Kulturelle Bildung ist Allgemeinbildung!

Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zum Bildungsbericht 2012 mit dem Schwerpunktthema Kulturelle Bildung

Berlin, den 08.10.2010. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, begrüßt, dass die kulturelle und musisch-ästhetische Bildung das Schwerpunktthema des Bildungsberichts 2012 werden wird. Wie die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder der Bundesrepublik Deutschland (Kultusministerkonferenz, KMK) in ihrer Entschließung erklärte, sollen bildungsbereichsübergreifend – von der frühkindlichen Bildung bis in die Erwachsenenbildung – die differenzierten Formen kultureller Bildung in unterschiedlichen Lebenszusammenhängen und Lebensphasen dargestellt werden. Zudem begrüßt der Deutsche Kulturrat, dass auch die informelle Bildung von der frühkindlichen Bildung bis ins Seniorenalter aufgezeigt werden soll.

 

Seit seinem Bestehen befasst sich der Deutsche Kulturrat mit den Rahmenbedingungen und den vielfältigen Angeboten der kulturellen Bildungslandschaft in Deutschland. In zahlreichen Stellungnahmen und Publikationen hat er auf die Bedeutung der kulturellen Bildung für die Persönlichkeitsentwicklung, die Gesellschaft und Kunst und Kultur hingewiesen. Insofern erachtet es der Deutsche Kulturrat als essentiell, dass der kulturellen Bildung einschließlich der Medienbildung nun im Bildungsbericht 2012 im Rahmen der Allgemeinbildung in den unterschiedlichen Bildungsorten verstärkt Aufmerksamkeit geschenkt wird.

 

Mit dieser Stellungnahme möchte der Deutsche Kulturrat mit Blick auf die Erstellung des Bildungsberichtes 2012 wesentliche Aspekte benennen:

 

  • Kunst und Kultur sind unverzichtbare Bestandteile der Allgemeinbildung, die Menschen befähigen, ihren Alltag zu gestalten und an der Gesellschaft teilzuhaben.
  • Kulturelle Bildung bezieht sich nicht nur auf die Kinder- und Jugendbildung, sondern auch auf die Erwachsenenkulturarbeit als Bestandteil des lebenslangen Lernens. Im Rahmen eines lebenslangen Lernens gewinnt die Seniorenkulturarbeit durch den demografischen Wandel zunehmend an Bedeutung.
  • Kulturelle Bildung findet sowohl in der formalen schulischen Bildung als auch in außerschulischen, informellen sowie in interdisziplinären Kontexten statt. Dazu gehören neben den Kindertageseinrichtungen und Schulen mit ihrer grundlegenden Bildung für alle Kinder und Jugendlichen z.B. auch die Jugendkunstschulen, Musikschulen, theaterpädagogische Einrichtungen, soziokulturellen Zentren, die Kinos, Bibliotheken, Museen (Museumspädagogische Dienste), Theater und Opernhäuser.
  • Kulturelle Bildungsangebote sollten daher in allen Bildungsorten unterbreitet werden.
  • Kulturelle Bildung vermittelt nicht nur künstlerisch-ästhetische Kompetenzen, sondern trägt wesentlich zur Schul- und Organisationsentwicklung bei.
  • Kulturelle Bildung eröffnet neue Chancen der Kooperationen zwischen Schule, außerschulischen Bildungspartnern sowie Kultureinrichtungen.
  • Kulturelle Bildung wird von unterschiedlichen Akteuren wie Lehrern, Erziehern, Kulturpädagogen, Bibliothekaren, Künstlern aller künstlerischen Sparten sowie weiteren Akteuren aus kreativen Sparten vermittelt. Diese Akteure brauchen (medien-) pädagogische, künstlerische sowie kulturelle Kompetenzen, die sie in Aus-, Fort- und Weiterbildungen erwerben müssen.
  • Für die Vermittlung kultureller Bildung braucht es zudem eine adäquate Ausstattung der Schulen sowie der außerschulischen Kultur- und Bildungseinrichtungen. Dazu gehören Räume, Materialien, Medien, Technik sowie kultur- und medienpädagogisch und künstlerisch gut ausgebildetes Personal.

