48. KW: Was sollen wir tun?

  1. Was sollen wir tun?
  2. NEU! Politik & Kultur Dez. – Jan.
  3. Noch bis zum 3. Dezember zur Subskription: Kunstfreiheit – Zehn Jahre Debatten in Politik & Kultur
  4. Zur Person…
  5. Text der Woche: „Weckruf an die Gesellschaft. Eine Studie aus Nordrhein-Westfalen bringt neue Erkenntnisse über Antisemitismus“ von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
  6. Zum Schluss…

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

„Eines Tages werden wir aufwachen und wissen, Daß wir zuwenig getan haben oder das Falsche, Wir werden uns sagen, daß wir mehr hätten tun sollen. Aber was? Werden wir fragen – und: wann hätten wir es tun sollen, …“, schrieb Walter Bauer 1957. In diesen Tagen muss ich daran denken.

 

In diesen Tagen hat der russische Präsident Wladimir Putin die Ukraine mit einer neuartigen Mittelstreckenrakete angegriffen. In diesen Tagen stellt der zukünftige amerikanische Präsident Donald Trump seine Regierungsmannschaft auf. Vor einigen fürchtet sich sogar seine eigene Partei. In diesen Tagen hat der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, Ex-Verteidigungsminister Joav Galant sowie den militärischen Hamas-Anführer Mohammed Deif wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit Haftbefehle erlassen. Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 befinden sich immer noch 132 Geiseln in der Gewalt der Terrorgruppe. In diesen Tagen hat sich unsere Regierung zerlegt, unverantwortlich in Anbetracht der Situation in der Welt. Jetzt werden wir am 23. Februar 2025 wählen und hoffentlich einer stabileren Regierung, die durch und durch demokratisch ist, die Verantwortung übergeben. Und in diesen Tagen wird einmal mehr klar, dass wir die Klimakrise nicht in den Griff bekommen.

 

„Eines Tages werden wir aufwachen und wissen, Daß wir zuwenig getan haben oder das Falsche, …“ Nein, nicht irgendwann, diese Träume verfolgen mich schon jetzt, im Schlaf und danach.

 

Leide ich wie die Romanfigur des Don Quijotes an Wahnvorstellungen und übersteigertem Idealismus, wenn ich finde, dass auch wir im Kulturbereich unsere Hausaufgaben im Angesicht der weltweiten Krisen machen müssen? Müssen wir uns nicht noch stärker für die Demokratie einsetzen und uns schützend vor diejenigen stellen, die Boykotten ausgesetzt sind oder deren Arbeit von Autoritären in Frage gestellt wird? Müssen wir nicht einen Beitrag zur Differenzierung leisten, statt selbst in Schwarz-Weiß-Denken zu verfallen?

 

Walter Bauer, tief erschüttert von der kollektiven Unwilligkeit seiner Landsleute, aus der Katastrophe des Faschismus etwas lernen zu wollen, wanderte nach Kanada aus. „Wir werden uns erinnern, daß da etwas war voller Verheißung. Aber kaum noch sagen können, was es war und daß es Aussicht gab für uns, Pfade, für uns allein gemacht – Nur: daß da etwas war, dem wir nicht folgten – …“

 

Heute ist die Welt zu klein, um vor ihrem Wahnsinn fliehen zu können. Und eigentlich ist auch die Verantwortung zu groß. Aber was, was sollen wir tun

 

Ihr

 

Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann

 


 

2. NEU! Politik & Kultur Dez. – Jan.

 

Die neue Ausgabe von Politik & Kultur richtet den Schwerpunkt auf das Thema „Jüdisches Leben“. Die Beiträge zum Thema finden Sie auf den Seiten 17 bis 29.

 

Kultur unter Druck
Fehlender Bundeshaushalt, unterfinanzierte Länder und Kommunen: ein Plädoyer für kreative Lösungen zur Kulturfinanzierung

 

Vertrauen in Museen
Eine Studie des Instituts für Museumsforschung macht deutlich: Museen gehören zu den vertrauenswürdigsten Institutionen

 

Kultur-Populismus
Nach der Wahl erlebt die Slowakei drastische Eingriffe, Einflussnahme und Personalentscheidungen im Kulturbereich

 

„Let’s Remember!“
Computer- und Videospiele können zur Vermittlung von Geschichte und zu einem lebendigen Gedenken in der Gegenwart beitragen

 

Fokus Medienpolitik
Stimmen aus Politik, Medien und Zivilgesellschaft zur Rundfunkreform

 

 

 


 

3. Noch bis zum 3. Dezember zur Subskription: Kunstfreiheit – Zehn Jahre Debatten in Politik & Kultur

 

Wie es um die Kunstfreiheit bestellt ist, diese Frage wird in Beiträgen von 107 Autorinnen und Autoren aus unterschiedlichen Perspektiven und in verschiedenen Dimensionen beleuchtet.

