TTIP – Warum ein Abkommen mit den USA Sinn ergibt

Was darf TTIP nicht?

Ein Abkommen, dass unsere bestehenden Vorschriften im Bereich der Produktsicherheit, des Verbraucherschutzes des Umweltschutzes oder des Datenschutzes unterminiert, würden auch wir ablehnen. Die Europäische Kommission und die Bundesregierung haben wiederholt zugesichert, dass es nicht zu einem Abbau von Standards kommen wird. In zentralen Themen des Dienstleistungsbereichs, etwa bei der Daseinsvorsorge und der Kultur, soll es keine weiteren Liberalisierungsverpflichtungen geben.

 

Die EU-Kommission schlägt vor, einen institutionellen Rahmen für die künftige regulatorische Zusammenarbeit zu schaffen. Kritiker befürchten, dass diese Ausgestaltung von TTIP als sogenanntes living agreement und die geplanten Regelungen zum Investitionsschutz europäische Regeln angreifen oder den Gestaltungsspielraum Europas einschränken könnten. Der Informationsaustausch zwischen Regulierungsbehörden kann aber zu Entlastungen für die öffentliche Hand und Unternehmen führen. Eine engere transatlantische Zusammenarbeit bei der Regelsetzung für Zukunftstechnologien, etwa bei der Nanotechnologie oder bei selbstfahrenden Autos, kann dazu beitragen, dass sich deutsche Ingenieurkunst auch zukünftig auf dem US-Markt durchsetzen kann. Klar ist: Entscheidungskompetenzen dürfen nicht weg von Parlamenten und Regierungen auf transnationale Gremien verlagert werden. EU-Kommission und US-Regierung haben wiederholt klargestellt, dass auch künftig jede Seite über Regelungen zum Schutz von Verbrauchern, Umwelt oder Daten eigenständig entscheiden kann. Der Vertragstext muss so formuliert sein, dass keine rechtlichen Unsicherheiten entstehen.

„Die Verhandlungen müssen transparenter werden.“

Demokratische Entscheidungen werden auch durch den Investitionsschutz nicht in Frage gestellt. Schiedsgerichte können Investoren in Einzelfällen Entschädigungen zusprechen, aber nicht Gesetze oder Verwaltungsakte für ungültig erklären. Die Sorge, dass schon die Möglichkeit einer Investorenklage Staaten davon abhält, bestimmte Gesetze zu verabschieden, ist empirisch nicht belegt. Die Praxis zeigt, dass Schiedsgerichte für Unternehmen nur ultima ratio sind. Wer verklagt schon das Land, in und mit dem man gute Geschäfte machen will? Aber: Über die Notwendigkeit, den Investitionsschutz zu reformieren, besteht großer Konsens. Der BDI setzt sich seit Langem dafür ein, die Transparenz der Verfahren zu verbessern und einen Berufungsmechanismus zu etablieren. Die Unabhängigkeit der Schiedsrichter muss sichergestellt werden, klare Definitionen des materiellen Rechtsschutzes verhindern Missbrauch. Wenn dies gelingt, dann kann TTIP ein Vorreiter für einen modernen Investitionsschutz sein. Der aktuelle Vorschlag der EU-Kommission greift viele der genannten Reformideen auf.

 

Brücken bauen, Dialoge stärken

Ohne Frage: Die Verhandlungen müssen transparenter werden. Durch die öffentliche TTIP-Debatte ist die EU-Handelspolitik aber bereits offener und transparenter geworden. Sie zeigt, dass Bedenken, die konstruktiv in die Verhandlungen eingebracht werden, auch gehört werden. Die Kommission hat mittlerweile wichtige Klarstellungen über den Schutz der Kultur, die öffentliche Daseinsvorsorge oder auch die Befugnisse des Regulierungsforums vorgenommen. Auf der Website der EU-Kommission und des Bundeswirtschaftsministeriums sind zahlreiche Dokumente, Erklärungen und Informationsbroschüren zu den TTIP-Verhandlungen veröffentlicht. Wer sich über TTIP informieren will, kann dies tun.

 

Wir werden weiterhin für den Erfolg der TTIP-Verhandlungen werben. Dazu gehört für uns, den öffentlichen Dialog zu fördern. Mit dem „Dialogforum Freihandel“ haben wir eine neutrale Plattform ins Leben gerufen, auf der sich jeder über TTIP informieren und eine Bürgeragenda erarbeiten kann, für ein aus seiner Sicht gutes Freihandelsabkommen. TTIP wird nur dann ein gutes Abkommen, wenn es von der Bevölkerung akzeptiert wird. Dafür werden wir uns weiter einsetzen.

 

Dieser Text ist zuerst in Politik & Kultur 01/2016 erschienen.

Stormy-Annika Mildner & Fabian Wendenburg
Stormy-Annika Mildner ist Leiterin der Abteilung Außenwirtschaft im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Fabian Wendenburg ist Referent in der Abteilung Außenwirtschaft im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI).
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