Kultur- und Kreativwirtschaft: Zukunftsweisendes Handlungsfeld im Schnittpunkt verschiedener Politikfelder

Berlin, den 10.12.2008. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, sieht die Kultur- und Kreativwirtschaft als ein wichtiges Handlungsfeld im Schnittpunkt verschiedener Politikfelder. Daraus entsteht für die verschiedenen Ressorts auf der kommunalen, Landes- und Bundesebene die Herausforderung, gemeinsam nach Lösungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Kultur- und Kreativwirtschaft zu suchen.

 

Der Kultur- und Kreativwirtschaft wird in den jüngsten kulturpolitischen Debatten ein zunehmend wichtigerer Stellenwert eingeräumt. Der Deutsche Kulturrat hat in seinen Stellungnahmen stets betont, dass die Kulturwirtschaft ein Teil der kulturellen Infrastruktur ist. Das kulturelle Leben oder auch die kulturelle Infrastruktur wird durch die Künstler, die Kultureinrichtungen, die Kulturvereine, die Kulturwirtschaft und nicht zuletzt die kulturelle Öffentlichkeit geprägt. Intensiv hat sich der Deutsche Kulturrat mit den Wechselwirkungen und Verflechtungen dieser verschiedenen Bereiche in seiner Stellungnahme „Kultur als Daseinsvorsorge“ befasst. Die Stellungnahme kann hier abgerufen werden. Auch die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Kultur in Deutschland“ hat sich das Konzept der kulturellen Infrastruktur zu Eigen gemacht.

 

Im Mittelpunkt dieser Stellungnahme steht die Kulturwirtschaft. Hier ist festzustellen, dass oftmals Unklarheit darüber besteht, was unter Kultur- und Kreativwirtschaft zu verstehen ist.

 

In der wissenschaftlichen Diskussion wurden zwei Modelle entwickelt, um Kultur- und Kreativwirtschaft abzubilden. Das Modell der Wertschöpfungsbeziehungen hebt darauf ab, den Prozess der Wertschöpfung vom schöpferischen Akt über die Verwertung bis hin zum Endkunden abzubilden. Im Bereich der Literatur reichen die Wertschöpfungsbeziehungen klassischerweise vom Verfassen des Buches, über das Lektorat im Verlag, die Herstellung, den Zwischenbuchhandel, den Buchhandel bis hin zum Endkunden. Darüber hinaus gibt es zusätzlich crossmediale Verwertungen, sodass aus den Printprodukt Hörbücher, Filme, Spiele usw. entwickelt werden. Für alle künstlerischen Sparten können die verschiedenen Stufen der Wertschöpfungsbeziehungen aufgezeigt werden. Je nach künstlerischer Sparte sind die Wertschöpfungsbeziehungen ausdifferenziert. Geht das Modell der Wertschöpfungsbeziehungen auf Prozesse innerhalb der Kulturwirtschaft ein, so, so steht im Mittelpunkt des Dreisektorenmodells die Abgrenzung der Kulturwirtschaft von den anderen Sektoren Markt und Nonprofitsektor. Diese Abgrenzung ist aber keine strikte Unterscheidung. Es gibt vielmehr vielfältige Austauschbeziehungen zwischen dem öffentlichen Kulturbetrieb, dem Nonprofitsektor im Kulturbereich und der Kulturwirtschaft. Auf diese wird in dieser Stellungnahme noch eingegangen.

 

Der Deutsche Kulturrat versteht unter Kulturwirtschaft den erwerbswirtschaftlichen Teil des kulturellen Lebens. Zum Kernbereich der Kulturwirtschaft zählen zuerst die Urheber und ausübenden Künstler der verschiedenen künstlerischen Sparten wie z.B. Autoren, Bildende Künstler, darstellende Künstler, Designer, Architekten, Musiker, Filmemacher usw. Weiter gehören zur Kulturwirtschaft jene Unternehmen, die künstlerische Werke professionell verwerten. Dazu werden Verlage, Galerien, Tonträgerhersteller, Konzertveranstalter, Kinos, Filmproduzenten usw. gezählt.

