Der Kunstmarkt, die Galerien und ihr Verband

Rolle und Aufgaben des Bundesverbandes Deutscher Galerien

In der Pandemie erhalten Galerien erstmals eine Bundesförderung. 16 Millionen Euro sind im Rahmen von NEUSTART KULTUR für Ausstellungsprojekte mit zeitgenössischen Künstlern vorgesehen. Steilvorlage war ein Konzept des BVDG und seiner Mitstreiter. Die Buch- und Verlagsbranche und insbesondere die deutsche Filmindustrie kommen schon seit Jahren in den Genuss erheblicher Geldsegen aus dem Etat der Beauftragten für Kultur und Medien. Für den Galerienmarkt gibt es also viel Luft nach oben.

 

Das Förderprogramm erlöst die Galerien jedoch nicht von einer Vielzahl gesetzlicher Rahmenbedingungen, die ihr Gedeihen seit Jahren beeinträchtigen. An vorderster Stelle steht das eklatante Missverhältnis der Umsatzbesteuerung von Verkäufen durch den Künstler einerseits (ermäßigt: 7 %) und den Galeristen andererseits (nicht ermäßigt: 19 %). Entgegen einer eindeutigen Aussage in ihrem Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung dieses Problem bislang nicht behoben.

 

Weil sie zum Einzelhandel zählen, bleiben Galerien im „Lockdown Vol. 2“ weiterhin geöffnet. Die Präsentationsform einer Ausstellung in meist großzügigen Räumen rückt Galerien in die Nähe von Kunstvereinen und Museen, die in diesem Herbst fatalerweise schließen mussten – obwohl Distanz zum Habitus eines jeden Ausstellerbesuchers schon lange vor Corona gehört. Ausstellungen zu planen, ist keine Ad-hoc-Angelegenheit, sondern ein komplexes Unterfangen, in dem viele Rädchen ineinanderspielen. Aus dem Shutdown im Frühjahr war zu lernen, dass ein Reset ungleich schwieriger ist als das Dichtmachen – das gilt für Restaurants, Sportvereine, Bühnen und eben auch für Kunstinstitutionen.

 

Wenigstens in Galerien können bildende Künstler also weiterhin ausstellen – sofern sie eine haben. Nur ein Bruchteil von ihnen kann sinnvoll von Galerien vertreten werden. Denn Galerien haben kein Sortiment, sondern ein Programm. Der Cut der Ausstellungsmöglichkeiten in Institutionen und auf Kunstmessen hat ein Vakuum hinterlassen, das zwar durch virtuelle Formate wie Viewing Rooms kreativ gefüllt, aber nicht wirklich ersetzt werden kann. Kultur entfaltet ihre Bindungskraft wesentlich in physisch erlebbaren Räumen und durch die hier stattfindende (in)direkte Kommunikation. Kunstmessen sind für den Markt deshalb wichtig, weil Galerien hier – mit hohem finanziellem und persönlichem Einsatz – neue Kontakte zu Kunstinteressenten knüpfen können.

 

Der Sensationshunger der Medien auf Millionenverkäufe, die im deutschen Kunstmarkt eine Ausnahme sind, ist in Corona-Zeiten der Frage nach Insolvenzen gewichen. Glücklicherweise gibt es pandemiebedingt – noch – keine. Wir wünschen uns, dass die Medien und die Politik genauer hinschauen und nicht stets repetieren, was sie über diesen diffizilen Markt zu wissen glauben. Schluss mit den Projektionen, die so viel Schaden angerichtet haben, zuletzt die beispiellose Unterstellung der Anfälligkeit des Kunstmarktes für illegale Transaktionen im neuen Geldwäschegesetz.

 

Das Gegenbild zum Kunstmarkt ist das Museum. Dort ist die Kunst dem Markt entzogen. Aber es gibt kaum ein Werk in einem Museum, das nicht über den Markt dorthin gelangt ist. Auch das interesselose Wohlgefallen der Kunstbetrachtung im Museum bedeutet nicht, dass es außerhalb der Ökonomie steht. Denn jedes Museum in einer zivilen Gesellschaft verdankt sich und seinen Etat der Tatsache, dass es Steuerzahler gibt, die im Wirtschaftsleben eingebunden sind. Gerade die Pandemie hat drastisch vor Augen geführt, dass eine funktionierende Ökonomie die Voraussetzung für das soziale und kulturelle Leben ist.

 

Die größte Ehrerbietung, die man einem Kunstwerk erweisen kann, ist, mit ihm leben zu wollen, es zu kaufen. Aber in Deutschland herrscht traditionell eine diffuse Abwehr gegenüber der Kombination von Kunst und Kommerz. So gilt der Galerist stets als Gewinner, der Künstler per se als schutzbedürftig. Diese Dichotomie hat dazu geführt, dass Regelungen im Urheber- und Sozialrecht und insbesondere im Steuerrecht stets zulasten des Kunstmarktes gehen. Die Kulturpolitik hat bislang keine Anstalten unternommen, die Rahmenbedingungen des deutschen Kunstmarktes zu verbessern. Das sollte sich ändern. Wir lassen nicht locker.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 12/2020-01/2021.

Kristian Jarmuschek und Birgit Maria Sturm
Kristian Jarmuschek ist Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Galerien und Kunsthändler. Birgit Maria Sturm ist Geschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Galerien und Kunsthändler.
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