Kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten

Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zur Anhörung zur „Umsetzung der Richtlinie 2014/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten und die Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Rechte an Musikwerken für die Online-Nutzung im Binnenmarkt („VG-Richtlinie“) sowie zu weiteren Änderungen im Urheberrechtswahrnehmungsgesetz“ Drucken

Berlin, den 15.09.2014. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, begrüßt die schriftliche Anhörung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zu o.g. Umsetzung der VG-Richtlinie und erhofft, dass der Gesetzgeber die vorhandenen Spielräume bei der Umsetzung der Richtlinie ausschöpft, um die besondere soziale, kulturelle und kulturpolitische Bedeutung der Verwertungsgesellschaften in Deutschland zu erhalten und zu stärken.

 

Der Deutsche Kulturrat hatte noch vor der Verabschiedung der VG-Richtlinie im Februar 2014 am 27. Juni 2013 in seiner Stellungnahme „Verbesserungen bei EU-Richtlinie zu Verwertungsgesellschaften sind dringend notwendig“ betont, dass Verwertungsgesellschaften in Deutschland eine zentrale Rolle bei der Sicherung der kulturellen Vielfalt einnehmen. Er hat verdeutlicht, dass sich die Europäische Union zur Wahrung und Sicherung der kulturellen Vielfalt in verschiedenen Dokumenten verpflichtet hat. So wird in der EU-Charta auf die Bedeutung der kulturellen Vielfalt für Europa verwiesen. Die Europäische Union hat ebenso wie die Bundesrepublik Deutschland das „UNESCO-Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“ ratifiziert. Darin wird bekräftigt, dass „kulturelle Vielfalt ein gemeinsames Erbe der Menschheit darstelle und zum Nutzen aller geachtet und erhalten werden soll“. Kulturelle Vielfalt ist keine Leerformel für Sonntagsreden. Im Gegenteil, ein wesentlicher Bestandteil der deutschen und europäischen Kultur ist ihre Vielfalt, die in verschiedenen künstlerischen Formen, in populärer Kunst, aber auch in Werken, die nur ein kleines Publikum begeistern können, ihren Ausdruck findet. Der Deutsche Kulturrat setzt sich mit Nachdruck für die Wahrung und den Ausbau der kulturellen Vielfalt ein.

 

Der Deutsche Kulturrat ist der Überzeugung, dass Wettbewerb gerade im Kultursektor nicht der beste Weg ist, um kulturelle Vielfalt zu ermöglichen und zu erhalten. Insofern sieht der Deutsche Kulturrat im angestrebten europäischen Wettbewerb der Verwertungsgesellschaften keinen Gewinn für das kulturelle Leben. Jedenfalls müssen für den vorgesehenen Wettbewerb der Verwertungsgesellschaften in Europa gleiche Bedingungen geschaffen und Absenkungen bestehender Standards verhindert werden.

 

Gerade in der digitalen Welt übernehmen Verwertungsgesellschaften wichtige, teilweise auch neue Aufgaben. Nutzer können durch Verwertungsgesellschaften in einem one-stop-shop auf ein breites Repertoire zugreifen, da die Verwertungsgesellschaften über Gegenseitigkeitsverträge und andere Kooperationsverträge auch das Repertoire von Verwertungsgesellschaften anderer Länder lizenzieren können. Die one-stop-shop Verwertungsgesellschaft hat eine Zeit- und Kostenersparnis bei den Nutzern zur Folge. Der nunmehr angestrebte europäische Wettbewerb von Verwertungsgesellschaft erschwert den one-stop-shop von Verwertungsgesellschaften.

 

Der Deutsche Kulturrat beantwortet die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz aufgeworfenen Fragen wie folgt:

 

Teil I – Verbindliche Vorgaben der VG-Richtlinie

 

1. Sollte der Begriff der „nicht-kommerziellen Nutzungen“ in Artikel 5 Absatz 3 und 8 konkretisiert werden?

 

Der Deutsche Kulturrat spricht sich für eine enge Auslegung des Begriffs der „nicht-kommerziellen Nutzung“ aus. Von einer gesetzlichen Definition sollte abgesehen werden, da Artikel 5 Absatz 8 der VG-Richtlinie die Verwertungsgesellschaften in die Pflicht nimmt, die Rahmenbedingungen für die Vergabe freier Lizenzen festzusetzen. Dabei sollte insbesondere zum Schutz der Urheber auch im Bereich der Lizenzierung von nicht-kommerziellen Nutzungen weiterhin eine zentrale Rechtewahrnehmung von Verwertungsgesellschaften möglich bleiben.

