Reform als Chance

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz nach der Evaluation durch den Wissenschaftsrat

Aber nicht nur spartenübergreifendem Denken und Arbeiten gehört die Zukunft, auch die ganz pragmatische Frage gemeinsamer Ressourcennutzung ist nicht trivial. Die Staatsbibliothek ist derzeit quasi das Rechenzentrum der ganzen SPK, das Geheime Staatsarchiv koordiniert die Einführung der E-Akte für alle SPK-Einrichtungen, und das Justiziariat der SPK arbeitet ebenfalls zur höchsten Zufriedenheit für alle. Dem gesteigerten Bedarf an Bauunterhalt und die bessere Koordination der rapide zunehmenden Bauaufgaben lässt sich nur mit einer zentralen Bauabteilung bei der SPK beikommen, und die Etablierung einer zentralen Vergabestelle war nicht nur eine Forderung des Bundesrechnungshofs, sondern trägt auch einem immer komplexer werdenden Vergaberecht Rechnung. Es gibt also sehr gute Beispiele für die Notwendigkeit einer gemeinsamen Nutzung von Ressourcen, Kompetenzen und Services. Das alles soll man vierfach betreiben?

 

Gleichwohl liegt der Schlüssel zu mehr Erfolg in einer größeren Autonomie und Eigenverantwortung der Einrichtungen der SPK. Das gelingt nur über Budget- und Personalhoheit. Hier ist die Stiftung zeitnah zu radikalen Veränderungen bereit.

 

Wir werden aber auch darüber sprechen müssen, ob eine fortbestehende SPK sich als eine Holding mit lediglich Verwaltungs- und Infrastrukturservices versteht, oder – im Zusammenwirken mit den Einrichtungen – auch inhaltliche Linien entwickeln soll. Eine SPK als spartenübergreifende Netzwerkstruktur, die etwa als außenkulturpolitischer Akteur größere globale Sichtbarkeit für seine Einrichtungen schafft, als Initiator von Forschungsinitiativen und -verbünden wirkt und immer wieder neue thematische Ausrichtungen und Korridore öffnet. Zudem sieht sich die SPK in ihrer Gesamtheit auch mit gesellschaftlichen Fragestellungen wie Nachhaltigkeit, Teilhabe und einem völlig veränderten Bildungsauftrag konfrontiert.

 

Wir haben bereits begonnen, die Wege dazu gemeinsam und professionell begleitet mit den Einrichtungsleitungen und Führungskräften in einer Strategiekommission der SPK zu entwickeln und mit der von Bund und Ländern in unserem Stiftungsrat eingesetzten Reformkommission zu diskutieren. Die Direktorinnen und Direktoren der Staatlichen Museen zu Berlin haben recht: Wir wollen keine von oben verordneten Veränderungen. Deshalb ist es wichtig, dass die gesamte Mitarbeiterschaft der SPK kontinuierlich informiert und zur Mitarbeit eingeladen wird, hierfür schaffen wir derzeit die entsprechenden Strukturen und Formate. Top-down und Bottom-up müssen gut ineinandergreifen, und ich bin optimistisch, dass das gelingen wird. Bund und Länder haben durch ihre hochrangige Mitwirkung in der Reformkommission auf Minister- bzw. Senatorenebene gezeigt, dass sie sich der großen Verantwortung bewusst sind. Das ist ein ermutigendes Zeichen.

 

Die Empfehlungen des Wissenschaftsrates setzen gerade durch ihre Radikalität eine Kraft und Dynamik frei, die das Flaggschiff unter den deutschen Kultureinrichtungen auch dringend braucht. Nun besteht die einmalige Chance für die SPK und ihre Einrichtungen, sich wirklich zu erneuern. Ich wünsche mir dabei auch eine breite öffentliche Debatte über die Frage, wie eine „SPK4.0“ aussehen könnte. Wir in der SPK sind zu radikalen Veränderungen bereit. Wenn daraus eine wirkliche Erfolgsgeschichte werden soll, kann das aber nur der erste Schritt sein. Der zweite muss von unseren Trägern kommen und bedeutet mehr Geld und mehr Stellen.

 

Preußen war als Kultur- und Bildungsstaat weithin bekannt für seine Fähigkeit, tiefgreifende Reformen zu Erfolgsgeschichten werden zu lassen, die zum Teil bis heute nachwirken. Die SPK sollte sich darauf besinnen und zeigen, dass sie „Preußen“ – so verstanden – mit Recht im Namen führt.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 10/2020.

Hermann Parzinger
Hermann Parzinger ist Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
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