Rede von Olaf Zimmermann bei der Buchvorstellung von „Wachgeküsst – 20 Jahre neue Kulturpolitik des Bundes 1998 – 2018“

Sehr geehrte Frau Staatsministerin Grütters,
sehr geehrte Frau Professor Meerapfel,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Autorinnen und Autoren,

 

lassen Sie mich zuerst danken. Danken, dass die Buchvorstellung hier in den schönen Räumen der Akademie der Künste stattfinden kann. Vielen Dank an Sie, Frau Professor Meerapfel. Die Akademie der Künste ist geradezu ein Symbol für erfolgreiche Kulturpolitik des Bundes in den letzten 20 Jahren. Danken, dass das BKM die Mittel zur Verfügung gestellt hat, um dieses Buch erarbeiten und in dieser Gestaltung drucken zu können. Herzlichen Dank an Sie, Frau Staatsministerin Grütters. Danken, an die Autorinnen und Autoren, die mit ihren Beiträgen diesen Band erst möglich gemacht haben. Es war ein Ritt über den Bodensee und so manches Mal stand mir der Schweiß auf der Stirn, ob es klappen würde, ob alle Beiträge pünktlich eintreffen, ob alle sich an das vorgegebene Thema halten und ob die Beiträge nicht zu lang aber auch nicht zu kurz sind. All dies ist gelungen. Und es freut mich, dass so viele Autorinnen und Autoren meiner Bitte um einen Beitrag gefolgt sind. Und ich freue mich, hier so viele Autorinnen und Autoren heute hier begrüßen zu können. Stellvertretend für die mehr aus 70 Autorinnen und Autoren begrüße ich den ehemaligen Bundestagspräsident Wolfgang Thierse. Und danken möchte ich Ilja Wanka von 4S Design, der dieses Buch wie ich finde wundervoll gestaltet hat. Es ist eine Freude es anzufassen. Besonderer Dank an Gabriele Schulz, die die Redaktion des Buches in ihre bewährten ordneten Hände genommen hat. Ohne ihre Hilfe würde es das Buch nicht geben.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
20 Jahre sind eine lange Zeit. In Lebenszeit gerechnet ist es die Zeit von der Geburt bis zum Erwachsenwerden. Für mich sind die letzten 20 Jahre fast genau die Zeit, die ich Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates sein darf. Für mich war deshalb meine Einleitung in das Buch eine Gelegenheit, mich selbst an diese Zeit und damit an die letzten zwei Jahrzehnte Arbeit, zu erinnern, sie noch einmal einzuordnen und in einen Kontext zu setzen. Deshalb ist sie auch etwas lang geworden, ich hoffe sie werden mir das Nachsehen.

 

Lassen Sie mich zuerst zum Erinnern kommen. Mit dem Erinnern ist es ja so eine Sache: Was ist Erinnern, ist es das, was tatsächlich geschehen ist, ist es das, was die anderen gesagt haben, was geschehen ist, ist es das, was man sich selbst wünscht, was geschehen ist? Ich hätte bevor ich dieses Buch geplant und speziell die Einleitung geschrieben habe, Stein und Bein geschworen, dass der Deutsche Kulturrat bereits im Jahr 1997, kurz nach meinem Amtsantritt, als Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, den Beschluss gefasst hat, ein Bundeskulturministerium zu fordern. Ein Blick in die alten Dokumente förderte die Wahrheit zu Tage: Es war nicht 1997, sondern 1998 als das Thema Bündelung der kulturpolitischen Verantwortung des Bundes verstärkt beim Deutschen Kulturrat auf die Tagesordnung stand. Es war auch kein Bundeskulturministerium, sondern ein Beauftragter für Kultur und Medien, der von uns gefordert wurde. Und es war Oskar Lafontaine, der als Bundespolitiker unsere Forderung aufgenommen hatte.