 

In den verschiedenen künstlerischen Sparten hat die Kulturwirtschaft einen unterschiedlichen Stellenwert. In einigen Sparten hat der öffentlich geförderte Kulturbetrieb eine herausragende Funktion, in anderen gilt dies für die Kulturwirtschaft. Die Rechtsform ist aus Sicht des Deutschen Kulturrates ein unzureichendes Unterscheidungsmerkmal, da in den vergangenen Jahren Kultureinrichtungen in Trägerschaft der öffentlichen Hand zwar vermehrt in private Rechtsformen überführt wurden, sie aber zumeist nicht erwerbswirtschaftlich tätig sind. Hier handelt es sich um Angebote, die nach wie vor nur dank einer öffentlichen Förderung existieren.

 

Im Kulturmarkt werden kulturelle Werte produziert, die zu ökonomischen Werten werden können. Der Kulturmarkt funktioniert anders als andere Märkte. Ein besonderes Kennzeichen des Kulturmarktes ist, dass er sich teilweise eben nicht an den Marktgegebenheiten orientiert, sondern Kulturgüter anderen Gesetzmäßigkeiten gehorchen. Ohne die Investition in künstlerische Arbeiten, die heute zwar noch keinen Marktwert haben, ihn morgen aber erhalten können, würde die Kulturwirtschaft Schaden nehmen und das kulturelle Leben sich im etablierten Kanon erschöpfen.

 

Im Vergleich zu anderen Märkten hat die Kultur- und Kreativwirtschaft in den letzten Jahren ein beachtliches Wachstum erreicht. Der erste Europäischen Kulturwirtschaftsbericht „The economy of Culture in Europe“ (European Commission 2006) weist für das Jahr 2003 einen Jahresumsatz von 654 Mrd. Euro für den kulturellen und kreativen Sektor in Europa aus. Damit liegt der Umsatz über dem der Autoherstellung, der in diesem Bericht mit 271 Mrd. Euro angegeben wird.

 

Der Deutsche Kulturrat sieht mit Blick auf die Kultur- und Kreativwirtschaft folgende Themenfelder und Herausforderungen:

  • Digitalisierung,
  • Globalisierung der Märkte,
  • Wechselwirkungen zwischen Kulturwirtschaft und öffentlichem Kulturbetrieb,
  • Arbeitsmarkt Kulturwirtschaft

 

Digitalisierung

Die technischen Veränderungen der letzten Jahre, die mit dem Schlagwort der Digitalisierung beschrieben werden können, haben einen erheblichen Einfluss auf die Kulturwirtschaft. Dabei ist die künstlerische Tätigkeit im engeren Sinne von diesen Veränderungen anders betroffen als die Herstellung, Verbreitung bzw. Vermarktung künstlerischer Werke. Insbesondere in jenen Bereichen, in denen das Endprodukt industriell vervielfältigt wird, wie z.B. die CD oder das Buch, hat die Digitalisierung die Produktionsprozesse, die Verbreitungswege und die Rezeption stark verändert.

 

Digitalisierte Werke können ohne einen Qualitätsverlust reproduziert werden. Es handelt sich nicht um klassische Kopien, sondern um Klone vom Original. Kopierte Werke können schnell und unkompliziert bearbeitet oder verändert werden. Diese Möglichkeiten führen zu einem veränderten Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer.

