Mecklenburg-Vorpommern
- Landeshauptstadt: Schwerin
- Gründung: 3. Oktober 1990
- Einwohner: 1,6 Mio.
- Fläche: 23.211,05 km²
- Bevölkerungsdichte: 69 Einwohner pro km²
- Regierungschef: Erwin Sellering (SPD)
- Regierende Parteien: SPD und CDU
- Nächste Wahl: 4. September 2016
- Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur: Mathias Brodkorb (SPD)
- Öffentliche Ausgaben für Kultur: 145,5 Mio. Euro/Jahr
- Kulturausgaben je Einwohner: 88,85 Euro/Jahr
- Kommunalisierungsgrad: 57,4 %
Zwei Dauerthemen bestimmen die kulturpolitische Zukunft in „Meck-Pomm“: die Theater und Orchester und die „Ewigkeitsaufgabe“, die – je nach Definition zwischen 2.100 und 2.400 – Gutshäuser, Herrenhäuser und Schlösser zu erhalten. Schätzungen zufolge sind 20 Prozent dieses architektonischen Erbes in einem „sehr bedenklichen Zustand“. In vielen Feudalbauten zwischen Elbe und Ostsee haben sich Feuchte und Schimmel breitgemacht, mitunter ist die Bausubstanz bedroht, Grundmauern werden wackelig.
Tragödie Theater-Fusion
So schlimm steht es um die Bühnenkunst im Nordosten nicht, aber das mit dem Theater sei alles eine „leidige Geschichte“, wie es Torsten Koplin benennt. Er ist kulturpolitischer Sprecher der Landtagsfraktion Die Linke: „Ich beklage sehr eine Ökonomisierung der Kultur“, sagt Koplin. Tatsächlich kommt man immer wieder aufs Geld zu sprechen. Über acht Jahre lang hat man in Mecklenburg-Vorpommern versucht, die Theater und Orchester in eine „Struktur“ zu bringen: die Landespolitik will verbindlich mit den Intendanzen Zielvereinbarungen abschließen.
Marc Reinhardt, kulturpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Schweriner Landtag, sieht das Grundproblem in einer gewissen Asymmetrie, weil die Kommunen die Theater-Eigentümer sind, aber das meiste Geld vom Land kommt. Seit 1994 ist dieser Förderbetrag für Theater und Orchester in Mecklenburg-Vorpommern mit 35,8 Millionen Euro nicht erhöht worden!
Die Idee der Koalition aus SPD und CDU: eine Struktur schaffen, die mit dem heutigen Landeszuschuss, mit den weiteren Zuschüssen der Kommunen von etwa 27 Millionen Euro, sowie mit den Einnahmen aus Tickets, Eintritten etc. finanziell auskommt. Marc Reinhardt: „Das bedeutet, dass es zu Strukturveränderungen kommt. Wir begleiten das auch mit Umstrukturierungshilfen, da ist eine Menge am Laufen.“ Die Position der CDU-Fraktion: „Wenn wir eine Struktur erhalten, die wir haben wollen, möchten wir auch, dass der Zuschuss des Landes dynamisiert wird. Und das Land soll vor allem auch Mitgesellschafter in den neuen Theater- und Orchester-Organisationen werden.“
An jedem anderen Posten im Landeshaushalt wurden Inflation, Preis- und Lohnentwicklung mitberücksichtigt, nur nicht in diesem Kulturbereich. Um Insolvenzen von Theatern und Ensembles abzuwenden, wurden in den vergangenen Jahren immer mal wieder Gelder nachgeschoben. Den Kulturabbau konnte das aber nicht stoppen. Das Land hatte mal acht Orchester und hat jetzt noch vier. Nach den Fusionsplänen würde es nur noch zwei geben.
Leidtragende Kultur
Das verwirrt den Rest der Republik, weil in keinem anderen Bundesland die Theaterlandschaft ohnehin schon derart kooperierend zusammengelegt ist wie im Nordosten! Mecklenburg-Vorpommern hat vier Mehrsparten-Theater, dazu zählen das „Theater Vorpommern“ mit den drei Standorten Putbus, Stralsund, Greifswald, die „Theater- und Orchester GmbH Neubrandenburg-Neustrelitz“ mit einschließlich einer Philharmonie in Neubrandenburg und einer Tanz-Compagnie in Neustrelitz, das „Mecklenburgische Staatstheater“ in Schwerin und das „Volkstheater Rostock“, und dann noch zwei Einsparten-Theater.
Verordnet werden sollte, dass einerseits Rostock und Schwerin verschmelzen und andrerseits Putbus, Stralsund, Greifswald und Neubrandenburg-Neustrelitz zum sogenannten „Staatstheater Nordost“ fusionieren. Letzteres für 2018 geplantes Vorhaben stellt eine neue Größenordnung dar. Torsten Koplin: „Das ergibt ein Theaterkombinat, das die Region von Rügen im Norden bis nach Neustrelitz im Süden versorgen soll. Das sind über 150 Kilometer!“
Die Hansestadt Rostock hatte sich nun unlängst gegen die mit Schwerin geplante Fusion entschieden. Mehr noch: Die dortige Bürgerschaft, getragen von einer Mehrheit aus „Linke“, „Grüne“ und Rostocker Bund, hat die mit dem Land getroffene Zielvereinbarung aufgekündigt, wonach die neue Volkstheater-Gesellschaft sich an den Baukosten für ein neues Rostocker Theater hätte beteiligen sollen. Die Bürgerschaft sagt, dass in den Gutachten, die jene Zielvereinbarungen vorbereitet hatten, nie von einer Baukostenbeteiligung die Rede war, sondern lediglich von zu leistender Miete und von laufenden Kosten, die nach Fertigstellung des Gebäudes anfielen. Der parteilose Oberbürgermeister Roland Methling versucht, so gut als möglich in die Große Koalition aus SPD und CDU im Landtag zu vermitteln. Unterdessen wird der Rostocker Theater-Neubau unwahrscheinlich. Der kulturpolitische Fehler liegt in der Verzahnung, dass zwei große Vorhaben, nämlich reformierte Theaterstruktur und Neubau, zugleich angegangen wurden und miteinander in Abhängigkeit gerieten.
Auch nicht aalglatt schaut Schwerin in die kulturpolitische Zukunft, wo das Mecklenburgische Staatstheater zwar „Staatstheater“ heißt, aber in der Vergangenheit keine Staatsbeteiligung hatte, sondern ein rein städtisches Theater war. Ende 2015 wurde nun – nach eben jenen langen Strukturüberlegungen – per Kabinettsbeschluss entschieden, dass sich das Bundesland mit 74 Prozent am Mecklenburgischen Staatstheater beteiligt und somit auch als Gesellschafter fungiert. Koplin: „Das gibt einen gewissen Bestandschutz. Aber die Verhandlungen haben mit erpresserischem Druck auf die Stadt auch ergeben, dass die Stadt ein wesentlich höheres unternehmerisches Risiko und eine höhere Nachschusspflicht für etwaige Defizite aufzubringen hat, als es Gesellschafteranteile hat.“ So hat die Stadt Schwerin zehn Prozent Gesellschafteranteile, soll aber 30 Prozent der Nachschusspflichten und der Pflichten, die bei Defiziten entstehen, aufbringen. „Das ist geradezu abenteuerlich“, sagt Koplin.