Kultur in der Stadt

Chancen für Weiterentwicklung der Stadtkultur

Auswirkungen der Corona-Pandemie

 

Die Corona-Pandemie hat gravierende Folgen für die Kultur. Es ist ungewiss, wann der Kulturbetrieb seine Aktivitäten wieder aufnehmen kann. Es steht zu vermuten, dass die Beeinträchtigungen auch in diesem gerade begonnenen Jahr zunächst fortbestehen oder sogar weiter verschärft werden müssen. Viele Kulturschaffende und Kultureinrichtungen sind damit in gravierender und andauernder Weise von den sozialen und wirtschaftlichen Folgen dieses kulturellen Stillstands betroffen. Die kulturelle Infrastruktur ist gefährdet und droht in Teilen wegzubrechen: Freischaffende Künstlerinnen und Künstler, die gemeinnützigen und intermediären Zusammenschlüsse und Einrichtungen und auch die öffentlich getragenen Kulturinstitutionen wie Theater, Museen, Bibliotheken etc. sind davon betroffen. Die freie und privatwirtschaftlich getragene Kunst- und Kulturszene muss sich aktiv mit der drohenden Schließung von Häusern auseinandersetzen. Freischaffende Künstlerinnen und Künstler sind in ihrer Existenz gefährdet. Bund, Länder und Kommunen sind bestrebt, mit Nothilfen und Unterstützungsmaßnahmen die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Kulturbereich abzumildern und die kulturelle Infrastruktur sowie die Kulturschaffenden zu unterstützen. Die Städte bekennen sich gemeinsam mit Bund und Ländern zu ihrer Verantwortung für den Erhalt der kulturellen Infrastruktur vor Ort. Sie unterstützen die freie und private kulturelle Szene vor allem dort, wo andere Hilfsprogramme nicht greifen. So werden Fördermittel fortgezahlt, Raummieten erlassen oder gestundet, Ausfallhonorare gezahlt oder neue Leistungen entwickelt und gefördert. Gleichzeitig stehen aber auch zahlreiche kommunale kulturelle Einrichtungen vor ungelösten finanziellen und organisatorischen Problemen, die ebenfalls bewältigt werden müssen. Angesichts des Fortdauerns der Pandemie und der Unklarheit über die Perspektiven erscheint es mehr denn je erforderlich, nicht nur über kurzfristige Hilfsmaßnahmen nachzudenken, sondern auch längerfristig ausgerichtete Konzepte zu entwickeln, wie Kultur baldmöglichst schrittweise wieder geöffnet und für die Zeit nach der Pandemie gesichert werden kann.

 

Perspektiven

 

Neben der finanziellen Unterstützung ist die wichtigste Maßnahme, Kultureinrichtungen und Kulturschaffenden die Wiederaufnahme ihres künstlerischen und wirtschaftlichen Betriebes und damit quasi einen Re-Start des städtischen Lebens zu ermöglichen. Das Tempo dabei wird sicherlich von der Entwicklung des Infektionsgeschehens abhängen. Gleichwohl erscheint es wichtig, bereits jetzt Szenarien für eine stufenweise Öffnung des Kulturbetriebes zu erarbeiten. Der von der Kultur-Ministerkonferenz dazu eingeleitete Diskussionsprozess, an dem auch kommunale Spitzenverbände beteiligt sind, ist vor diesem Hintergrund zu begrüßen und sollte fortgesetzt werden.

 

Die öffentlichen Haushalte aller staatlichen Ebenen und damit auch der Kommunen sind durch die finanziellen Unterstützungsleistungen, zusätzliche pandemiebedingte Ausgaben, aber auch durch Steuerausfälle erheblich belastet worden. Neue Schulden mussten aufgenommen werden. Bei vielen kulturellen Einrichtungen und Kulturschaffenden besteht daher die begründete Befürchtung, dass es nach der Pandemie zu Einschnitten kommen könnte, die dann insbesondere die Kultur betreffen. Angesichts des hohen Anteils der Kommunen an der Kulturfinanzierung werden insbesondere bei der kommunalen Kulturförderung in diesem vermeintlich „freiwilligen“ Bereich Kürzungen befürchtet. Diese müssen unbedingt vermieden werden. Dafür wird entscheidend sein, dass Bund und Länder für eine aufgabengerechte Kommunalfinanzierung Sorge tragen. Der Bund hat eine Kompensation der Gewerbesteuerausfälle für das Jahr 2020 sowie eine dauerhaft wirksame höhere Beteiligung bei den Sozialkosten zugesagt. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen, muss aber auch für 2021 fortgesetzt werden, um die kommunalen Haushalte stabil zu halten und eine Kulturförderung zumindest im bisherigen Umfang zu ermöglichen. Der Deutsche Städtetag setzt sich gerade mit Blick auf die Kultur nachdrücklich dafür ein.

 

Schließlich ist festzustellen, dass die Krise – neben allen Problemen – auch positive Effekte hat: Zum einen ist die Wertschätzung für Kunst und Kultur als unverzichtbarer Teil des gesellschaftlichen Lebens bei den Menschen und auch in der Politik deutlich geworden und gestiegen. Es steht zu hoffen, dass dies auch bei der zukünftigen Aufstellung von Haushalten und Finanzzuweisungen für die Kultur im Bewusstsein bleibt. Zum anderen hat die durch die beiden Lockdowns erzwungene Isolation im Kulturbereich zu einem Innovationsschub geführt. Digitale Formate, kreative und partizipative Angebote entwickeln sich dynamisch in den Städten und Quartieren vor Ort. Auch wenn digitale Formate nicht das analoge Kulturleben ersetzen können, ergeben sich daraus Chancen für die Zukunft. Diese Erfahrungen und Erkenntnisse müssen ausgewertet und für die Weiterentwicklung von Kunst und Kultur in den Städten genutzt werden. Dann könnte die Krise zumindest teilweise auch als Chance für die Weiterentwicklung der Stadtkultur genutzt werden.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 2/2021.

Klaus Hebborn
Klaus Hebborn ist Kulturdezernent des Deutschen Städtetages.
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