 

In besonderer Weise ist die Distribution künstlerischer Werke von der Digitalisierung bzw. der Verbreitungsplattform Internet betroffen. War vor fünfzehn Jahren das Internet vor allem eine Plattform für einige wenige, so ist es heute zu einem wichtigen Verbreitungsweg geworden. Das Internet hat den Handel mit kulturwirtschaftlichen Gütern verändert, da z.B. der Versandhandel mit Büchern schneller geworden ist und den Nutzern eine Reihe von Zusatzfunktionen geboten werden können. Das Internet bietet die Möglichkeit einzelne Werke als Datei herunterzuladen. Bislang wird die Mehrzahl der Inhalte nach wie vor kostenfrei im Internet angeboten. So hat sich teilweise die falsche Einstellung verfestigt, dass Inhalte im Internet immer kostenlos sein müssen. Insbesondere die Tonträgerbranche musste in den vergangenen Jahren erfahren, dass Musik illegal in Tauschbörsen angeboten wird. Bestehende Geschäftsmodelle können dagegen nicht konkurrieren.

 

Nicht zuletzt durch die Digitalisierung hat die Geschwindigkeit in der Verwertungskette zugenommen. Dieses führt dazu, dass die bestehenden auf Langfristigkeit angelegten immer weniger dazu geeignet sind, Investitionen zu refinanzieren.

 

Festzuhalten ist aber auch, dass trotz oder vielleicht sogar aufgrund der Digitalisierung das Liveerlebnis an Bedeutung gewonnen hat, so ist seit einiger Zeit eine erfreuliche Aufwärtsentwicklung bei der Nutzung von Liveangeboten festzustellen. Im Musikbereich ist diese Entwicklung gegenläufig zur Tonträgerwirtschaft. Ebenso sind die Branchen, in denen mit Unikaten gehandelt wird, wie z.B. der Kunsthandel, weniger betroffen.

 

Der Deutsche Kulturrat hat sich in einigen Stellungnahmen zum Urheberrecht zu Fragen der Vergütung von Urhebern und Leistungsschutzberechtigten im digitalen Zeitalter positioniert. Diese Stellungnahmen sowie weitere Informationen können hier abgerufen werden.

 

Zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Medien hat der Deutsche Kulturrat sich ebenfalls positioniert. Nähere Informationen sind hier zu finden.

 

Gerade angesichts der stärkeren Nutzung des Internets muss der Wert kreativer Leistungen stärker als bisher in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden. Das Erstellen von Raubkopien oder Plagiaten ist kein Kavaliersdelikt, sondern entzieht den Künstlern und Unternehmen der Kulturwirtschaft die wirtschaftliche Basis. Daher muss ein starkes Urheberrecht auch wirkungsvoll umgesetzt werden. Der Deutsche Kulturrat sieht hier die verschiedene Akteure – Eltern, Schule, Bildungseinrichtungen, Politik – in der Pflicht, um den Wert des geistigen Eigentums zu vermitteln.

 

Gleichwohl müssen Kultureinrichtungen wie Bibliotheken im Gemeinwohlinteresse dem Endverbraucher weiterhin kostenfrei Inhalte zur Verfügung stellen können. Sie selbst müssen die Rechte zuvor erwerben. Hierzu müssen sie von der öffentlichen Hand durch die Zurverfügungstellung von Haushaltsmitteln in die Lage versetzt werden.

 

Die Nutzung neuer Verbreitungswege bedeutet auch, dass die Urheber und ausübenden Künstler für ihre Leistungen eine angemessene Vergütung erhalten müssen. Hierfür sind geeignete ertragsfähige Modelle zu entwickeln bzw. bestehende auszubauen. Dieses ist eine wichtige Zukunftsaufgabe für die Unternehmen der Kulturwirtschaft aber auch für die Kulturpolitik.

