Kulturelle Bildung – Eine Herausforderung durch den demografischen Wandel

Stellungnahme des Deutschen Kulturrates Drucken

Berlin, den 20.09.2006. Der demografische Wandel stellt eine Herausforderung für Deutschland wie für alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union dar. Die Europäische Kommission hat in ihrem Grünbuch „Angesichts des demografischen Wandels – eine neue Solidarität zwischen den Generationen“ vom März 2005 herausgearbeitet, dass in den EU-Mitgliedsstaaten in den kommenden Jahrzehnten der Anteil der älteren Menschen stetig steigen und der Anteil der jüngeren Menschen entsprechend sinken wird. Parallel dazu sind innerhalb und zwischen den Staaten Wanderungsbewegungen festzustellen. Schon jetzt ist von Gewinner- und Verliererregionen die Rede.

 

Kultureinrichtungen und Kulturvereinigungen sind in vielerlei Hinsicht vom demografischen Wandel betroffen. In dieser Stellungnahme konzentriert sich der Deutsche Kulturrat auf den Zusammenhang von demografischen Wandel und Kultureller Bildung.

 

Der demografische Wandel ist zugleich eine Chance und eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft. Es ist ein zivilisatorischer Gewinn, dass die Menschen länger leben. In der öffentlichen Diskussion zum demografischen Wandel wird vielfach der Aspekt der Hilfsbedürftigkeit älterer Menschen und die Frage der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme in den Vordergrund gerückt. Dabei werden die Potenziale älterer Menschen oftmals vernachlässigt. Es ist daher erforderlich, die Potenziale älterer Menschen, ihre Leistung für die Gesellschaft stärker in den Vordergrund zu rücken. Genauso muss reflektiert werden, was es für die jüngere Generation bedeutet, wenn sie immer mehr zu einer Minderheit in der Gesellschaft wird. Welche Bedeutung werden künftig Jugendkulturen und das Ausprobieren anderer Lebensstile haben. Wesentlich ist für den Deutschen Kulturrat die Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben und die Verständigung über die Generationen hinweg.

 

Der demografische Wandel ist mehr als eine „Überalterung“ der Gesellschaft. Er ist zugleich eine „Unterjüngung“. Durch den demografischen Wandel wachsen sozialräumliche Disparitäten. Jüngere Menschen ziehen verstärkt in wirtschaftliche prosperierende Gegenden, insbesondere wirtschaftlich schwache Regionen mit einer hohen Arbeitslosigkeit sind vom Wegzug junger Bevölkerungsgruppen betroffen.

 

Der demografische Wandel erfordert vor dem Hintergrund zunehmender Bevölkerungsanteile von Migrantinnen und Migranten einen deutlichen Zuwachs interkultureller Kompetenz – im Berufsleben wie in der Verständigung zwischen den Generationen. Die Vermittlung kultureller Vielfalt als gesellschaftlichen Mehrwert und nicht als Bedrohung ist und bleibt eine Kernaufgabe der Kulturellen Bildung für alle Generationen.

 

In verschiedenen Ländern wurden Parlamentarische bzw. Sachverständigen-Kommissionen eingerichtet, die sich mit den Auswirkungen des demografischen Wandels im jeweiligen Bundesland auseinandersetzen. Fragen der Kulturellen Bildung spielen dabei bislang eine untergeordnete Rolle.

 

Im Zuge des demografischen Wandels ändern sich die – beruflichen, privaten und sozialen – Lebenslagen der Bürgerinnen und Bürger aller Generationen grundsätzlich. Lebensläufe und Lebensformen individualisieren und pluralisieren sich stärker. Kultur hat in diesem Zusammenhang eine wichtige identitätsstiftende, wertevermittelnde und sinngebende Funktion. Kulturelle Bildung hat darüber hinaus persönlichkeitsbildendes Potenzial und macht es dem Einzelnen möglich, auf die biografischen Anforderungen flexibel zu reagieren.

 

Bedeutung von Kultur und kultureller Bildung für die Gesellschaft

Die Fähigkeit und Fertigkeit sich mittels Kunst und Kultur auszudrücken, sind für den Menschen konstitutiv. Kunst und Kultur wird sowohl sinnlich als auch intellektuell erfahren. Ohne Kunst und Kultur verarmen die Menschen, da ihnen eine wesentliche Möglichkeit ihres persönlichen Ausdrucks fehlt. Fähigkeiten und Kenntnisse, die in kulturellen Prozessen der sozialen Kommunikation und Interaktion vermittelt und erworben werden, stärken die Freiheitsintention in demokratischen Gesellschaften. Der Bestand einer Demokratie ist ohne Kultur nicht denkbar. Religion und Ethik gehören zu den Grundlagen der Kulturellen Bildung.