 

Themen sind: Streitfall Kunstfreiheit; Kunstfreiheit und Recht; Von Einschüchterung bis Zensur; Ausgrenzung und Boykott; Jugendschutz und Selbstkontrolle; Umgang mit dem Erbe; Sonderfall Religion?; Bedrohungen von rechts und links; Hass im Netz; Grenzüberschreitungen in der Popkultur; Kulturelle Aneignung u.v.m.

 

Der Band versammelt Beiträge aus zehn Jahren und vermittelt dadurch einen Eindruck von den unterschiedlichen Debatten und Akzentsetzungen zur grundgesetzlich verbrieften Kunstfreiheit.

 

Die Autorinnen und Autoren:

 

Arne Ackermann, Adriana Altaras, Petra Bahr, Jakob Baier, Jens Balzer, Reinhard Baumgarten, Volker Beck, Kathrin Becker, Maike Behm, Khalid Bounouar, Carsten Brosda, Theresa Brüheim, Antonia Bruneder, Johann Hinrich Claussen, Tahir Della, Gero Dimter, Angela Dorn, Bärbel Dorweiler, Tanja Dückers, Justus Duhnkrack, Eugen El, Leyla Ercan, Ludwig Greven, Marc Grimm, Raphael Gross, Erhard Grundl, Sebastian Gutknecht, Noa K. Ha, Barbara Haack, Sabrina Habel, Lea Hagedorn, Kirsten Haß, Ralf Höcker, Anna-Lena von Hodenberg, Klaus Holz, Christian Höppner, Michael Hurshell, Hans Jessen, Maike Karnebogen, Jan-Gerrit Keil, Felix Klein, Ralf König, Stephan Kosch, Reinhart Kößler, Peter Krawietz, Holger Krimmer, Künstlerkollektiv ruangrupa, Yael Kupferberg, Klaus-Dieter Lehmann, Stephan Lessenich, Constanze Letsch, Christoph Links, Stefan Linz, Henning Lobin, Henning Melber, Meron Mendel, York-Gothart Mix, Regine Möbius, Johann Michael Möller, Elke Monssen-Engberding, Michael Müller-Verweyen, Anh-Linh Ngo, Simon Pearce, Bodo Pieroth, Philippe Pirotte, Karin Prien, Peter Raue, Timo Reinfrank, Boryano Rickum, Nicola Roßbach, Ben Salomo, Thomas Salzmann, Behrang Samsami, Mithu Sanyal, Esther Schapira, Jamie C. Schearer, Sven Scherz-Schade, Regina Schleicher, Tobias Schmid, Dagmar Schmidt, Deborah Schnabel, Berthold Schneider, Richard C. Schneider, Marlene Schönberger, Gabriele Schulz, Josef Schuster, Monika Schwarz-Friesel, Elisabeth Secker, Natalka Sniadanko, Klaus Staeck, Ernst Szebedits, Natan Sznaider, Nike Thurn, Lutz Tillmanns, Odila Triebel, Manos Tsangaris, Frank Überall, Tom David Uhlig, Hortensia Völckers, Tobias Voss, Liliane Weissberg, Mirjam Wenzel, Sylvia Willkomm, Sandra Winzer, Eckhard Zemmrich, Friedrich Zillessen, Olaf Zimmermann.

 

Kunstfreiheit – Zehn Jahre Debatten in Politik & Kultur

 

Bis zum 03.12.2024 kann das Buch hier mit einem Subskriptionsrabatt von 20 % für 16,60 Euro portofrei vorbestellt werden. Die Auslieferung erfolgt am 04.12.2024.

 


 

4. Zur Person…

 

Florian Roth zum neuen Kulturreferenten der Stadt München gewählt
Der bisherige ehrenamtliche Stadtrat Florian Roth wurde zum neuen Kulturreferenten von München gewählt. Mit 40 von 79 gültigen Stimmen der Vollversammlung des Stadtrats konnte er die Stichwahl für sich entscheiden. Er tritt am 1. Juli 2025 die Nachfolge von Anton Biebl an, der das Referat seit Juli 2019 leitete. Florian Roth war von 2012 bis 2022 Vorsitzender der Fraktion Die Grünen – Rosa Liste. Aktuell ist er Leiter der städtischen Bildungsberatung und Dozent für Philosophie an der Volkshochschule.