 

Globalisierung der Märkte

Kulturgüter und -dienstleistungen werden zwar zunehmend weltweit gehandelt, sie unterscheiden sich jedoch grundlegend von anderen Waren und Dienstleistungen, mit denen aus erwerbswirtschaftlichen Gründen Handel getrieben wird. Sie haben einen Doppelcharakter, beinhalten sie doch einerseits ökonomische und andererseits immaterielle Werte, die es besonders zu berücksichtigen gilt. Sie haben zum Teil den Charakter eines öffentlichen Gutes. Mit dem weltweiten Angebot von ökonomischen Werten in Form von Kulturgütern und -dienstleistungen trägt die Kulturwirtschaft zur kulturellen Vielfalt bei. Immaterielle kulturelle Werte werden um ihrer selbst willen gebildet. Deren Konkretisierung in Gütern und Dienstleistungen verschließt sie dann einem handelbaren Wirtschaftsgut, wenn Handelsregularien die Vielfalt der Produktion und der Vermittlung, der Freiheit der Kunst oder dem öffentlichen kulturellen Bildungsauftrag widersprechen.

 

Die Welthandelsorganisation (WTO) aber auch die Europäische Kommission betrachten Kulturgüter und -dienstleistungen oftmals allein aus einem ökonomischen Blickwinkel. Die GATS-Verhandlungen (Generell Agreement on Trade in Services) der Welthandelsorganisationen haben verdeutlicht, dass in einigen künstlerischen Sparten und Bereichen ein weltweiter Markt für Kulturgüter und –dienstleistungen besteht. In verschiedenen Stellungnahmen hat sich der Deutsche Kulturrat sehr skeptisch gegenüber den Bestrebungen einer Liberalisierung des Handels mit Kulturgütern und -dienstleistungen positioniert. Die Stellungnahmen können unter sowohl hier als auch hier abgerufen werden.

 

Damit die kulturelle Vielfalt erhalten bleibt, ist es erforderlich, dass in Deutschland bestehende Unterstützungssysteme wie z.B. der ermäßigte Umsatzsteuersatz, die Künstlersozialversicherung, die kollektive Vergütung über Verwertungsgesellschaften, die Buchpreisbindung, der öffentlich-rechtliche Rundfunk, Bibliotheken und andere Kultureinrichtungen erhalten bleiben. Die UNESCO-Konvention zum Schutz und der Förderung kultureller Ausdrucksformen (Konvention Kulturelle Vielfalt) zielt darauf ab, die Kulturwirtschaft zu stärken und nationale Fördersysteme zur Sicherung der kulturellen Vielfalt zu sichern. Dazu gehört auch die öffentliche Förderung von Kulturinstitutionen, die eine wichtige Funktion in der direkten und indirekten Förderung der Kulturwirtschaft einnimmt. Die UNESCO-Konvention Kulturelle Vielfalt bildet ein Gegenstück zu den Liberalisierungsbestrebungen der Welthandelsorganisationen, die auf weltweite gleiche Marktchancen abzielt. Eine Liberalisierung des Handels mit Kulturgütern und Kulturdienstleistungen birgt aber die große Gefahr, dass die kulturelle Vielfalt Schaden nimmt.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert die Bundesregierung und die Länder auf, die UNESCO-Konvention Kulturelle Vielfalt in Deutschland mit Leben zu erfüllen und auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene auf deren Einhaltung zu drängen. In seiner Stellungnahme „Kultur-Enquete: Kultur in Europa“ hat sich der Deutsche Kulturrat zu den Vorschlägen der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Kultur in Deutschland“ zur Umsetzung der UNESCO-Konvention Kulturelle Vielfalt sowie zu den GATS-Verhandlungen positioniert. Die Stellungnahme kann hier abgerufen werden.

 

Um die Marktchancen deutscher Künstler und Kunst im Ausland zu verbessern, fordert der Deutsche Kulturrat im Rahmen der Auswärtigen Wirtschaftspolitik eine Exportinitiative für alle Bereiche der Kulturwirtschaft. Die wirtschaftliche Dimension des Exports von Kulturgütern und –dienstleistungen sollte stärker beachtet werden. Die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik und die Außenwirtschaftspolitik sollte mit Blick auf die Anforderungen der Kulturwirtschaft besser aufeinander abgestimmt werden. Dazu gehört beispielsweise die Unterstützung zur Beteiligung an Messen und Veranstaltungen. Ebenso sind erleichterte Visabestimmungen sowie Sonderregelungen für Künstler und deren Arbeitsmittel erforderlich.

