Kultur-Enquete: Kulturwirtschaft stärken und ihre Potenziale fördern!

Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zu den kulturwirtschaftlichen Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Kultur in Deutschland“

Berlin, den 09.04.2008. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, begrüßt, dass die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Kultur in Deutschland“ dem Thema Kulturwirtschaft ein eigenes Kapitel gewidmet hat und damit die Bedeutung der Kulturwirtschaft für das kulturelle Leben in Deutschland unterstreicht.

 

Der Deutsche Kulturrat teilt die Aussage der Enquete-Kommission, dass es vielfache Wechselbeziehungen zwischen Markt, Drittem Sektor und Staat gibt und dass diesen Wechselbeziehungen besondere Beachtung geschenkt werden sollte. Der Deutsche Kulturrat betont zugleich, dass Grundlage zur Betrachtung der Kulturwirtschaft ihre erwerbwirtschaftliche Ausrichtung sein muss. Darin unterscheidet sich die Kulturwirtschaft grundlegend von der staatlichen Kulturförderung sowie den gemeinnützigen Kulturinstitutionen der Zivilgesellschaft, die gerade nicht erwerbswirtschaftlich ausgerichtet sind. Dieser Unterschied sollte gerade auch mit Blick auf europäische und internationale Diskussionen zur Liberalisierung der Dienstleistungs- und damit auch der Kulturmärkte im Blick behalten werden.

 

Der Deutsche Kulturrat bedauert, dass die Enquete-Kommission im Kapitel Kulturwirtschaft nicht auf verschiedene Branchen eingegangen ist. Ähnlich den Ausführungen zur öffentlichen Kulturförderung, bei denen auf kulturelle Einrichtungen wie Theater, Orchester, Museen, Bibliotheken und soziokulturelle Zentren eingegangen wurde, wäre es auch wichtig gewesen, auf die Spezifika und besonderen Anforderungen der unterschiedlichen Branchen wie z.B. Buchmarkt, Kunstmarkt, Veranstaltungsmarkt, Musikmarkt einzugehen und hier konkrete Handlungsempfehlungen zu unterbreiten. Ebenso ist bedauerlich, dass die Enquete-Kommission nicht auf die Beschäftigungswirkungen und den Arbeitsmarkt Kulturwirtschaft eingegangen ist.

 

Im Folgenden nimmt der Deutsche Kulturrat zu einzelnen Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission Stellung. Er bezieht sich dabei auf folgende Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission veröffentlicht als Bundestagsdrucksache 16/7000:

  • die Handlungsempfehlungen 1 bis 3, Seite 349,
  • die Handlungsempfehlungen 1 und 2, Seite 354,
  • die Handlungsempfehlungen 1 bis 3, Seite 355,
  • die Handlungsempfehlungen 1 bis 6, Seite 358,
  • die Handlungsempfehlungen 1 und 2, Seite 360 sowie
  • die Handlungsempfehlungen 1 und 2.

 

In der vorliegenden Stellungnahme konzentriert sich der Deutsche Kulturrat auf die Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission zur Kulturwirtschaft. Diese Stellungnahme steht im Kontext der weiteren Stellungnahmen des Deutschen Kulturrates zu Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“.

 

Erfassung der Kulturwirtschaft

Der Deutsche Kulturrat begrüßt die Empfehlungen der Enquete-Kommission die Kulturwirtschaft intensiver zu untersuchen und einen Bundes-Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht vorzulegen. Dabei sollte jedoch nicht von vorneherein ein Modell zur Darstellung der Kulturwirtschaft (Drei-Sektoren-Modell bzw. Wertschöpfungskette) vorgegeben werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt erscheint die Methodenvielfalt als der geeignetere Weg, um die Kultur- und Kreativwirtschaft in einem Bericht abzubilden. Wichtiger als die vorherige Festlegung auf ein Modell ist die Einpassung eines solchen Berichts an die europäische und internationale Debatte. Dieses gilt gleichermaßen für den Ausbau der Statistik (z.B. Umsatzsteuerstatistik, Beschäftigtenstatistik). Ebenso sollte bei der Überarbeitung der Wirtschaftszweigklassifikation die Kultur als Wirtschaftsfaktor berücksichtigt werden.