 

In allen künstlerischen Sparten eröffnet Kulturelle Bildung Teilhabe an Kunst und Kultur. Durch Kulturelle Bildung werden Menschen an Kunst und Kultur herangeführt. Sie werden so zu aktiv Kulturausübenden oder auch zu kompetenten Rezipienten. Kulturelle Bildung hilft, Kreativität zu entwickeln und sich in unterschiedlichen Sprachen und Formen auszudrücken. Angebote der kulturellen Bildung richten sich an Menschen aller Altersgruppen. Mit Blick auf die Integration von Migranten und für die notwendige interkulturelle Kompetenz in der Gesellschaft wachsen Kultureller Bildung neue Aufgaben zu. Kulturelle Bildung, die auch auf nonverbalen Ausdrucksformen basiert, bietet Integrationschancen, die stärker ins Blickfeld rücken sollten.

 

Durch den demografischen Wandel gewinnt der Aspekt der Generationengerechtigkeit an Gewicht. Die Generationen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Generationsspezifische und
-übegreifende Angebote von Kunst und Kultur haben ihr je eigenes Recht und sind weiterzuentwickeln. Dieses ist besonders mit Blick darauf, dass die demografische Entwicklung vermehrt die Frage nach der Marginalisierung von Jugend in einer alternden Gesellschaft aufwirft, von Bedeutung. Junge Menschen müssen angesichts ihrer zukünftigen Verantwortung für die Gesellschaft besonders gefördert werden.

 

Grundstein: Kulturelle Kinder- und Jugendbildung

Da die demografischen Entwicklungen verlässliche Bedingungen für soziale Biografien nicht mehr in gleichem Maß wie früher formulierbar erscheinen lassen, kommt der Stärkung individueller Kompetenz für gelingende Lebensentwürfe erhöhte Bedeutung zu. Kulturelle Kinder- und Jugendbildung liefert einen grundlegenden Beitrag hierzu.

 

Der Deutsche Kulturrat hält die kulturelle Kinder- und Jugendbildung für einen unerlässlichen Grundstein, um Interesse an Kunst und Kultur zu wecken und auszubilden. Bei Kindern und Jugendlichen, die sich mit Kunst und Kultur befassen, tanzen, malen, musizieren, Theater spielen, sich mit neuen Medien befassen, Geschichten erzählen, lesen, schreiben oder sich mit der gebauten Umwelt und Design auseinandersetzen wird der Grundstein für ein lebenslanges Interesse an Kunst und Kultur gelegt. Kulturelle Bildung dient der Persönlichkeitsbildung und der sozialen Kompetenz. Kulturelle Bildung trägt dazu bei, dass Kinder und Jugendliche ihren eigenen Ausdruck finden. Kulturelle Bildung ermöglicht einen reflexiven Umgang mit den neuen Medien.

 

Der Deutsche Kulturrat begrüßt daher, dass die Kulturelle Bildung in den Bildungsplänen und -konzepten der Länder für Kindertagesstätten an Bedeutung gewinnt. Jetzt gilt es verstärkte Anstrengungen zu unternehmen, um diese Bildungspläne auch in der Praxis umzusetzen. Dabei gilt es, das gesamte Spektrum der kulturellen Bildung und künstlerischen Ausdrucksformen zu beachten.

 

In der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern hat Kulturelle Bildung keinen ausreichenden Stellenwert, so dass die Erzieherinnen und Erzieher oftmals für die Aufgaben in der kulturellen Bildungsarbeit unzureichend vorbereitet sind. Der Deutsche Kulturrat fordert daher, dass in der Ausbildung und Weiterbildung der Erzieherinnen und Erzieher Kulturelle Bildung einen wichtigeren Stellenwert erhält. In den Kindertagesstätten haben auch jene Kinder Partizipationschancen an Kultureller Bildung, deren Elternhäusern wenig Zugang zu Kunst und Kultur ermöglichen. Die Chancen auf Partizipation am kulturellen Leben und Lernen müssen bei allen Kindern und Jugendlichen gestärkt werden, damit sie Erfahrungen in diesem wichtigen Bereich sammeln können. Kindertagesstätten müssen verstärkt ermutigt und ermuntert werden, ihrem Auftrag der lebensweltlichen Orientierung nachzukommen. Eltern müssen vermehrt über die persönlichkeitsbildenden Elemente der Kulturellen Bildung informiert werden. Gerade in der Zusammenarbeit mit Trägern der Kulturellen Bildung bieten sich Möglichkeiten, Menschen mit zusätzlichen Qualifikationen für die Arbeit in den Kindertagesstätten zu gewinnen und damit das Angebotsspektrum zu erweitern.