 

Weiter hat sich der Deutsche Kulturrat zu den Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Kultur in Deutschland“ zum Bereich Kulturwirtschaft positioniert. Die Stellungnahme „Kultur-Enquete: Kulturwirtschaft stärken und ihre Potenziale fördern!“ kann hier abgerufen werden.

 

Die pauschale Besteuerung ausländischer Künstler, die in Deutschland auftreten, ist nach wie vor ein Hindernis für Unternehmen der Kulturwirtschaft und behindert den Kulturaustausch. Im Jahressteuergesetz 2009 wurde mit der Abschaffung der Stufenregelung der so genannte kleine Kulturaustausch, bei dem eher kleine Gagen gezahlt werden, geschwächt. Der Deutsche Kulturrat hat in einer eigenen Stellungnahme Vorschläge zu einer unbürokratischen Lösung bei der Besteuerung ausländischer Künstler erarbeitet. Die Vorschläge können hier abgerufen werden.

 

Wechselwirkungen zwischen Kulturwirtschaft und öffentlichem Kulturbetrieb

Zwischen den Unternehmen der Kulturwirtschaft und dem öffentlichen Kulturbetrieb bestehen zahlreiche Wechselwirkungen. Es handelt sich hier nicht um strikt voneinander separierbare Bereiche, sondern vielmehr um kommunizierende Röhren. Nicht nur, dass Künstler oft in beiden Bereichen tätig sind, im öffentlichen Kulturbetrieb findet ein Teil der Ausbildung von Künstlern von statt, so z.B. in Musikschulen, öffentliche Kultureinrichtungen fragen kulturwirtschaftliche Güter nach, so z.B. die Bibliotheken Bücher und öffentliche Kultureinrichtungen vergeben Aufträge an Künstlerinnen und Künstler.

 

Gerade der kulturellen Bildung kommt eine wichtige Vermittlungsfunktion zu. Kulturelle Bildung ermöglicht Zugang zu Kultur und weckt Interesse an Kultur. Kulturelle Bildung ist damit eine wichtige Voraussetzung für eigene künstlerische Tätigkeit und die Kunstrezeption. Kulturelle Bildung ist damit auch eine wichtige Voraussetzung für die Nachfrage nach Kulturgütern.

 

Kürzungen bei den öffentlichen Kulturausgaben gehen auch zu Lasten der Kulturwirtschaft. Öffentliche Kultureinrichtungen stehen bereits seit einigen Jahren unter einem erheblichen Kostendruck. Sie mussten Einsparungen vornehmen und sind gehalten, höhere Eigeneinnahmen zu erzielen. Dieses ist teilweise nur möglich, in dem sie selbst kulturwirtschaftlich tätig werden, also z.B. Bücher selbst verlegen, statt einen Verlag zu beauftragen. Wenn beispielsweise Museen aufgrund knapper Ankaufsetats Werke direkt bei Künstler und nicht über den Kunsthandel kaufen, so macht sich das beim Kunsthandel bemerkbar.

 

Einsparungen bei den Personaletats der öffentlichen Kultureinrichtungen und Outsorcing von Dienstleistungen haben dazu geführt, dass heute viele Tätigkeiten von Selbständigen ausgeübt werden, bei denen vor einigen Jahren noch ein Anstellungsverhältnis üblich war. Das führt zu einer steigenden Zahl an selbständigen kulturwirtschaftlichen Akteuren, die oftmals mit den statistischen Instrumenten nicht erfasst werden können.

