- Nachhaltigkeit: Grünes Band und mehr
- Deutscher Kulturpolitikpreis 2024
- Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit
- Ringen um den Rundfunkbeitrag
- Kulturpolitische (Weihnachts-)Geschenkideen
- Text der Woche: „Innenperspektive und Brückenbau: Die Alte Synagoge Essen, ein Haus jüdischer Kultur“ von Diana Matut
Sehr geehrte Damen und Herren,
der fast 1.400 Kilometer lange Geländestreifen entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze ist ein Naturparadies, weil er jahrzehntelang eine nahezu unüberwindliche Grenzanlage mitten durch Deutschland war. Seltene Vögel und Insekten haben hier Räume zum Überleben gefunden, weil nur wenige Menschen, meist Grenzpolizisten, das Gelände betreten durften. Die Grenze war eine unmenschliche, brutale Schneise mitten durch das Land, sie trennte Familien, Freunde, Ortschaften, und gerade deshalb haben seltene Pflanzen und Tiere hier überleben können.
Das Grüne Band ist aber nicht nur die heute noch sichtbare Teilung von Ost- und Westdeutschland, es verläuft weiter im Norden bis zum Eismeer am äußersten Ende Norwegens und im Süden bis zum Schwarzen Meer an der Grenze zur Türkei. Die Gesamtlänge beträgt 12.500 Kilometer, wobei es durch 24 Staaten verläuft.
Das Grüne Band ist das Überbleibsel des Eisernen Vorhangs, der Ost- und Westeuropa über Jahrzehnte hermetisch trennte, es ist das noch sichtbare Zeichen für den Kalten Krieg, der schnell zum heißen hätte werden können, es ist die Grenze zwischen zwei Systemen, dem Kapitalismus und dem Sozialismus, die um den richtigen Weg stritten. Wenn wir an das 20. Jahrhundert erinnern wollen, dann dürfen wir diese schmerzhafte Trennung nicht vergessen.
Nach dem Fall der Mauer wurden an der ehemaligen innerdeutschen Grenze und an der Grenze zwischen Ost- und Westberlin die Grenzanlagen fast vollständig demontiert. Nichts sollte mehr an die Teilung erinnern. Nur wenige Grenzfragmente sind stehen geblieben oder wurden später rekonstruiert. Ein Beispiel dafür ist die nationale Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße in Berlin. Für das Denkmal wurde ein 70 Meter langes Teilstück der Grenzanlagen an die Bernauer Straße verbracht, weil die originale Grenzmauer, wie fast überall in Berlin, direkt nach der Wende abgerissen wurde.
Auch am Grünen Band stehen nur noch wenige Mauerstücke. Der berühmte kleine Ort Mödlareuth, der in der Mitte durch die deutsch-deutsche Grenze geteilt war, gehört zu den wenigen Orten, an denen man noch einen Eindruck von dem Grenzregime erhalten kann, wenn auch hier die Grenzartefakte räumlich zusammengeschoben wurden. Leider wurde es nach dem Fall der Mauer versäumt, einen großräumigen authentischen Ort zu erhalten, um auch nachfolgenden Generationen einen Eindruck der Monstrosität dieses Bauwerkes vermitteln zu können.
Das Grüne Band kann diese Versäumnisse nicht heilen, aber es kann in seiner Verbindung von Geschichte und Natur ein Gefühlsraum für die nachfolgenden Generationen sein. Wenn man über den ehemaligen Kolonnenweg läuft, im Gelände noch die Gräben vor den heute demontierten Absperranlagen sieht und gleichzeitig dieses Kleinod der Natur erlebt, kann man trefflich über die Dialektik nicht nur der damaligen Zeit nachdenken.
Am Grünen Band ist Zeitgeschichte unmittelbar erlebbar und Erinnerung möglich. Ein Ort auch für die kommenden Generationen, der an Demokratie, Freiheit und Frieden in unserem Land und in ganz Europa erinnert. Die Dialektik von Natur und Kultur ist die Stärke des Grünen Bandes, darum sollte das Grüne Band UNESCO- Weltkultur- und -naturerbe werden. Um dies zu erreichen, haben wir in Kooperation mit den BUND ein Büro eingerichtet, in dem drei Jahre lang zwei Mitarbeitende die notwendigen Vorbereitungen treffen werden, damit dies gelingen kann. Das Land Thüringen stellt die dafür notwendigen Mittel zur Verfügung. Danke dafür.
