Klima: „Fridays for Future“ fordert grundlegenden kulturellen Wandel

Das geplante Museum der Moderne muss ein Vorzeigeprojekt beim Klimaschutz werden

Die Bundesregierung kann durch ihre Zuwendungspraxis durchaus Türen öffnen. Wie wäre es damit, zusätzliche Mittel zur Verfügung zu stellen, damit geförderte Institutionen ihre Klimabilanz verbessern? Wie wäre es damit, diejenigen zu belohnen, die in das Klima investieren?

 

Und die Bundesregierung sollte selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Dazu gehört beispielsweise den Pendelverkehr zwischen Bonn und Berlin endlich einzustellen. Wenn am Standort Bonn festgehalten werden soll, muss der Austausch ohne Flugverkehr gelingen. Das wäre ein echter Beitrag für ein besseres Klima. Und natürlich muss der Bund auch mit gutem Beispiel bei seinen eigenen Bauten vorangehen. In Berlin soll das Museum der Moderne gebaut werden. An einem prominenten Ort zur Abrundung des Kulturforums in der Nähe des Potsdamer Platzes soll ein Museum für zeitgenössische Kunst entstehen, in dem unter anderem die Sammlung Marx gezeigt werden soll. Glaubwürdige Klimapolitik wäre, wenn dieses neue Gebäude ästhetischen Anforderungen und Anforderungen an klimagerechtes Bauen gerecht würde. Die derzeitigen Planungen lassen dies allerdings nicht erkennen. Hier kann die Bundesregierung noch vor der geplanten Grundsteinlegung in diesem Jahr ein Zeichen setzen, dass sie es ernst meint mit der Nachhaltigkeit.

 

Die eigentliche Herausforderung besteht auch für jeden Einzelnen. Die ehrgeizigen Klimaziele werden nur zu erreichen sein, wenn sich jeder an seine eigene Nase fasst und überlegt, was der eigene Beitrag sein kann. Muss es der Wochenendtrip mit dem Flugzeug sein, weil er nur so aufgrund der Entfernung zu realisieren und auch so preiswert ist? Muss es tatsächlich ein eigenes Auto sein oder ist der gut ausgebaute öffentliche Nahverkehr zumindest in den Metropolregionen nicht eine Alternative? Muss ständig mit der Mode gegangen werden oder tut es auch noch die Kleidung vom Vorjahr? Das ist ein grundlegender kultureller Wandel, weg von der Wachstumslogik hin zu mehr Nachhaltigkeit.

 

Vieles, was heute diskutiert wird, ist nicht neu. Es nur dringlicher geworden, etwas zu unternehmen. Bereits im Jahr 1972 erschien der Bericht des Club of Rome „Die Grenzen des Wachstums“. Renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Ökonomen mahnten tiefgreifende Veränderungen, um der Umweltverschmutzung entgegen zu treten. Im Jahr 1980 erschien „Global 2000“ eine vom damaligen US-Präsident Jimmy Carter in Auftrag gegebene Studie und in der ebenfalls aufgezeigt wurde, dass dringende Veränderungen vonnöten sind. Von drohenden Klimaveränderungen war in beiden Untersuchungen bereits die Rede. Seither sind viele Studien erschienen. In der Wissenschaft herrscht weitgehende Einigkeit, dass der Klimawandel menschengemacht ist und dass eine Veränderung unseres Wirtschaftens und Lebens dringend erforderlich ist, um ihm entgegenzutreten. Dies erfordert politische Weichenstellungen ebenso wie Handlungs- und Haltungsänderungen jedes Einzelnen.

 

Ja, das Klimapaket ist vielleicht nur ein „Klimapaketchen“. Aber die Gesetzesarbeit steht erst noch an und ebenso die parlamentarischen Beratungen im Deutschen Bundestag. Die Länder können über den Bundesrat noch Änderungen am Gesetzespaket einbringen und es damit verbessern. Bund und Länder können in den nächsten Monaten zeigen, dass es ihnen ernst ist mit mehr Klimaschutz, dass sie den erforderlichen kulturellen Wandel verstanden haben. Und wir werden im Schulterschluss mit den Umweltverbänden ebenfalls heftig Druck machen.

 

Und jeder Einzelne kann mit seinen Konsumentscheidungen und seinem Lebensstil dazu beitragen, dass Veränderungen schneller vonstattengehen. Wirtschaftliche Impulse müssen nicht nur vom Staat ausgehen, auch die Bürgerinnen und Bürger sind gefragt.

 

Den jungen Menschen von „Fridays for Future“ haben wir es zu verdanken, dass die notwendigen Fragen jetzt endlich weltweit offensiv gestellt werden. Wir sollten jetzt gemeinsam, die richtigen Antworten geben.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 10/2019.

Olaf Zimmermann & Gabriele Schulz
Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Gabriele Schulz ist Stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Kulturrates.
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