 

Diese Anekdote zeigt zum einen, dass persönliche Erinnerung immer auch von Interpretationen geprägt ist. Sie belegt zum anderen, dass Erinnerung neben den Menschen, die sich erinnern, der Dokumente bedarf, die quasi geronnene Erinnerung sind. Dieses ist ein Plädoyer für die Arbeit von Bibliotheken, Archive, Museen und anderen Gedächtnisinstitutionen, deren Arbeit von großer Bedeutung ist. Und dies ist ein Plädoyer dafür wichtige Dokumente zu drucken. Die Arbeit an dem Buch hat gezeigt, dass selbst eine so kurze Geschichtsstrecke von 20 Jahren nur mit physischen Dokumenten sicher belegt werden kann. Viele wichtige Dokumente die nur im Netz vorhanden waren, sind schon jetzt unauffindbar und wohl oftmals verloren. Die Erinnerungskultur spielt darum nicht umsonst eine wichtige Rolle im Buch.

 

Ich freue mich sehr, dass die fünf Staatsministerinnen und Staatsminister in den 20 Jahren BKM – Michael Naumann, Julian Nida-Rümelin, Christina Weiss, Bernd Neumann und Monika Grütters – in Interviews sehr persönlich auf ihre jeweilige Amtszeit zurückgeblickt haben und Sie, liebe Frau Staatsministerin Grütters, auch nach vorne schauen und über die Vorhaben, die Sie sich für diese Wahlperiode vorgenommen haben, Auskunft geben. Ich finde, dass gerade diese persönlichen Interviews einen sehr guten Eindruck vermitteln, was den handelnden Personen jeweils wichtig war, welche Akzente gesetzt wurden, was in den eigenen Augen geglückt ist und welche Auseinandersetzungen besonders in der Erinnerung bleiben. Mein besonderer Dank geht an Hans Jessen, der die Interviews geführt hat.

 

Ganz besonders gefreut hat mich, dass der erste Abteilungsleiter des BKM, Knut Nevermann, Auskunft über den Aufbau der Behörde gegeben hat und Günter Winands, amtierender Amtschef des BKM, zurückgeblickt hat. Günter Winands hat dabei unter anderem die Föderalismuskommission und den Streit um die Fördertätigkeit des Bundes noch einmal Revue passieren lassen. Überhaupt ist es keine Selbstverständlich, dass Mitarbeiter einer Behörde in einem Buch über ihre Arbeit reflektieren. Dass so viele Mitarbeiter des BKM über ihre Arbeit Auskunft gegeben haben und dabei Entwicklungslinien über die 20 Jahre BKM ziehen, ist beachtlich.

 

Das Buch „Wachgeküsst“ ist aber keine Selbstbespiegelung des BKM. Es kommen in der Mehrzahl andere Autorinnen und Autoren zu Wort. Ein Dauerthema über die gesamten 20 Jahre war die Entwicklung des Urheberrechts, das an die digitale Welt angepasst werden musste. In diesem Kontext hat das BKM immer wieder die Stimme für die Urheber und die Verwerter künstlerischer Leistungen erhoben und ist damit ein wichtiger Partner für den Kulturbereich. Die Künstlersozialversicherung stand in den vergangenen Jahren so manches Mal im Kreuzfeuer, angefangen von der Absenkung des Bundeszuschusses im Jahr 1999 bis hin zur besseren Prüfung der Abgabepflichtigen. Einige Autorinnen und Autoren erinnern an das erste große Gesetzesvorhaben nach der Installierung des BKM, die Reform des Stiftungs- und des Stiftungssteuerrechts. 20 Jahre Kulturpolitik BKM, sind zugleich 20 Jahre Kulturpolitik im Deutschen Bundestag und 20 Jahre Kulturausschuss. Monika Griefahn blickt auf die Einrichtung des Kulturausschusses im Deutschen Bundestag 1998 zurück und Gitta Connemann ruft die wichtige und wertvolle Arbeit der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ in Erinnerung. Die aktuellen kulturpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen zeigen Gemeinsamkeiten und deutliche kulturpolitische Unterschiede auf. Die AfD, das wird im Beitrag ihres kulturpolitischen Sprechers deutlich, besteht auf eine sehr eigene Sicht der kulturpolitischen Welt. Hermann Parzinger, Harmut Dorgerloh, Günther Schauerte, Charlotte Sieben, Hans Gerhard Hannesen, Uwe Neumärker, Gilbert Lupfer, Matthias Weber und andere mehr geben einen Eindruck in die umfangreiche Kulturförderpolitik des BKM.

 

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