Demokratie braucht Demokraten

Volkshochschulen als demokratische Orte des Lernens

Drittens: Volkshochschulen sind offen für alle Bürgerinnen und Bürger, die sich einbringen wollen. Sie richten sich nicht an einen exklusiven Adressatenkreis. Die grundsätzliche Offenheit für Menschen aller sozialen Schichten und Einkommensgruppen, aller Milieus und Kulturen, für Menschen mit unterschiedlichen persönlichen Voraussetzungen und Meinungen ist wesentliches Merkmal der Arbeit der Volkshochschulen. Damit folgen sie dem demokratischen Anspruch, dass jeder als Bürger gleich viel zählt.

 

Viertens: Volkshochschulen sind Orte für den öffentlichen Austausch und auch für Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern. Mit diesem Anspruch wenden sich Volkshochschulen auch bewusst an die Öffentlichkeit, sie verstehen sich damit auch als Träger öffentlicher Debatten. Beispielhaft dafür stehen Bürgerdialoge, die in den vergangenen Jahren oftmals bundesweit koordiniert und im ganzen Land angeboten wurden. Aktuell bringen sich die Volkshochschulen in den europaweiten Bürgerdialog zur Zukunft Europas ein, der unter dem Motto „Sprechen wir über Europa“ bis zum Herbst 2018 stattfindet. Dabei laden Volkshochschulen als Partner der Bundesregierung in den kommenden Monaten Bürgerinnen und Bürger ein, sich auf der lokalen Ebene über die Zukunft Europas auszutauschen, eigene Erwartungen zu formulieren und Ideen einzubringen. Die Volkshochschulen verstehen sich dabei als Vermittler und Moderator zwischen Bürgern und Politik.

 

So leitend und traditionsbildend diese vier Grundideen sind, so klar ist auch: Politische Bildungsarbeit an Volkshochschulen ist einem ständigen Wandel unterworfen, sie ist immer in Bewegung und muss auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen reagieren. So bilden beispielsweise derzeit Themen wie der Klimawandel oder die gesellschaftspolitische Dimension der Digitalisierung einen Schwerpunkt des Programmbereichs Politik und Gesellschaft. Verstärkt gehört auch die Beschäftigung mit den globalen Zielen für nachhaltige Entwicklung, den sogenannten Sustainable Development Goals, und den damit verbundenen Themen wie Armut, Welternährung, globale Gerechtigkeit, Frieden und Menschenrechte dazu. In einer globalisierten Welt ist klar: Demokratische Bildung kann nicht an den eigenen Grenzen enden, es braucht zur Gestaltung einer guten Zukunft einen globalen Blick über die nationalen und europäischen Grenzen hinaus.

 

Volkshochschulen kooperieren dabei mit Universitäten, Nichtregierungsorganisationen oder lokalen Vereinen und Initiativen, um Bürgerinnen und Bürger mit Experten und politischen Entscheidungsträgern ins Gespräch zu bringen.

 

Ein besonderer Auftrag demokratischer Bildung ist für die Volkshochschulen in den vergangenen Jahren durch die vielen Menschen hinzugekommen, die aus welchen Gründen auch immer nach Deutschland zugewandert sind. Als Orte der Integration und der Wertevermittlung leisten die Volkshochschulen einen unschätzbaren Beitrag. Integration und Zusammenhalt können nur dann erfolgreich sein, wenn demokratische Regeln und gemeinsame Werte auf dem Boden unseres Grundgesetzes den Bezugspunkt für das Miteinander in unserem Land bilden.

 

Volkshochschulen als demokratische Orte des Lernens sind heute wichtiger denn je. In Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche und ausdifferenzierter Milieus, in Zeiten technologischen Fortschritts und kommunikativer Umwälzungen durch die sozialen Medien, in Zeiten einer immer weiter zusammenwachsenden Welt und neuer Herausforderungen demokratischer Gesellschaften braucht es mehr denn je Orte, die mit lebensbegleitender Bildung zur demokratischen Gestaltung unserer Gesellschaft beitragen. Dies ist der bleibende Auftrag der Volkshochschulen: Demokraten stärken, um die Demokratie zu stärken.

 

Der Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 04/2018.

Annegret Kramp-Karrenbauer
Annegret Kramp-Karrenbauer ist Präsidentin des Deutschen Volkshochschul-Verbandes e.V.
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