 

2. Artikel 13 Absatz 1 regelt, dass Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung Einnahmen spätestens neun Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres verteilen und an die Rechtsinhaber ausschütten müssen, es sei denn, die Frist kann aus objektiven Gründen nicht gewahrt werden. Sollte die Vorgabe „objektive Gründe“ weiter konkretisiert werden?

 

Der Deutsche Kulturrat spricht sich für eine Konkretisierung der objektiven Gründe aus. Damit eine Ausschüttung an die Rechtsinhaber erfolgen kann, müssen den Verwertungsgesellschaften die abrechnungsrelevanten Daten vorliegen. Hierfür ist der in der VG-Richtlinie vorgesehene Zeitraum von neun Monaten sehr knapp bemessen. Vor diesem Hintergrund spricht viel dafür, die „objektiven Gründe“ weiter zu konkretisieren. Insbesondere sollte klargestellt werden, dass wie bisher längere Meldezeiträume der Rechtsinhaber bei Verwertungsgesellschaften möglich sind. Ferner darf das Gebot einer zeitnahen Ausschüttung nicht dazu führen, dass die Kosten für Ausschüttungen unverhältnismäßig ansteigen.

 

3. Sollten die in Artikel 17 geregelten Informationspflichten für Nutzer näher bestimmt werden?

 

Der Deutsche Kulturrat empfiehlt, die sogenannte Programmpflicht (§ 13b UrhWG) auf sämtliche Nutzungen zu erweitern, wie es in Erwägungsgrund 33 vorgesehen ist, nämlich auf sinnvolle, notwendige und den Nutzern zur Verfügung stehende Auskünfte, die die Verwertungsgesellschaften benötigen, um ihre Funktion erfüllen zu können. In der Regel kann und muss jeder Nutzer über Art und Umfang der Nutzung die erforderlichen Angaben an die Verwertungsgesellschaft weiterleiten, damit die Nutzung erfasst, berechnet und die Vergütung an die Berechtigten verteilt werden kann. Einschränkungen, wie sie derzeit in § 13b Absatz 2 Satz 2 UrhWG vorgesehen sind, müssten im Sinne der Richtlinienkonformität entfallen.

 

4. Artikel 34 Absatz 2 sieht vor, dass für die Zwecke des Titels III der VG-Richtlinie hinsichtlich konkret benannter Streitigkeiten ein alternatives Streitbeilegungsverfahren durchzuführen ist. Sollte mit dieser Aufgabe die Schiedsstelle nach dem UrhWG betraut werden, oder erscheint eine andere Stelle besser geeignet?

 

Der Deutsche Kulturrat sieht die Schiedsstelle nach dem UrhWG als geeignete Stelle an. Allerdings sind deren Ressourcen dann deutlich zu erhöhen.

 

Teil II – Optionale Vorgaben der VG-Richtlinie

 

5. Artikel 7 Absatz 1 erklärt bestimmte Richtlinienvorschriften auf Rechtsinhaber für anwendbar, die zwar nicht Mitglied einer Organisation für die kollektive Rechtewahrnehmung sind, jedoch gesetzlich oder aufgrund einer Abtretungs-, Lizenz- oder sonstigen vertraglichen Vereinbarung in einem unmittelbaren Rechtsverhältnis zu dieser stehen. Nach Artikel 7 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten weitere Bestimmungen der Richtlinie auf diese Rechtsinhaber anwenden. In welchem Umfang sollte von dieser Option Gebrauch gemacht werden?

 

Das deutsche Wahrnehmungsrecht geht über die Vorgaben der VG-Richtlinie in Artikel 7 Abs 1 hinaus (vgl. § 6 Absatz 2 UrhWG). Hieran sollte festgehalten werden.

 

6. Artikel 8 regelt die Maßgaben, nach denen die Mitgliederversammlung von Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung stattfindet. Die Absätze 7, 8 Unterabsatz 2, Absatz 9 Unterabsatz 1 Satz 2, Absatz 10 Unterabsatz 2 und die Absätze 11 bis 13 räumen den Mitgliedstaaten dazu verschiedene Regelungsoptionen ein. In welchem Umfang sollte von dieser Option Gebrauch gemacht werden?

