Langer Atem

Die Zukunft des Games-Standort Deutschland

Was lange währt, wird endlich gut – so ähnlich könnte man den Start in die neue Legislaturperiode für die deutsche Games-Branche zusammenfassen. Auch wenn die Regierungsbildung mehr Zeit in Anspruch genommen hat, als jemals zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, ist der dabei entstandene Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD für die Games-Branche ein wichtiger Meilenstein: Erstmals wird in dem Programm die Förderung der Games-Entwicklung genannt. Um zu international deutlich erfolgreicheren Produktionsstandorten aufzuschließen, wird die Einführung eines Fonds in Aussicht gestellt. Doch damit nicht genug: Auch das Thema eSports fand seinen Weg in das Regierungsprogramm. War der digitale Sport bei der vorherigen Regierungsbildung vor vier Jahren noch ein Nischenthema, hat es sich insbesondere in den vergangenen zwei Jahren zu einem wichtigen Trend entwickelt. Und so ist es nur folgerichtig, wenn eSports nicht nur als Sportart anerkannt werden soll, sondern im Regierungsprogramm auch direkt von einer olympischen Perspektive gesprochen wird.

 

Der Start in die neue Legislaturperiode war für die deutsche Games-Branche auch aus anderer Perspektive ereignisreich: Ende Januar, als CDU, CSU und SPD noch miteinander rangen, schlossen sich die beiden Verbände der Games-Branche in Deutschland zusammen. Mit dem neuen game ist ein Verband entstanden, der alle Akteure der deutschen Games-Branche vertritt – vom Spiele-Entwickler und Publisher über eSports-Veranstalter und Hochschulen bis zu Dienstleistern und weiteren Akteuren. Der game ist nicht nur Träger der gamescom, dem weltgrößten Event rund um Computer- und Videospiele, sondern auch Gesellschafter der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) und der Stiftung Digitale Spielekultur. Das Konzept des gemeinsamen Verbandes fand dabei nicht nur in der Games-Branche viel Zuspruch – über 200 Unternehmen sind von Anfang an Mitglied im game –, sondern auch darüber hinaus. Ob direkt aus der Politik, von anderen Verbänden oder aus der internationalen Games-Branche – uns erreichten von überall zahlreiche Glückwünsche! Die deutsche Games-Branche startet daher deutlich gestärkt in die neue Legislaturperiode. Hinzu kommt: Dorothee Bär, frischgebackene Staatsministerin für Digitalisierung im Bundeskanzleramt, gab während der Gala des Deutschen Computerspielpreises bekannt, dass sie in der neuen Regierung für alle Games-Themen zuständig ist. Damit ist eine ausgewiesene Digital- und Games-Expertin in den kommenden Jahren die Verantwortliche für Games in der Bundesregierung.

 

An erster Stelle unserer Agenda für die neue Legislaturperiode steht die Einführung der Games-Förderung in Deutschland. Ob Frankreich, Großbritannien oder Kanada – international haben viele Länder ihre heimische Games-Branche systematisch unterstützt. Die Folgen sehen wir heute beim Blick auf die Verkaufscharts: Spiele aus Deutschland finden sich weder in Deutschland noch international auf den vorderen Rängen. Der Anteil deutscher Spieleentwicklungen auf dem heimischen Markt befindet sich bereits seit Jahren im mittleren einstelligen Prozentbereich. Wesentlicher Grund für diese Entwicklung sind die schwierigen Finanzierungsbedingungen in Deutschland. Durch die zielgerichtete Unterstützung der Games-Entwickler in anderen Ländern, sind Spiele-Produktionen in Deutschland um bis zu 30 Prozent teurer als andernorts. Diese Wettbewerbsnachteile müssen wir dringend abbauen. Denn die Folgen dieser Fehlentwicklung sind gravierend: Deutschland spielt kaum eine Rolle auf dem weltweiten Games-Markt, der bereits seit vielen Jahren sehr dynamisch wächst und andere Kultur- und Kreativbranchen längst hinter sich gelassen hat. Doch nicht nur wirtschaftlich sind die Schäden immens: Computer- und Videospiele haben sich längst zu einem kulturell prägenden Medium entwickelt – leider jedoch ohne deutsche Beteiligung. Das muss sich schnellstmöglich ändern! Zumal die Innovationen der Games-Branche und ihre Fachkräfte auch in vielen anderen Wirtschaftsbereichen dringend gebraucht werden.

 

Die Gefahr ist groß, dass wir weiter den Anschluss an den internationalen Games-Markt verlieren, wenn die Förderung auf Bundesebene nicht zeitnah eingeführt wird. Daher haben wir bereits wenige Wochen nach unserem Zusammenschluss zum game und nach Verabschiedung des Regierungsprogramms ein konkretes Modell für einen Games-Fonds präsentiert. Den „Deutschen Games-Fonds“ haben wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern sowie EU-Beihilfe- und Förderrechtsexperten entwickelt. Kern des Vorschlags ist ein Fonds in Höhe von zunächst 50 Millionen Euro jährlich, dessen Zuschüsse automatisiert nach einem festen Mechanismus vergeben werden sollen. Mit dem Fonds soll die Entwicklung von Prototypen und Produktionen kleiner, mittlerer und großer Entwicklungsstudios gleichermaßen unterstützt werden. Unser Modell ist einfach, transparent und planbar; der Mechanismus ist mit europäischen Standards kompatibel. Es bildet die Grundlage, Deutschland zu einem international starken und innovativen Standort für die Spieleentwicklung zu machen.

 

Von einer Umsetzung des „Deutschen Games-Fonds“ profitiert nicht nur der Games-Standort Deutschland, sondern sogar der Finanzminister. Ein Blick nach Frankreich zeigt, welche volkswirtschaftlichen Hebelwirkungen durch die gezielte Förderung möglich sind: Für jeden Förder-Euro werden zusätzliche 1,80 Euro an Steuern sowie weitere acht Euro an Investitionen generiert. Für das Modell des „Deutschen Games-Fonds“ in Höhe von 50 Millionen Euro würde dies ein erhöhtes Steueraufkommen von 90 Millionen Euro sowie zusätzliche Investitionen in Höhe von 400 Millionen Euro bedeuten.

Felix Falk
Felix Falk ist Geschäftsführer des Game e.V.
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