 

Jenseits der Wirtschaftsförderung haben Stipendien und Preise für Künstler eine große Bedeutung. Sie sind zum einen eine finanzielle Unterstützung des Lebensunterhalts, zum anderen sind sie eine Anerkennung der künstlerischen Leistungen, die für weitere Aufträge oder bei jungen Künstlern beim Markteintritt von Bedeutung sein kann. Die öffentliche Förderung kann hier also eine Unterstützung für den späteren wirtschaftlichen Erfolg sein.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert, dass bei der öffentlichen Förderpolitik in stärkerem Maße die Wechselwirkungen des öffentlichen Kulturbetriebs und der Kulturwirtschaft berücksichtigt wird. Vor diesem Hintergrund sollten beide öffentlicher Kulturbetrieb und Kulturwirtschaft nicht gegeneinander ausgespielt, sondern vielmehr sich ergänzend betrachtet werden.

 

Die Unternehmer und Unternehmen der Kulturwirtschaft sowie die Verantwortlichen der öffentlich geförderten Kultureinrichtungen und –vereine sind in der Verantwortung zu zeigen, dass sie gemeinsam das kulturelle Leben bilden und gemeinsam mehr sind als die Summe aller Teile.

 

Erwerbstätigenmarkt Kulturwirtschaft

Die Spezifik des Erwerbstätigenmarktes Kulturwirtschaft besteht darin, dass er relativ wenig abhängig Beschäftigte, dafür vergleichsweise viele Selbständige aufweist. Eine akademische Ausbildung wird in vielen Bereichen der Kulturwirtschaft vorausgesetzt. Bei vielen Unternehmen handelt es sich um Einpersonenunternehmen. Als Problem stellt sich oftmals die soziale Sicherung der Selbständigen im Kulturbereich. Viele andere Selbständige – auch selbständige Geisteswissenschaftler – haben keine ausreichende soziale Absicherung.

 

In den einschlägigen akademischen Ausbildungsgängen findet die Qualifizierung für den Arbeitsmarkt unter erwerbswirtschaftlichen Gesichtspunkten nur unzureichend statt. Die Folge ist, dass Absolventinnen und Absolventen in der Regel über eine gute Fachqualifikation verfügen, doch selbst ökonomische Basiskenntnisse für den Eintritt in das Erwerbsleben oftmals fehlen. Damit bleibt ein großes Arbeitsmarktpotential ungenutzt. Es gibt zwar zahlreiche Weiterbildungsangebote, hier mangelt es jedoch oftmals an Qualitätsstandards, die zur kulturwirtschaftlichen Professionalisierung beitragen.

 

Unternehmen der Kulturwirtschaft bilden aber auch im Rahmen des dualen Systems aus. Sie bieten damit Arbeitsplätze außerhalb einer akademischen Qualifikation und sind ein fester Bestandteil des Berufsbildungssystems.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert, dass die Künstlersozialversicherung zur sozialen Absicherung von Künstlern und Publizisten erhalten bleibt und alle künstlersozialabgabepflichtigen Unternehmen zur Abgabe herangezogen werden. Das Dritte Gesetz zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetzes war ein wichtiger Schritt, um Beitragsgerechtigkeit bei der Künstlersozialversicherung herzustellen.

 

Darüber hinaus fordert der Deutsche Kulturrat, dass Modelle zur sozialen Sicherung von Selbständigen, die nicht Mitglied der Künstlersozialversicherung werden können, entwickelt werden.

 

Ausbildungsgänge, die auf den Kulturarbeitsmarkt vorbereiten, sollten entweder eine Arbeitsmarktqualifizierung verbindlich vorsehen oder den Absolventen Möglichkeiten der Qualifizierung im Anschluss an die Ausbildung eröffnen. Weiter sollte die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen, die u.a. teilweise von den einschlägigen Branchenverbänden sowie den Bundesakademien angeboten werden, gefördert werden. So kann die Qualifizierung für kulturwirtschaftliche Arbeitsfelder praxisnah erfolgen.

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