 

Der Deutsche Kulturrat hat bereits in seiner o.g. Stellungnahme während der Beratungen zur VG-Richtlinie kritisch gefragt, ob die angestrebte Detailtiefe der VG-Richtlinie mit Blick auf die internen Strukturen der Verwertungsgesellschaften wirklich erforderlich und zielführend ist. Hier werden unmittelbar Rechte der Mitglieder berührt, die sie üblicherweise selbst in Satzungen niederlegen. Der Deutsche Kulturrat ist daher der Auffassung, dass die Satzungsautonomie der Mitglieder einer Verwertungsgesellschaft soweit wie möglich erhalten bleiben sollte. Hierzu gehört auch, dass Verwertungsgesellschaften frei sein sollten, die Möglichkeit der Stimmrechtsübertragung in geeigneter Weise zu begrenzen.

 

7. Artikel 13 regelt unter anderem den Umgang mit nicht verteilbaren Beträgen. Über die Verwendung nicht verteilbarer Beträge entscheidet nach Artikel 13 Absatz 5 die Mitgliederhauptversammlung. Artikel 13 Absatz 6 eröffnet den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die zulässigen Verwendungen von nicht verteilbaren Beträgen einzuschränken. In welchem Umfang soll von dieser Option Gebrauch gemacht werden?

 

Der Deutsche Kulturrat ist der Auffassung, dass von dieser Option kein Gebrauch gemacht werden sollte. Vielmehr sollten die zuständigen Gremien der Verwertungsgesellschaften über die Verwendung derartiger Beträge entscheiden.

 

8. Nach Artikel 34 Absatz 1 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass hinsichtlich der dort näher bestimmten Streitigkeiten ein alternatives Streitschlichtungsverfahren durchgeführt werden kann. Sollte von dieser Option Gebrauch gemacht werden und wenn ja, sollte mit dieser Aufgabe die Schiedsstelle nach dem UrhWG betraut werden, oder erscheint eine andere Stelle besser geeignet?

 

Die Notwendigkeit einer Änderung des in Deutschland bewährten Zuständigkeitsgefüges von Deutschem Patent- und Markenamt, Schiedsstelle und ordentlichem Rechtsweg erscheint fraglich. Der Beschleunigung des derzeitigen Verfahrens wäre mehr gedient, in dem man über die Aufstockung der Ressourcen bei der bestehenden Schiedsstelle nachdenkt. Sollte der Gesetzgeber von dieser Option Gebrauch machen, wäre nach Auffassung des Deutschen Kulturrates die Schiedsstelle nach dem UrhWG die richtige Stelle für ein solches alternatives Streitbeilegungsverfahren. Sie müsste allerdings entsprechend personell ausgestattet werden.

 

Teil III – Weitere Änderungen

 

9. Das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz sieht in §1 Absatz 1 UrhWG eine Erlaubnispflicht für die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten vor. Sollte die Erlaubnispflicht beibehalten werden?
Titel III der VG-Richtlinie regelt die Voraussetzungen, die Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung bei der Vergabe von Mehrgebietslizenzen für Online-Rechte an Musikwerken erfüllen müssen. Sollte die Tätigkeit auch insoweit erlaubnispflichtig sein?

 

Der Deutsche Kulturrat spricht sich für die Beibehaltung der Erlaubnispflicht aus, da sie sich in Deutschland bewährt hat.

 

10. Die Richtlinie bestimmt in Artikel 13 Absatz 1, dass die Rechtsinhabern zustehenden Beiträge gemäß den allgemeinen Grundsätzen für die Verteilung regelmäßig, sorgfältig und korrekt zu verteilen und auszuschütten sind. Nach Artikel 15 Absatz 2, Artikel 28 Absatz 1 gelten entsprechende Pflichten auch im Verhältnis von Organisationen für die kollektive Rechtewahrnehmung untereinander bzw. bei der Mehrgebietslizensierung von Online-Rechten an Musikwerken. Sollten bei der Umsetzung dieser Richtlinienvorgaben die Pflicht zur Aufstellung von Verteilungsplänen in § 7 Satz 1 UrhWG und die Vorgaben von § 7 Satz 2 UrhWG beibehalten werden?

 

Der Deutsche Kulturrat spricht sich für die Beibehaltung und Stärkung des § 7 Satz 1 und 2 UrhWG aus. Insbesondere sollte die Möglichkeit in § 7 Satz 2 UrhWG erhalten bleiben, kulturell bedeutende Werke und Leistungen zu fördern.