 

Der Deutsche Kulturrat begrüßt, dass auch die Schulen sich stärker ihrem Umfeld öffnen und bestärkt durch den Ausbau an Ganztagsschulen vermehrt mit anderen Bildungs- aber auch Kultureinrichtungen vor Ort zusammenarbeiten. Diese Zusammenarbeit gilt es auszubauen und entsprechend kompetente Kulturpädagoginnen und -pädagogen sowie Künstlerinnen und Künstler einzubeziehen. Sie bietet für die Schule und die außerschulische Kinder- und Jugendbildung sowie Kultureinrichtungen Chancen. Diese Zusammenarbeit stellt für alle Beteiligten eine Herausforderung dar. Voraussetzung ist die Zusammenarbeit auf gleicher Augenhöhe. Der Deutsche Kulturrat fordert, dass in der Lehreraus- und -fortbildung sowie den künstlerischen Studienrichtungen verstärktes Augenmerk auf die Kooperation mit außerschulischen Partnern gelegt wird. Zur Zeit werden die meisten Studiengänge auf Grund des Bologna-Prozesses verändert. Dieses sollte als Chance gesehen werden, diese Aspekte in den Studienordnungen zu verankern. Verstärkte Angebote Kultureller Bildung in Kultureinrichtungen sowie die Zusammenarbeit von Schule und Kultureinrichtungen setzt voraus, dass zusätzliche Mittel für Personal in diesen Tätigkeitsfeldern bereitgestellt werden.

 

Die Zusammenarbeit mit Kultureinrichtungen sowie der außerschulischen Kinder- und Jugendbildung bildet jedoch keinen Ersatz für die künstlerischen Schulfächer sowie die künstlerischen Arbeitsgemeinschaften an Schulen. Diese dürfen nicht weiter marginalisiert werden, sondern müssen einen festen Platz im Stundenplan sowie im Leben der Schule haben. Der Deutsche Kulturrat fordert, dass der Marginalisierung der künstlerischen Schulfächer entschieden entgegen getreten wird und die künstlerischen Schulfächer von Fachlehrern entsprechend dem vorgesehenen Stundendeputat in den jeweiligen Klassenstufen unterrichtet werden. Die Schule ist die einzige Einrichtung, die allen Kindern den Zugang zu Kultureller Bildung eröffnen kann. Sie bietet damit einmalige Chancen, um Möglichkeiten zur Teilhabe an Kunst und Kultur zu eröffnen. Dieses gilt für alle Schularten. Die Chance darf durch eine Missachtung der künstlerischen Schulfächer, d.h. des Darstellenden Spiel/Theater, der Bildenden Kunst, der Musik sowie künstlerischer Inhalte, die noch keinem Schulfach zugeordnet sind, nicht vertan werden.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert den weiteren Erhalt und die Weiterentwicklung der Infrastruktur außerschulischer Bildung. Im Kinder- und Jugendhilfegesetz wird die Kulturelle Bildung explizit als einer der Schwerpunkte der Jugendarbeit genannt. Dieser Verpflichtung muss mit einer ausreichenden Anzahl und einer adäquaten Ausstattung an Einrichtungen der außerschulischen Kinder- und Jugendbildung wie Jugendkunstschulen, Musikschulen, theaterpädagogischen Zentren usw. nachgekommen werden. Darüber hinaus gilt es, die noch nicht institutionalisierten Bereiche Kultureller Bildung stärker in den Blick zu nehmen. Kultureller Bildung muss immer ein zeitgemäßes, breites Verständnis zugrunde liegen, dass besonders neue innovative Formen einbezieht. Einrichtungen der außerschulischen Kulturellen Bildung sind darüber hinaus von großer Bedeutung für die Förderung des künstlerischen Nachwuchses. In einigen künstlerischen Sparten wird typischerweise mit der Ausbildung bereits im Kindesalter begonnen. Kulturelle Bildung legt hier den Grundstein für einen späteren künstlerischen Berufsweg und ist damit Nachwuchsförderung.