Das Thema Kultur und Natur ist für den Deutschen Kulturrat schon lange ein Schwerpunkt seiner Arbeit. Das vor wenigen Tagen der Klimaforscher Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber den Deutschen Kulturpolitikpreis 2024 erhielt, macht das einmal mehr deutlich. Auch unser Sammelband „Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit“ macht dies deutlich.
In diesem Sinne, lassen Sie uns öfter die Kultur und Natur gemeinsam denken.
Ihr
Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann
2. Deutscher Kulturpolitikpreis 2024
Am Mittwochabend hat der Deutsche Kulturrat den Deutschen Kulturpolitikpreis 2024 an Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber in der Staatsbibliothek zu Berlin verliehen. Mit der Auszeichnung wird der Klimaforscher für sein langjähriges, umfassendes und vielseitiges Engagement für Nachhaltigkeit und Klimaschutz gewürdigt.
Die Jury des Deutschen Kulturpolitikpreises hebt in ihrer Begründung Schellnhubers allgemeinverständliche Kommunikation der Klimafolgen und die daraus erfolgenden Wirkungen auf den Nachhaltigkeitsdiskurs hervor. Als hoch anerkannter Wissenschaftler sucht Hans Joachim Schellnhuber den Kontakt zu und Schulterschluss mit anderen Gesellschaftsgruppen – insbesondere auch dem Kulturbereich.
Mit der Wahl des diesjährigen Preisträgers des Deutschen Kulturpolitikpreises betont der Deutsche Kulturrat, dass Kultur und Nachhaltigkeit zusammen gehören – Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit.
Die Preisverleihung wurde durch den Generaldirektor der Staatsbibliothek zu Berlin Prof. Dr. Achim Bonte und den Präsidenten des Deutschen Kulturrates Prof. Christian Höppner eröffnet. Der Autor und Moderator Dr. Eckart von Hirschhausen hat die Laudatio auf den Preisträger gehalten.
3. Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit
In dem Sammelband „Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit“ gehen 37 Autorinnen und Autoren der Frage nach, wie der Kultur- und Naturbereich gemeinsam die 17 UN-Nachhaltigkeitsziele voranbringen können, die 2015 im Rahmen der Agenda 2030 verabschiedet wurden. Die Expertinnen und Experten aus Kultur, Umwelt- und Naturschutz, Gewerkschaften, Wirtschaft und Wissenschaft beleuchten die einzelnen UN-Nachhaltigkeitsziele aus ihrer jeweiligen Perspektive.
Olaf Zimmermann, Hubert Weiger (Hg.)
Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit
Wie der Kultur- und Naturbereich gemeinsam die UN-Nachhaltigkeitsziele voranbringen können
978-3-947308-40-8, 256 Seiten
- Hier geht es zum kostenfreien E-Book (PDF-Datei).
- Hier können Sie die gedruckte Ausgabe versandkostenfrei im Online-Shop des Deutschen Kulturrates für 22,80 Euro bestellen.
4. Ringen um den Rundfunkbeitrag
Gestern haben die Ministerpräsidenten in Berlin getagt, um ein neues Finanzierungsmodell für den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk zu beschließen. Der Rundfunkbeitrag wird vorerst nicht angehoben. Aus Sicht der Bundesländer soll er in den Jahren 2025 und 2026 nicht steigen, sondern bei 18,36 Euro bleiben. Das sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) nach der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin. Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten beschlossen in Berlin zudem Änderungen im Finanzierungsmodell, nach dem der Rundfunkbeitrag generell ermittelt wird. Dabei soll bei einer Erhöhung von unter 5 Prozent künftig nicht mehr wie bisher die Zustimmung aller 16 Landtage nötig sein. Dafür wird das sogenannte Widerspruchsmodell in Kraft gesetzt, bestätigte NRW-Medienminister Nathanael Liminski (CDU) der Nachrichtenagentur KNA. Dabei muss bei Erhöhungen unter 5 Prozent eine bestimmte Zahl von Ländern die geplante Beitragsanpassung ablehnen, damit sie nicht automatisch in Kraft tritt.