 

11. Die Richtlinie lässt es zu, dass Verwertungsgesellschaften, soziale, kulturelle oder Bildungsdienstleistungen erbringen (vgl. etwa Artikel 12 Absatz 4). Sollte die derzeit geltende Bestimmung in § 8 UrhWG insoweit beibehalten werden, wonach Verwertungsgesellschaften Vorsorge- und Unterstützungseinrichtungen für die Inhaber der von ihr wahrgenommen Rechte und Ansprüche einrichten sollen?

 

Der Deutsche Kulturrat spricht sich ausdrücklich dafür aus, dass die Verwertungsgesellschaften weiterhin Vorsorge- und Unterstützungseinrichtungen im Sinne des § 8 UrhWG einrichten und unterhalten können sollen. Darüber hinaus hält es der DKR für erforderlich, klarzustellen, dass die Verwertungsgesellschaften auch kulturpolitische Initiativen sowie Initiativen zur Stärkung des Urheberrechts unterstützen können.

 

12. Eine Verwertungsgesellschaft ist nach § 11 Absatz 1 UrhWG ausdrücklich verpflichtet, auf Grund der von ihr wahrgenommenen Rechte jedermann auf Verlangen zu angemessenen Bedingungen Nutzungsrechte einzuräumen (Abschlusszwang). Sollte die Regelung – kombiniert mit der in § 11 Absatz 2 UrhWG vorgesehenen Hinterlegungsmöglichkeit – angesichts der Vorgaben aus Artikel 16 Absätze 1 und 2 modifiziert werden?

 

Der bislang bestehende Abschlusszwang ist vor allem durch die faktische Monopolstellung der Verwertungsgesellschaften in Deutschland gerechtfertigt und sollte im Grundsatz beibehalten werden, soweit diese faktischen Monopole noch bestehen. Eine Hinterlegungspflicht für gesetzliche Vergütungsansprüche wird vom Deutschen Kulturrat für dringend erforderlich erachtet.

 

13. Die Verwertungsgesellschaft ist nach § 12 UrhWG grundsätzlich verpflichtet, Gesamtverträge zu angemessenen Bedingungen abzuschließen. Sollte diese Verpflichtung beibehalten werden?

 

Die Pflicht zum Abschlusszwang von Gesamtverträgen hat sich ausdrücklich bewährt. Der Deutsche Kulturrat hält auch deshalb faktische Monopole bei Verwertungsgesellschaften für den richtigen Weg und ist der Auffassung, dass dieses Modell in Deutschland beibehalten werden soll. Wenn faktische Monopole bestehen, ist der Abschlusszwang auch im Hinblick auf Gesamtverträge gerechtfertigt.

 

14. Wie kann aus Ihrer Sicht die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften effektiver ausgestaltet werden (vgl. Koalitionsvertrag, Seite 133)? Ist es in diesem Zusammenhang erwägenswert, für Streitigkeiten über Verwaltungsakte der Staatsaufsicht den Rechtsweg zum Bundespatentgericht mit letztinstanzlicher Überprüfung durch den Bundesgerichtshof zu eröffnen, der ansonsten in Urheberrechtsfragen letztinstanzlich urteilt?

 

Der Deutsche Kulturrat sieht in erster Linie das Erfordernis das Deutsche Patent- und Markenamt sowie das zuständige Fachreferat im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz personell besser auszustatten, um die Aufsicht effektiver umzusetzen. Den Vorschlag, für Streitigkeit über Verwaltungsakte der Rechtsaufsicht den Rechtsweg zum Bundespatentgericht und Bundesgerichtshof zu eröffnen, erscheint sinnvoll.

 

15. Wie können nach Ihrer Auffassung die Verhandlungen und Streitigkeiten über die Höhe der Privatkopievergütung schneller, effizienter und einfacher gestaltet werden (vgl. Koalitionsvertrag, Seite 133)?

 

Bereits im Jahr 2006 hat der Deutsche Kulturrat unterstrichen, dass er die im Zuge von Korb II Urheberrecht in der Informationsgesellschaft vorgeschlagenen Regelungen zur Vergütungshöhe für nicht geeignet hält, den Urhebern eine angemessene Vergütung für die Nutzung ihrer Werke zu sichern. Der Deutsche Kulturrat hat daher die Abgeordneten des Deutschen Bundestags aufgefordert, die von Experten vorgetragenen Argumente genau zu prüfen und dem Vorschlag der Bundesregierung zur Neuregelung der Vergütungshöhe nicht zu folgen. Mit Blick auf die ansonsten zu erwartenden Verschlechterungen für die Urheber erachtete es der Deutsche Kulturrat für geeigneter, wenn weiterhin der Gesetzgeber oder aber der Verordnungsgeber die Vergütungshöhe festlegt.