 

Nach wie vor muss ein besonderes Augenmerk auf die Ausbildung von hauptamtlichen Kulturpädagogen gelegt werden. Hierzu gibt es in der Musik- und der Kunstpädagogik seit Jahrzehnten eingeführte Studiengänge. In der Theaterpädagogik hat sich in den letzten Jahren eine akademische Ausbildung etabliert. In der Museumspädagogik wurde ein fundiertes Weiterbildungskonzept entwickelt. Die Bundesakademien für kulturelle Bildung stehen für ausgereifte Weiterbildungskonzepte mit dem Bezug zur Praxis.

 

Lebensbegleitendes Lernen als Chance

Das lebensbegleitende Lernen ist eine Chance zur Welterkennung, zur Lebensgestaltung und zur Weiterqualifizierung. Lebensbegleitendes Lernen zieht sich durch alle Generationen. Für jede Altersstufe gilt es, entsprechende Angebote und Zugangsweisen, adäquate Methoden und Bildungskonzepte zu entwickeln.

 

In der allgemeinen Weiterbildung wurde in den letzten Jahren die Anforderung des lebensbegleitenden Lernens verstärkt aufgegriffen. Sowohl die Methodik als auch die Didaktik wurde weiterentwickelt. Die Kulturelle Bildung hat dabei sowohl bei den Volkshochschulen als auch den Einrichtungen der kirchlichen Erwachsenenbildung einen festen Stellenwert.

 

Kunst und Kultur ist der Bildungsaspekt inhärent. Kultureinrichtungen wie z.B. Bibliotheken, Museen, soziokulturelle Zentren, Theater verstehen sich auch als Bildungseinrichtungen mit einem Vermittlungsauftrag. Das Lernen in Kultureinrichtungen ist nonformales Lernen, das selbstgesteuert erfolgt.

 

Darüber hinaus unterbreiten verschiedene Kultureinrichtungen gezielt pädagogische Angebote. Diese müssen sich angesichts des demografischen Wandels an alle Altersgruppen und Schichten richten, um kulturelle Teilhabe zu ermöglichen.

 

Lebensbegleitendes Lernen erfolgt nicht allein als Lernen in Bildungseinrichtungen. Dem informellen Lernen etwa in der Familie, mit Freunden, durch die Medien gilt es verstärkt, Aufmerksamkeit zu schenken. In diesem Zusammenhang sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten an ihren Auftrag, Information, Bildung und Kultur zu vermitteln, gebunden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat einen Kultur- und Bildungsauftrag. Diesem Auftrag muss mit Angeboten für alle Altersgruppen im Hörfunk und im Fernsehen nachgekommen werden. Aber auch der privat-kommerzielle Rundfunk sollte gewährleisten, dass Kunst und Kultur einen angemessenen Platz im Programm finden.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert zur Sicherung des lebensbegleitenden Lernens bei Erwachsenen Zugangsmöglichkeiten breiter Bevölkerungsschichten zu den Angeboten der Erwachsenenbildung. Der Deutsche Kulturrat sieht mit Sorge, dass die allgemeine Weiterbildung im Sinne einer umfassenden Allgemeinbildung an Bedeutung verliert und Weiterbildung auf die berufliche Weiterbildung reduziert wird. Dieser Entwicklung muss entgegen getreten werden, zumal es sich um einen verengten Begriff der beruflichen Weiterbildung handelt. Die Kulturelle Bildung muss in ihrem Stellenwert erkannt und angemessen berücksichtigt werden. Es gilt dabei neue Modelle zu entwickeln, um die verschiedenen Zielgruppen zu erreichen.

 

Potenziale älterer Menschen

Die Potenziale älterer Menschen sollten in der Kulturvermittlung stärker genutzt werden. Hier ist ein Wechsel von der Defizit- zur Potenzialperspektive erforderlich.

 

Die Gruppe der älteren Menschen muss differenziert betrachtet und an ihren jeweiligen kulturellen Bedürfnissen angeknüpft werden. Viele noch Berufstätige, deren Ruhestand in greifbare Nähe rückt, wollen ihre Aktivitäten im Kunst- und Kulturbereich ausweiten. Ansatzpunkte sind hierfür die generationsübergreifenden Freiwilligendienste sowie weitere Projekte, die sich gezielt der generationsübergreifenden Kulturellen Bildung widmen.