 

Kultur als Standortfaktor

Der Deutsche Kulturrat unterstützt die Forderung, dass die Kommunen die bestehenden kultur- und kreativwirtschaftlichen Strukturen und ihre Potenziale fördern sollen. Dabei sollte den wechselseitigen Beziehungen zwischen Markt, Staat und Drittem Sektor, wie die Enquete-Kommission formuliert, besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Ebenso unterstützt der Deutsche Kulturrat die Empfehlung, dass die wissenschaftliche Forschung zu Kultur als Standortfaktor und zur Kulturwirtschaft verstärkt werden sollte. In diese Forschungen sollte auch der Aspekt Kultur als Tourismusfaktor einbezogen werden.

 

Kultur und Tourismus

Der Deutsche Kulturrat teilt die Einschätzung, dass Kultur ein wichtiger Faktor für die Tourismuswirtschaft ist. Eine Verbesserung des Marketings kann für viele Akteure Vorteile bedeuten. Dabei kann eine stärkere Kooperation von Städten und Regionen im Kulturtourismus sinnvoll sein.

 

Kulturcluster

Der Deutsche Kulturrat teilt die Einschätzung, dass Cluster für Unternehmen der Kulturwirtschaft nutzbringend sein können. Der Deutsche Kulturrat ist allerdings skeptisch, ob eine geplante Clusterbildung im Kulturbereich den gewünschten Erfolg bringen kann. Statt der Festlegung auf Kulturcluster hält der Deutsche Kulturrat eine bessere Abstimmung zwischen Kultur- und Wirtschaftsförderung für zielführender.

 

Zwischennutzung von Liegenschaften

Der Deutsche Kulturrat begrüßt die Forderung der Enquete-Kommission, dass brachliegende öffentliche und private Liegenschaften stärker durch Unternehmen der Kulturwirtschaft und für Künstler genutzt werden sollten.

 

Förderung der Kulturwirtschaft

Der Deutsche Kulturrat unterstützt die Forderung, dass insbesondere kleine und Kleinstunternehmen der Kulturwirtschaft stärker gefördert werden sollten. Der Deutsche Kulturrat geht dabei davon aus, dass damit auch die freischaffenden Künstler gemeint sind. Dabei sollten sich nach Auffassung des Deutschen Kulturrates die Instrumente der Kulturförderung bzw. kulturpolitischen Intervention und der Wirtschaftsförderung ergänzen. Mit Nachdruck unterstreicht der Deutsche Kulturrat die Empfehlung der Enquete-Kommission, dass alle künstlerischen Sparten gleichermaßen in Fördermaßnahmen einbezogen und ggfs. branchenspezifische Lösungen entwickelt werden müssen.

 

Der Deutsche Kulturrat unterstützt die Empfehlungen der Enquete-Kommission nach einem besseren Zugang kulturwirtschaftlicher Unternehmen zu Krediten.

 

Sehr kritisch beurteilt der Deutsche Kulturrat die Empfehlung an Länder und Kommunen kulturwirtschaftliche Kompetenzagenturen zu schaffen, Management-Sharing-Programme sowie auch externe Serviceleistung zu fördern. Diese Empfehlung kann an den Bedürfnissen des Marktes vorbeigehen. Erfolgversprechender erscheinen Beratungs- und Fortbildungsmaßnahmen der Berufs- und Fachverbände, die über das entsprechende Branchen-Know-how verfügen. Die Teilnahme an solchen Fortbildungsprogrammen sollte unterstützt werden.

 

Kulturwirtschaft als Querschnittsaufgabe

Der Deutsche Kulturrat teilt die Einschätzung der Enquete-Kommission, dass Kultur- und Kreativwirtschaft als Querschnittsaufgabe verschiedener Ressorts, wie z.B. Kultur, Bildung, Recht, Finanzen, Arbeit und Soziales, angegangen werden sollte.

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