 

Leider haben sich die Befürchtungen des Deutschen Kulturrates bestätigt, dass sich die Regelungen zur Vergütungshöhe nicht bewährt haben. Der Deutsche Kulturrat schlägt angesichts der schlechten Erfahrungen mit der geltenden Praxis erneut vor, die Vergütungshöhe für gesetzliche Vergütungsansprüche auf dem Verordnungsweg festzulegen und gesetzlich vorzuschreiben, dass eine regelmäßige Anpassung der Vergütungshöhe erfolgen muss.

 

Sollte dieser Vorschlag keine Berücksichtigung finden, regt der Deutsche Kulturrat an, dass die Verfahren zur Vergütungsfestsetzung nach geltendem Recht deutlich zu beschleunigen. Das gilt insbesondere in Hinblick auf den Vorschlag ein selbständiges Verfahren bei der Schiedsstelle für die Einholung von empirischen Untersuchungen zu schaffen.

 

16. Wie sollte aus Ihrer Sicht eine Hinterlegungspflicht für gesetzliche Vergütungsansprüche ausgestaltet sein (vgl. Koalitionsvertrag Seite 133)? Insbesondere: Wie sollte der zu hinterlegende Betrag bemessen werden; sollte die Möglichkeit einer Überprüfung der Höhe der Sicherheitsleistung eröffnet werden?

 

Der Deutsche Kulturrat unterstreicht nachdrücklich, dass er die Einführung einer Hinterlegungspflicht für gesetzliche Vergütungsansprüche angesichts der Länge der Verhandlungen über die Tarife und der Schnelllebigkeit des Marktes bei Geräten und Speichermedien für dringend erforderlich erachtet.

 

Teil IV – Sonstige Änderungen

 

17. Welche sonstigen Änderungsvorschläge im Kontext der kollektiven Rechtewahrnehmung sollten aus Ihrer Sicht aufgegriffen werden?

 

Der Deutsche Kulturrat greift gerne die Gelegenheit auf, weitere Anregungen für Regelungen im Kontext der kollektiven Rechtewahrnehmung zu geben.

 

Wie eingangs bereits formuliert, hält der Deutsche Kulturrat den angestrebten stärkeren Wettbewerb der Verwertungsgesellschaften für nicht wegweisend. Insbesondere mit Blick auf das eigentliche Erfordernis nach one-stop-shop-Lösungen in der digitalen Welt ist der Wettbewerb von Verwertungsgesellschaften eher hinderlich als zielführend. Besonders im Bereich der gesetzlichen Vergütungsansprüche, die in Deutschland ganz überwiegend nur von Verwertungsgesellschaften wahrgenommen werden können, erscheint ein solcher Wettbewerb problematisch. Es sollte deshalb zumindest sichergestellt werden, dass derartige Vergütungsansprüche nur von Verwertungsgesellschaften wahrgenommen werden können, die in Deutschland niedergelassen sind und damit den Regelungen des UrhWG unter der Aufsicht des Deutschen Patent- und Markenamts unterliegen.

 

Die Verpflichtungen aus Artikel 6 Absatz 1 der VG-Richtlinie sollen auch für Verwertungsgesellschaften gelten, die eine nicht-mitgliedschaftliche Rechtsform haben.

Für Verwertungsgesellschaften, die Urheber und Verleger gemeinsam vertreten, sollte klargestellt werden, dass sie wie bisher auf der Grundlage ihrer Verteilungspläne Auszahlungen an Urheber und Verlage vornehmen können. Generell sollte im Bereich der Verwertungsgesellschaften klargestellt werden, dass die durch die zuständigen Gremien beschlossenen Verteilungspläne individuellen Vereinbarungen zwischen Urhebern und Verwertern vorgehen.

 

Ferner sollte klargestellt werden, dass zur Identitätsfeststellung der Rechtsinhaber, sofern es sich um natürliche Personen handelt, von Verwertungsgesellschaften eine Kopie des Personalausweises verlangt werden kann. Hierbei soll sich an den Vorschriften von § 94 Absatz 4 TKG orientiert werden.

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