 

Nele Hertling erhält Deutschen Theaterpreis DER FAUST 2024 für das Lebenswerk
Die Theaterdirektorin Nele Hertling wurde mit dem diesjährigen Preis für das Lebenswerk des Deutschen Theaterpreises DER FAUST ausgezeichnet. In der Begründung der Jury heißt es, sie gelte als Erfinderin der Freien Szene und habe maßgeblich zur Förderung des Tanztheaters in Deutschland beigetragen. Nele Hertling wurde 1934 in Berlin geboren und studierte Germanistik und Theaterwissenschaft an der Humboldt-Universität. Von 1989 bis 2003 leitete sie als erste Intendantin eines Theaters in Berlin das Hebbel-Theater, welches außerdem das erste Theater für internationale Performance-Kunst der Stadt war. Bis heute ist sie Direktorin der Sektion Darstellende Kunst der Akademie der Künste Berlin und engagiert sich für kulturpolitische Initiativen.

 

Nicolas Stemann wird neuer Intendant des Bochumer Schauspielhauses
Nicolas Stemann wird zum Beginn der Spielzeit 2027/2028 neuer Intendant des Schauspielhauses Bochum. Er war zuletzt von 2019 bis 2024 Co-Intendant des Zürcher Schauspielhauses. 1968 in Hamburg geboren, wurde Nicolas Stemann unter anderem am Max-Reinhardt-Seminar in Wien ausgebildet. Vor seiner Zeit als Intendant in Zürich war er als freier Regisseur an Häusern wie dem Thalia Theater Hamburg, am Deutschen Theater Berlin oder bei den Salzburger Festspielen tätig. In Bochum folgt er auf Johan Simons, der das Haus seit 2018 leitet und seinen Vertrag um ein Jahr bis 2027 verlängert, bis Stemann übernehmen kann.

 

Andreas Karlaganis künftiger Generalintendant des Düsseldorfer Schauspielhauses
Der Aufsichtsrat des Düsseldorfer Schauspielhauses und die Gesellschafter, das Land Nordrhein-Westfalen und die Landeshauptstadt Düsseldorf, haben Andreas Karlaganis als neuen Generalintendanten des Düsseldorfer Schauspielhauses berufen. Damit wird er ab der Spielzeit 2026/2027 für fünf Jahre die Nachfolge von Wilfried Schulz antreten. Zuletzt war Andreas Karlaganis leitender Dramaturg und stellvertretender künstlerischer Direktor am Wiener Burgtheater.

 

Christian Höppner als Präsident des Deutschen Tonkünstlerverbandes wiedergewählt
Auf der turnusmäßigen Jahrestagung des Deutschen Tonkünstlerverbandes hat die Bundesdelegiertenversammlung mit 97 Prozent Christian Höppner als Präsidenten wiedergewählt. Die gewonnene Einigkeit des größten Dachverbandes der Musikberufe nach dem Abschluss der Reformprozesse sei für die Verbesserung der Rahmenbedingungen freiberuflicher Tätigkeit dringend notwendig, erklärte Christian Höppner.

 

 


 

5. Text der Woche: „Weckruf an die Gesellschaft. Eine Studie aus Nordrhein-Westfalen bringt neue Erkenntnisse über Antisemitismus“ von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

 

Es muss uns alarmieren, dass fast jeder Zweite einen „Schlussstrich“ unter den Mord an sechs Millionen Jüdinnen und Juden ziehen will. Dabei ist in einer Welt, die sich ständig und schnell verändert, die Erinnerungskultur unverzichtbar, um aus der Vergangenheit zu lernen, historische Ereignisse zu reflektieren und diese heute einzuordnen.

 

Im kommenden Jahr ist die Befreiung des größten Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau 80 Jahre her. Mit dem zeitlichen Abstand wird scheinbar auch der emotionale Abstand größer. Die Zeitzeugen, die beeindruckend vom menschenverachtenden Nationalsozialismus berichten, werden altersbedingt weniger. Ihre persönlichen Lebensgeschichten sind von unschätzbarem Wert, da sie Geschichte nicht nur in Fakten und Daten, sondern auch emotional lebendig machen und deshalb häufig prägend sind.

 

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Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist Bundesjustizministerin a. D. und stellvertretende Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Von 2018 bis 2024 war sie erste Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen

 


 

6. Zum Schluss…

 

Wie können die Künste und die Kultur aktuell ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen? Wie können sie aktiv Demokratie fördern und schützen? Darüber haben wir gestern beim RATSCHLAG DER VIELEN in der Akademie der Künste diskutiert.

 

Die Kunstfreiheit erlebt aktuell große Bedrohungen von verschiedenen Seiten. Rechtspopulistische und rechtsextreme Kräfte versuchen, Kunst und Kultur zu vereinnahmen und die Freiheit der Kunst einzuschränken. Wir sehen aber auch den Versuch von Linksextremen, mit Hilfe von Boykottaufrufen die freie Ausübung der Kunst einzuschränken. Beiden Tendenzen müssen wir im Kulturbereich unbedingt und deutlich entgegentreten.

 

 

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