Weg zum Ruhm ist und dass nur sehr wenigen der Aufstieg in den Olymp gelingen wird. Und ja, Künstlerinnen und Künstler brauchen weder betreutes Wohnen noch Mitleid. Sie haben ihren Beruf selbst gewählt.

 

Was aber selbstverständlich sein muss, ist die adäquate Vergütung einer künstlerischen Leistung. Hier setzt die Verantwortung insbesondere der öffentlichen Zuwendungsgeber an. Wenn Projektanträge gestellt werden, in denen die Honorare für Künstlerinnen und Künstler verschwindend gering sind, sollten sie eigentlich gar nicht zuwendungsfähig sein. Wer Mittel beantragt und für freiberufliche Leistungen äußerst geringe Kosten ansetzt, sollte unmittelbar aufgefordert werden, seinen Kosten- und Finanzierungsplan zu überarbeiten. Ausstellungsvergütungen, bezahlte Vorbereitungszeiten für Auftritte, angemessene Vergütungen für Designerinnen und Designer, Journalistinnen und Journalisten und viele andere mehr, sie sind der Schlüssel zur Sicherung von ausreichendem Einkommen. Viele Berufsverbände und Gewerkschaften haben für die verschiedenen Gewerke Honorarmindeststandards erarbeitet. Der Deutsche Kulturrat hat im Jahr 2015 eine erste Stellungnahme hierzu vorgelegt, in der er die öffentliche Hand auffordert, mit gutem Beispiel voranzugehen und angemessene Vergütungen zu zahlen bzw. in Projekten vorzusehen. Aktuell wird diese Stellungnahme überarbeitet und im Sommer dieses Jahres vorgestellt werden. Selbstverständlich richtet sich die Forderung nach einer angemessenen Vergütung nicht ausschließlich an die öffentliche Hand. Die Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft sind genauso gefragt. Wenn aber die öffentliche Hand vorangeht und Standards in der Vergütung setzen würde, müsste die Privatwirtschaft nachziehen.

 

Solide Einnahmebasis

 

Wenn eines aus der Pandemie gelernt werden kann, ist es doch, dass es auf eine solide Einnahmebasis ankommt. Viele Unternehmen der Kultur- und Kreativwirtschaft haben in der Krise bewiesen, dass sie diese Basis haben. Sie leben von Rücklagen, vom Vertrauen der Auftraggeber und von einer grundsoliden Geschäftsbasis, die sie kreditwürdig macht. Zuschüsse aus Überbrückungshilfen, Kurzarbeitergeld und andere Maßnahmen helfen, die Krise zu überbrücken. Es muss in der Post-Corona-Zeit gelingen, dass auch Soloselbständige der Kultur- und Kreativwirtschaft höhere Einkommen erzielen können, damit sie Krisen durchstehen können. Arbeitsmarkt- und sozialpolitische Instrumente können zusätzlich flankierend wirken, sie sind dann aber nicht mehr überlebensnotwendig.

 

Die Weichen müssen jetzt gestellt werden. Gefragt sind in besonderer Weise Länder und Kommunen, denn sie leisten den größten Teil der Kulturfinanzierung. Hier müssen sie ihrer kulturpolitischen Verantwortung gerecht werden.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 4/2021.

Olaf Zimmermann & Gabriele Schulz
Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Gabriele Schulz ist Stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Kulturrates.
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