 

Der Deutsche Kulturrat weist darauf hin, dass sich der Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ bereits ausführlich mit dem Thema „Kulturelle Bildung“ befasst hat. Weitere Bestandsaufnahmen, Berichte und Positionierungen wie die Stellungnahme des Deutschen Kulturrates „Kulturelle Bildung in der Schule“ sowie seine bereits mehrfach herausgegebene „Konzeption Kulturelle Bildung“, die „UNESCO Road Map zur Kulturellen Bildung“/„Seoul Agenda“ und die Kinder- und Jugendberichte der Bundesregierung sollten im Bildungsbericht 2012 Berücksichtigung finden.

 

Darüber hinaus erhofft sich der Deutsche Kulturrat vom Schwerpunktthema „kulturelle und musisch-ästhetische Bildung“ im Bildungsbericht 2012:

 

  • Eine Übersicht der unterschiedlichen Akteure im Feld der kulturellen Bildung,
  • Informationen zu existierenden Evaluationen zu Modellprojekten und Berichten zum Thema kulturelle Bildung,
  • eine Übersicht über Projekte, Wettbewerbe und Initiativen aus Bund, Ländern, Kommunen, der Zivilgesellschaft und der Stiftungen,
  • Qualitätskriterien für gute und nachhaltige kulturelle Bildung,
  • Informationen über den Einfluss kultureller Bildung im Rahmen der Persönlichkeitsentwicklung,
  • Informationen über den Einfluss kultureller Bildung im Rahmen des lebenslangen Lernens,
  • Informationen über die Situation der ästhetischen Fächer in der Schule,
  • Informationen zur Ausbildungssituation von Musik-, Kunst-, Theaterlehrern und Erziehern sowie Bibliothekaren, Kunst-, Musik-, Theater- und Kulturpädagogen,
  • Informationen zur Wirkung der Einbeziehung von Künstlerinnen und Künstlern in die Vermittlung kultureller Bildung im schulischen sowie im außerschulischen Kontext,
  • Informationen zu Konzepten zur Vermittlung interkultureller Bildung,
  • Informationen zu Konzepten zur Vermittlung von Seniorenkulturangeboten,
  • Informationen zur Partizipation an kulturellen Bildungsangeboten von benachteiligten Gruppen,
  • Informationen zu den Betätigungsfeldern im Rahmen des FSJ Kultur.

 

Des Weiteren wünscht sich der Deutsche Kulturrat Antworten auf folgende Fragen:

 

  • Wie sehen die Zugänge zu kulturellen Bildungseinrichtungen aus?
  • Wer nimmt an den Angeboten teil und wo gibt es Barrieren?
  • Wie steht es um die Qualität von kultureller Bildung?
  • Wie sieht die derzeitige Zusammenarbeit zwischen Schulen, Künstlern und Kultureinrichtungen aus?
  • Welchen Handlungsbedarf gibt es für die Aus- und Fortbildung der Vermittler kultureller Bildung?
  • Welche Unterschiede gibt es zwischen Ländern hinsichtlich der Curricula in den künstlerischen Fächern sowie der Behandlung kultureller Themen in anderen Schulfächern?
  • Welche Unterschiede in der Infrastruktur kultureller Bildungsangebote gibt es zwischen den Städten und den ländlichen Regionen? Wie wird einer kulturellen Verarmung in der Fläche (z.B. dem Kinosterben) entgegengewirkt?

 

Mit Blick auf die kommunalen Kulturkürzungen erachtet es der Deutsche Kulturrat zudem als notwendig, zu untersuchen, welche möglichen Auswirkungen die geplanten Sparmaßnahmen auf die Angebote der kulturellen Bildung haben. Abschließend erhofft sich der Deutsche Kulturrat, dass im Bildungsbericht 2012 Perspektiven und Zielsetzungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen der kulturellen Bildung entwickelt werden.

 

Stellungnahmen und Publikationen des Deutschen Kulturrates zum Themenfeld „Kulturelle Bildung“ sind:

 

Stellungnahmen des Deutschen Kulturrates

 

Aktuelle Publikationen des Deutschen Kulturrates

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