In der Nachhaltigkeits-Agenda der UNESCO spielt Bildung eine wichtige Rolle. Auch in den deutschen UNESCO-Modellschulen finden sich Ziele wie „Partizipation“, „Aktivierung der Schülerinnen und Schüler“, „Erfahrungslernen“ an zentraler Stelle. Zu den wichtigsten Herausforderungen im globalen Nachhaltigkeitsziel Nr. 4 „Bildung“ der UN-Agenda 2030 für Deutschland zählen: Allen Frauen und Männern einen gleichberechtigten und bezahlbaren Zugang zu hochwertiger beruflicher und akademischer Bildung ermöglichen. Dies gilt insbesondere für benachteiligte Menschen. Das Bildungsziel der Agenda 2030 in einem Satz: „Bis 2030 für alle Menschen inklusive, chancengerechte und hochwertige Bildung sicherstellen.“
Prof. Dr. Maaz vom DIPF weist 2017 auf die Fortschritte im deutschen Bildungswesen hin, das zunehmend mehr junge Menschen zu Bildungsabschlüssen führt, aber er benennt auch klar, was im Bildungsbericht 2016 herauskommt: Der Bildungserfolg in Deutschland ist nach wie vor stark von der sozialen Herkunft und von massiven regionalen Unterschieden geprägt. Sozial Benachteiligte können weniger an Schulbildung partizipieren und erwerben weniger Kompetenzen. Punktuelle und regionale Verbesserungen wirken sich zu wenig auf das gesamte Bildungssystem aus.
Dies können wir aus der Erfahrung der kulturellen Bildung ganz besonders bestätigen, wo von Kommunen über die Länder bis hin zu Bundesprojekten auf eine Vielfalt von Projekten und Programmen gesetzt wird, oft mit Unterstützung von privaten Stiftungen, die keine systemische Auswirkung auf die Schulorganisation haben, während auf der anderen Seite viel Unterricht in Musik und Kunst ausfällt und es einen eklatanten Lehrermangel gibt. Wir haben viele gute Modelle, aber die Kultusministerien stellen weder die nötigen Ressourcen noch bemühen sie sich, die erfolgreichen Modelle auf alle Schulen zu übertragen. Das gilt zum Beispiel für das „Kultur-Agenten“-Programm, die hessischen „Kulturschulen“ oder auch die 100 UNESCO-Projektschulen in Deutschland.
Um beim Beispiel der UNESCO-Modell-Schulen zu bleiben: Es ist interessant, dass in den aktuellen Berichten über diese Schulen die digitale Bildung überhaupt keine Rolle spielt und nicht einmal als Begriff auftaucht. Benannt werden Erfahrungslernen, Austauschprogramme und diverse Bereiche des „nachhaltigen Lernens“, Gleichberechtigung und partizipatives und flexibles Lernen. Beim „flexiblen Lernen“ könnten digitale Bildungsformen eine positive Bedeutung erhalten, werden aber nicht genannt. Der Fokus von Bildung liegt offensichtlich immer noch und m.E. glücklicherweise auf der personalen analogen Kommunikation zwischen Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern bzw. zwischen den Menschen in diesen Lerngruppen. Das wirkt sich natürlich auch auf die Lehrerausbildung im Fach Theater aus.
Die o.a. Ausbildungsinstitutionen für Lehrkräfte betonen, dass ihr Schwerpunkt weiterhin bei der Vermittlung und praktischen Erprobung von Spielen, Übungen und Verfahren liegt, die eine Theaterlehrkraft braucht, um eine Gruppe vom Kennenlernen und Vertrauen entwickeln über die Themenfindung und die Vermittlung und Erprobung von Theatertechniken und auch -theorien in vielen unterschiedlichen Schritten bis zu einer öffentlichen Theateraufführung zu führen. Diese Institutionen betonen aber auch, dass sie über eine Veränderung ihrer Ausbildungskonzepte nachdenken und dabei die Erfordernisse und Bedingungen der „Digitalisierung“ berücksichtigen wollen.
Nicht untypisch ist daher die Aussage einiger Weiterbildungsinstitute, durch die Entwicklung der digitalen Medien habe sich bisher nicht ausdrücklich und konzeptionell etwas in der Ausbildung geändert, d.h. das Thema wird bisher nicht ausdrücklich als ein Extrapunkt mitgedacht und systematisch eingebracht; es fließt eher nebenbei durch Fragestellungen oder Erwähnung am Rande mit ein. Die ständige Präsenz digitaler Kommunikation in Schülergruppen, sowohl im Umgang mit Störungen als auch als Chancen, wird in den Seminaren nur nach entsprechenden Fragestellungen der Teilnehmenden behandelt.
In Schleswig-Holstein werden laut der Programmleiterin Susanne Oehmsen vom Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen digitale Medien nur sehr begrenzt in die Weiterbildung integriert, doch im Fach Darstellendes Spiel/Gestalten für die Sekundarstufe I wird im letzten der jeweils vier fünftägigen Kurse mit „medial orientiertem Gestalten“ ein Schwerpunkt gesetzt. Darin geht es um Video- und Audio-Aufnahmen sowie entsprechende Schnitttechniken, die die Lehrkräfte später im Unterricht anwenden und vermitteln können. In der Weiterbildung für die gymnasiale Oberstufe wird bislang nur auf Audioschnittprogramme Bezug genommen. Auf keinen Fall aber werden praktische Workshops durch digitale Workshops ersetzt. Das staatliche Weiterbildungs-Institut hat inzwischen aber schon ein Papier für den Einsatz von Medien im DS-Unterricht erstellt, das unter Bezug auf zentrale didaktische Fragen des Theaterunterrichts viele unterschiedliche Möglichkeiten zeigt, digitale Medien und Kommunikation zu nutzen.