Berlin, den 13.12.2021. Der Deutsche Kulturrat positioniert sich mit dieser Stellungnahme zu den künstlerischen Schulfächern. Der Deutsche Kulturrat ist der Spitzenverband der Bundeskulturverbände. Er vertritt Verbände und Organisationen aller künstlerischen Sparten, der Künstlerinnen und Künstler, der Kultureinrichtungen, der Kulturunternehmen und der Kulturvereine. In seinen acht Sektionen haben sich 265 Bundesverbände und -organisationen zusammengeschlossen.
Die Corona-Pandemie führte in den letzten zwei Jahren zu massiven Einschnitten in der schulischen Bildung. Über mehrere Monate hinweg waren die Schulen geschlossen, Kinder und Jugendliche mussten zuhause überwiegend am Computer bzw. Laptops lernen. Schulen kamen unter diesen Umständen ihrem Bildungsauftrag in sehr unterschiedlicher Qualität und Quantität nach. Dass dies ein sehr großer Einschnitt in die Bildungsbiografien junger Menschen war, belegen zahlreiche Studien. Vielfach ist die Rede davon, dass Schulstoff nachgeholt werden muss und größere Lernlücken bleiben. Dabei werden aktuell vor allem die sogenannten Kernfächer in den Blick genommen.
Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, verfolgt diese Engführung schulischer Bildung mit großer Sorge und fordert in dieser Situation die Länder dringend auf, den Unterricht in den Fächern Kunst, Musik und Theater besonders in den Blick zu nehmen. Die Schulfächer Kunst, Musik und Theater gehören wie Mathematik, Deutsch, Fremdsprachen, Sport und andere zum Bildungsauftrag der Schule. Die Grundlage der künstlerischen Schulfächer bildet der Pflichtunterricht, der von akademisch ausgebildeten Kunst-, Musik- und Theaterlehrenden erteilt werden muss. Dieser Pflichtunterricht folgt wie andere Schulfächer einem fachlich und didaktisch fundierten Curriculum. Jedes der künstlerischen Fächer folgt einer eigenen Fachlichkeit. Der Unterricht in diesen Fächern muss in allen Schulformen und -stufen mit mindestens zwei Schulstunden pro Woche erteilt werden.
Von diesen unverzichtbaren Grundlagen des schulischen Unterrichts in Kunst, Musik und Theater kann sehr oft nicht die Rede sein. Der Unterricht wird sehr oft fachfremd oder als Epochenunterricht erteilt, da nicht rechtzeitig in ausreichendem Maße Fachlehrerinnen und -lehrer ausgebildet wurden. Überdies ist aktuell oft zu hören, dass jetzt die sogenannten Kernfächer Vorrang haben müssen. Der Deutsche Kulturrat wendet sich entschieden gegen diese Abwertung der künstlerischen Schulfächer.
Der Deutsche Kulturrat fordert daher,
- dass die Corona-Pandemie nicht von Ländern und Schulen genutzt wird, um den schulischen Bildungsauftrag auf Kernfächer zu fokussieren,
- dass die Länder die künstlerischen Schulfächer allen Schülerinnen und Schülern in allen Schulformen und -stufen zugänglich machen und die Kürzungen in den Stundentafeln in Kunst, Musik und Theater sowie einschränkende Zusammenlegungen zu einem Schulfach Kultur oder Epochenunterricht in den künstlerischen Schulfächern rückgängig machen,
- dass die Länder die Studienplätze in den Fächern Kunst, Musik und Theater massiv ausbauen, um die erste Phase der Lehrer- und Lehrerinnenausbildung zu stärken. Abiturientinnen und Abiturienten müssen gezielt auf die Chancen des Lehrer- und Lehrerinnenberufs in den künstlerischen Schulfächern aufmerksam gemacht werden. Mit Blick auf das Lehramt an Grundschulen muss es wieder möglich sein, Mathematik oder Deutsch als eigene Fächer zu studieren, um so das Studienfach Musik auch für Lehramtstudierende Primarstufe wieder attraktiv zu machen,
- dass die Länder die zweite Phase der Lehrer- und Lehrerinnenausbildung ausbauen, Schließungen von Studienseminaren müssen rückgängig gemacht werden, damit die Referendare und Referendarinnen adäquat ausgebildet werden,
- dass die Länder Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger adäquat vorbereiten sowie fachlich und didaktisch weiterbilden.