Berlin, den 04.01.2021. Die Digitalisierung in Kultur und Bildung hat durch die Corona-Pandemie einen beträchtlichen Schub erfahren. Zugleich ist festzustellen, dass es vielerorts an einer entscheidenden Grundvoraussetzung fehlt, dem Zugang zum schnellen Internet. Zudem ist nicht nur in den Schulen, sondern auch in Kultur- und Bildungseinrichtungen und -vereinen die Ausstattung mit moderner und leistungsfähiger Hard- und Software häufig mangelhaft. Auch bedarf Digitalität als zentrale gesellschaftliche Herausforderung zusätzlicher finanzieller und personeller Ressourcen: zur Qualifizierung der in Kultur und Bildung Tätigen, zur Entwicklung innovativer hybrider künstlerischer und pädagogischer Konzepte und Formate, die zugleich erweiterte Aufgabenfelder darstellen.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung verfolgt im Rahmen seiner Digitalstrategie aktuell folgende sechs Leitinitiativen: Digitale FortschrittsHubs Gesundheit, Klima- und Umweltmodelle für Zukunfts-Städte und -Regionen, DigitalPakt Schule, Nationale Forschungsdateninfrastruktur, Europäisches Betriebssystem für das Internet der Dinge, Vertrauenswürdige Elektronik – Made in Germany. Für den DigitalPakt Schule stellt der Bund bis zum Jahr 2023 regulär
5 Milliarden Euro für den Aufbau digitaler Infrastruktur in Schulen zur Verfügung. Ergänzt werden diese Mittel durch 1,5 Milliarden, die im Kontext der Corona-Hilfen u.a. für ausleihbare mobile Endgeräte für Schülerinnen und Schüler, IT-Administration usw. bereitgestellt werden. Die Länder fördern im Rahmen ihrer Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ digitale Bildung u.a. durch pädagogische Konzepte, Anpassung von Lehrplänen und Umgestaltung der Lehrerbildung und -weiterbildung. Umgesetzt wird der DigitalPakt Schule von den Schulen bzw. den Schulträgern. Trotz der beträchtlichen Summe, die beim DigitalPakt Schule zur Verfügung steht, und des dringenden Handlungsbedarfs verläuft die Umsetzung leider nur schleppend.
Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, bedauert, dass im DigitalPakt Schule Bildung zu kurz gedacht und auf formale Bildung reduziert wird. Die Umsetzung von Ganztagskonzepten in den Schulen hat gezeigt, dass das Agieren in lokalen Bildungslandschaften allen Beteiligten vor Ort zu Gute kommt. Darüber hinaus hat sich längst die Erkenntnis durchgesetzt, dass Bildung und Lernen lebensbegleitend, an unterschiedlichen Orten und in komplexeren Zusammenhängen erfolgt und gefördert werden muss. Lokale Bildungslandschaften sind geprägt durch die Zusammenarbeit von öffentlichen und öffentlich-geförderten Trägern, Schulen, Vereinen des Kultur- und Bildungsbereiches, privatwirt-schaftlichen Anbietern aus der Kultur- und Kreativwirtschaft sowie Angeboten von Künstlerinnen und Künstlern, Kulturpädagoginnen und -pädagogen bzw. Medienpädagogen und -pädagoginnen. Diese bewährte Kooperation muss mit Blick auf die aktuellen und künftigen Anforderungen durch Digitalisierung gestärkt werden.
Der Deutsche Kulturrat fordert daher das Bundesministerium für Bildung und Forschung auf, ein Programm „Digital-Allianz Bildung“ aufzulegen. Das Programm soll gemeinsam mit der Expertise von zivilgesellschaftlichen Verbänden entwickelt und umgesetzt werden, um zukunftsfähige und pragmatische, gut umsetzbare Konzepte zu realisieren. Das Förderprogramm „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zeigt, wie kompetent, flexibel, vielfältig und breit aufgestellt Verbände agieren, um Fördermittel an unterschiedliche Akteure vor Ort zieladäquat weiterzureichen.
Das Programm „Digital-Allianz Bildung“
- soll lokale Bildungslandschaften stärken und ihre Anpassung an die Anforderungen durch Digitalität unterstützen.
- soll technische, finanzielle und personelle Ressourcen bereitstellen
- zur Qualifizierung, Fort- und Weiterbildung der in Kultur- und Bildungsarbeit Tätigen,
- zur Entwicklung analoger und digitaler Kultur- und Bildungsformate,
- zur hybriden Vernetzung von Beteiligten in lokalen Bildungslandschaften,
- zur Bewältigung neuer Aufgabenfelder, zu deren Umsetzung kreative Methoden und Verfahren sowie ästhetischer und künstlerischer Ansätze aufgegriffen werden,
- soll über mehrere Jahre angelegt sein, um seine Wirkung entfalten und nachhaltig die lokalen Bildungslandschaften weiterentwickeln zu können.
- soll finanziell so ausgestattet sein, dass
- es den Auf- bzw. Ausbau technischer Infrastruktur sowie deren Administration ermöglicht,
- es sowohl sozialversicherungspflichtige Beschäftigung schafft als auch angemessene Honorare für freiberufliche Tätigkeit und Dienstleistungen sicherstellt,
- Lehrkräfte zur Umsetzung der Digital-Allianz Bildung in notwendigem Umfang freigestellt werden können,
- es die angemessene Vergütung der Urheber und anderer Rechteinhaber gewährleistet, deren Werke genutzt werden.
- soll bei der Umsetzung unter Einbeziehung der Kultur- und Kreativwirtschaft kreative Allianzen bilden und dabei für die Entwicklung neuer deutscher oder europäischer IT-Lösungen ausreichend Mittel vorsehen, um eine im nationalen und europäischen Interesse gründende Unabhängigkeit von nicht EU-basierten digitalen Infrastruktur zu garantieren. Die zu schaffenden Lösungen müssen den europäischen Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit Rechnung tragen und eine nationale und europäische Wertschöpfung in der digitalen Wirtschaft sicherstellen.