Neuer Bundestag, neue Bundesregierung

Worauf es jetzt ankommen wird

 

Das Nachhaltigkeitsthema stärker aus kultureller Perspektive zu beleuchten zählt dazu. Dazu gehört einerseits z.B. die Kompetenz aus Architektur, Stadtplanung und Design stärker als Kulturkompetenz wahrzunehmen und andererseits Natur und Kultur weniger als Gegensatz als vielmehr aufeinander bezogen zu begreifen. Der Deutsche Kulturrat wird diese Fragen in der neu gegründeten adhoc-AG Nachhaltigkeit und in Zusammenarbeit mit anderen Verbänden wie dem BUND und dem Deutschen Naturschutzring debattieren.
In den Antworten der Parteien auf die Forderungen des Deutschen Kulturrates zur Bundestagswahl 2017 nahm das Thema Digitalisierung breiten Raum ein. Mit der FDP und Bündnis 90/Die Grünen werden zwei Parteien voraussichtlich der Regierung angehören, die sich dieses Thema schon lange auf die Fahnen geschrieben haben. Es wird nun darauf ankommen, zu verdeutlichen, dass Digitalisierung mehr als Breitbandausbau ist. Die Digitalisierung verändert unsere Gesellschaft grundlegend. Bereits seit einigen Jahrzehnten findet diese zweite industrielle Revolution statt, die massive Auswirkungen auf die Arbeitswelt, auf die Medien, auf den Handel und anderes mehr hat. Einige Kulturbranchen haben die Umbrüche durch die Digitalisierung in den letzten Jahrzehnten existentiell erfahren. Bestehende Märkte und Verbreitungswege haben sich tiefgreifend verändert, Arbeitsplätze gingen verloren. Auch wenn in einigen Branchen von einer Stabilisierung gesprochen werden kann, sind die Umbruchprozesse noch mitten im Gange. Ablesbar ist dies unter anderem am erbitterten Kampf um die Präsenz von Inhalten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten im Netz.

 

Der neue Deutsche Bundestag muss sich dieses Themas annehmen. Leider hat sich die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“, die in der 17. Wahlperiode arbeitete, zwar viel vorgenommen, aber wenig konkrete konsensfähige Handlungsempfehlungen auf den Tisch gelegt. Der Deutsche Kulturrat wird in einer eigens eingerichteten adhoc-AG Digitalisierung eigene Vorschläge erarbeiten, was aus Sicht der Kulturverbände jetzt angegangen werden soll. Dabei kann auf eine Fülle an Stellungnahmen und Positionspapieren zurückgegriffen werden, die von den Fachausschüssen des Deutschen Kulturrates in den letzten Jahren vorbereitet und vom Sprecherrat verabschiedet wurden.

 

Im Mai dieses Jahres hat die Initiative kulturelle Integration ihre 15 Thesen zum Zusammenhalt in Vielfalt vorgelegt. Der Deutsche Kulturrat hat diesen Prozess initiiert und moderiert. Diese 15 Thesen wurden von einem breiten Bündnis von Institutionen, Organisationen und Verbänden erarbeitet. In der Präambel stellen die Mitglieder der Initiative kulturelle Integration heraus: „Integration betrifft alle Menschen in Deutschland. Gesellschaftlicher Zusammenhalt kann weder verordnet werden, noch ist er allein eine Aufgabe der Politik. Vielmehr können alle hier lebenden Menschen dazu beitragen. Deutschland ist ein vielfältiges Land. Seit Jahrhunderten leben hier Menschen aus vielen unterschiedlichen Ländern. Die Mehrzahl derjenigen, die aus dem Ausland nach Deutschland gekommen sind, fühlt sich hier zuhause, viele sind inzwischen Deutsche. Mit Solidarität haben Gesellschaft und Politik auf die Ankunft vieler Geflüchteter reagiert. Solidarität gehört zu den Grundprinzipien unseres Zusammenlebens. Sie zeigt sich im Verständnis untereinander und in der Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse anderer – wir treten für eine solidarische Gesellschaft ein.“

 

Mit der Vorlage der 15 Thesen endet die Arbeit der Initiative kulturelle Integration nicht. Es finden in den nächsten Monaten Veranstaltungen und Diskussionen statt, in denen die Thesen zur Diskussion gestellt werden.
Die kulturelle Bildung hat in den letzten Jahren eine verstärkte Aufmerksamkeit erhalten. Sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene wurden Programme an den Start gebracht, um die kulturelle Bildung insbesondere von Kindern und Jugendlichen zu stärken und mehr Kinder und Jugendliche zu erreichen.

 

Politische Bildung stand weniger im Rampenlicht, hier schien das Wichtigste erledigt zu sein. Die aktuellen Debatten und nicht nur das Ergebnis der Bundestagswahl haben gezeigt, dass dies ein Trugschluss war. Die politische Bildung sollte daher stärker mit der kulturellen Bildung verzahnt werden und neben Kindern und Jugendlichen auch Erwachsene in den Blick nehmen. Eine Vielzahl von Akteuren wie Volkshochschulen, Museen, Erinnerungsorte, Bibliotheken, soziokulturelle Zentren, Theater und andere mehr leisten hier auch in der Fläche bemerkenswerte Arbeit. Diese weiter zu stärken, strukturell jenseits von Projekten zu sichern und weiterzuentwickeln, wird die Aufgabe der Zukunft sein. Im kommenden Jahr findet nicht nur das Europäische Kulturerbejahr statt, es wird auch an das Ende des Ersten Weltkriegs zu erinnern sein. Im Jahr 2019 kann an 100 Jahre Weimarer Verfassung, 70 Jahre Gründung der Bundesrepublik und der DDR und 30 Jahre Mauerfall erinnert werden. An den letztgenannten Jubiläen wird sich zeigen, ob ein gemeinsames Narrativ des vereinten Einwanderungslands Deutschland bereits entstanden ist. Der Deutsche Kulturrat wird sich in diese Diskussionen einmischen.

 

Neben diesen herausgegriffenen Themen werden weitere von Bedeutung sein wie die soziale Sicherung von Künstlern, Fragen der Geschlechtergerechtigkeit im Kultur- und Medienbetrieb, der Kultur im ländlichen Raum, ein kulturfreundliches Steuerrecht, ein adäquates Urheberrecht, Fragen der Medienregulierung und vieles andere mehr. Es liegt viel Arbeit vor uns. Lassen Sie uns beginnen!

Olaf Zimmermann & Gabriele Schulz
Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Gabriele Schulz ist Stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Kulturrates.
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