Noch vor der Sitzung der Länder sprachen Staatsminister Rainer Robra, Chef der Staatskanzlei und Minister für Kultur in Sachsen-Anhalt, Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien in Hamburg und ich mit kulturzeit. Unsere Prognosen haben sich bewahrheitet.
- Sehen Sie dazu den kulturzeit-Beitrag hier.
In der aktuellen Ausgabe von Politik & Kultur stand der „Staatsvertrag zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ im Fokus. Darin kommen Perspektiven aus Politik, Medien und Zivilgesellschaft zur Rundfunkreform zur Sprache. Die Beiträge finden Sie auf den Seiten 4-8.
- Die aktuelle Ausgabe 12/24-1/25 kann hier kostenfrei als PDF-Datei heruntergeladen werden.
5. Kulturpolitische (Weihnachts-)Geschenkideen
Mit seinen Publikationen stellt der Deutsche Kulturrat Inhalte und Schwerpunkte der eigenen Arbeit vor und liefert essentielle Grundlagen, weiterführende Informationen und kreative Anregungen für die Theorie und Praxis der Kulturpolitik. Hier finden Sie eine Auswahl der aktuellsten Erscheinungen. Weitere finden Sie hier.
Kunstfreiheit – Zehn Jahre Debatten in Politik & Kultur
Wie es um die Kunstfreiheit bestellt ist, diese Frage wird in Beiträgen von 107 Autorinnen und Autoren aus unterschiedlichen Perspektiven und in verschiedenen Dimensionen beleuchtet.
Der Band versammelt Beiträge aus zehn Jahren und vermittelt dadurch einen Eindruck von den unterschiedlichen Debatten und Akzentsetzungen zur grundgesetzlich verbrieften Kunstfreiheit.
978-3-947308-64-4, 320 Seiten, 20,80 Euro
Baustelle Geschlechtergerechtigkeit
Im aktuellen Report werden Daten zur Zahl der Erwerbstätigen im Arbeitsmarkt Kultur, dem Frauenanteil, dem Einkommen und dem Gender-Pay-Gap zusammengestellt und bewertet. Der Datenreport geht sowohl auf Soloselbstständige als auch auf abhängig Beschäftigte im Kulturbereich ein.
Der Datenreport schließt mit Vorschlägen der Autorin und des Autors ab, wie die Situation zu verbessern ist.
978-3-947308-36-1, 236 Seiten, 22,80 Euro
Mein kulturpolitisches Pflichtenheft
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, hat sein ganz persönliches kulturpolitisches Pflichtenheft vorgelegt, in dem er zeigt, welche Themen unter welchen Rahmenbedingungen die Arbeit auf der Kulturbaustelle heute bestimmen, oder bestimmen sollten.
Die Themenbereiche sind: Werte, Kunst, Medien, Handel, Bildung, Religion, Erinnerung, Digitales, Natur und Nachhaltigkeit.
978-3-947308-38-5, 216 Seiten, 19,80 Euro
6. Text der Woche: „Innenperspektive und Brückenbau: Die Alte Synagoge Essen, ein Haus jüdischer Kultur“ von Diana Matut
Die Alte Synagoge Essen ist ein kulturelles Kleinod. Als größte freistehende Synagoge nördlich der Alpen ist sie eines der bedeutsamsten Zeugnisse jüdischer materieller Kulturen in Europa. Würde man eine Biografie der Synagoge schreiben, so müsste man ihr wohl mindestens „vier Leben“ zusprechen.
Eingeweiht im Jahr 1913 diente sie bis zu ihrer Zerstörung einer großen, kaiserzeitlichen Gemeinde als Ort des Gebets, des Lernens und der Musik. Sie beherbergte die imposanteste Orgel Essens, für die durch den Kantor der Gemeinde eigens Werke komponiert wurden. 1.500 Menschen fanden im Hauptraum Platz, doch feierten darüber hinaus auch jüdische Migrantinnen und Migranten aus Osteuropa ihren Gottesdienst nach orthodoxem Ritus – in der kleinen, im Erdgeschoss gelegenen Wochentags-Synagoge.
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Diana Matut ist Direktorin der Alten Synagoge Essen