 

Viele ältere Menschen möchten sich für die Gesellschaft engagieren. Kultureinrichtungen als Ort der Begegnung und mit ihren Möglichkeiten zur Verständigung aller Generationen können zahlreiche attraktive Engagementfelder eröffnen. Hier können sich Freiwillige engagieren und mittels der Potenziale kultureller Angebote den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Gesellschaftlich aktive Menschen profitieren in vielfältiger Weise von ihrem Engagement: Sie erhalten Erfahrungs- und Bewährungsmöglichkeiten; sie können sich umfangreiche Kompetenzen aneignen; sie erleben Wirkung und Wert ihres Handelns.

 

Der Bundesaltenplan als bundesweites Förderinstrument sollte stärker auch für die Kulturelle Bildung von älteren Menschen genutzt werden. Am Kinder- und Jugendplan des Bundes ist zu erkennen, wie durch eine Förderung der Infrastruktur an Anbietern kultureller Bildung das Feld weiterentwickelt und professionalisiert wird. Ähnliches ist für den Arbeitsbereich der kulturellen Bildung mit älteren Menschen denkbar, wenn die entsprechende Infrastruktur geschaffen wird. Dabei sollten die Potenziale der generationsübergreifenden Arbeit nicht vernachlässigt werden.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert darüber hinaus die Weiterentwicklung der Berufsbilder in sozialen Berufen wie Altenpflegerin oder Altenpfleger, damit in den Alteneinrichtungen kulturelle Bildungsangebote gemacht werden können. Dabei erscheint die Zusammenarbeit von Mitarbeitern der Altenhilfe und von Kulturpädagogen der geeignete Weg, um alten Menschen weiterhin die Teilhabe an Kunst und Kultur zu ermöglichen. Hierbei ist auch an die Kooperation mit bestehenden Einrichtungen der kulturellen Bildung zu denken. Dieses fordert ein Umdenken im Umgang mit älteren Menschen, von der Versorgung hin zu einem Nutzen der bestehenden Potenziale und damit zu mehr Lebensqualität. Die Altenpflege würde dadurch menschlicher und handlungsfähiger.

 

Verantwortungsbewusst mit regionalen Disparitäten umgehen

Der demografische Wandel zeigt sich nicht nur in einem größer werdenden Anteil älterer Menschen, sondern auch in regionalen Disparitäten. Bereits seit mehreren Jahren sind innerhalb Deutschland Bevölkerungsbewegungen zu verzeichnen. Menschen ziehen aus wirtschaftlich schwierigen Regionen mit einer hohen Arbeitslosigkeit weg in prosperierende Regionen. Am augenfälligsten ist diese Veränderung in den neuen Bundesländern. Die Veränderung wird mit dem Begriff der „schrumpfenden Städte“ erfasst.

 

Angebote der kulturellen Bildung sind gerade in jenen Regionen, die Bevölkerung verlieren, von Bedeutung, da sie Orte der Begegnung bieten. Im Umgang mit Kunst und Kultur besteht letztendlich die Chance zur Entwicklung neuer Ideen und Förderung von Phantasie, um ein erfülltes Leben im schwach entwickelten Regionen zu ermöglichen. Der Rückgang junger Menschen darf nicht zu einer Reduktion des Angebotes kultureller Bildung führen, sondern sollte zur Angebotsverbesserung genutzt werden.

 

So kann auch für die wenigen jungen Menschen, die in diesen Regionen leben, mit Kreativität und kulturellem Potenzial, das Bleiben attraktiver werden und so zur Weiterentwicklung der Region beitragen.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert, dass Kultureinrichtungen in bevölkerungsarmen Regionen aufrecht erhalten und mobile Angebote stärker ausgebaut werden, damit auch hier die Grundversorgung mit Kunst und Kultur sowie Kultureller Bildung gewährleistet ist. Die bestehende kulturelle Infrastruktur muss erreichbar und damit nutzbar bleiben. Nur so kann die kulturelle Infrastruktur als wichtige Voraussetzung für kulturelle Bildungsprozesse gesichert werden. Ebenso kommt in diesen Regionen der Zusammenarbeit von Kindertagesstätten und Schulen mit Kultureinrichtungen sowie der Kultureinrichtungen untereinander eine besondere Bedeutung zu. Das Netz an Trägern kultureller Bildung muss hier besonders eng geknüpft werden, um möglichst viele Angebote unterbreiten zu können.

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