„Alt wie ein Baum“, „Am Fenster“, „Über sieben Brücken musst du gehen“ – die Lieder der DDR-Bands Puhdys, City und Karat sind nicht nur Ostdeutschen ein Begriff. Auch im Westen haben die drei Bands ihre Fangemeinden. Dafür, dass sie auch in der früheren BRD bekannt und erfolgreich wurden, ist Kitty Eißmann mit verantwortlich. Zwischen 1980 und 1983 managte die Berlinerin die Tourneen der Bands im Westen, ging mit ihnen auch auf Tour und zu Fernsehauftritten und kümmerte sich um die Promotion. Mit Kitty Eißmann, die auch heute noch Konzerte organisiert und seit 35 Jahren einen Musiker-Stammtisch betreibt, sprach Behrang Samsami über ihren Weg ins Musikgeschäft, den Job als Tournee-Managerin der drei DDR-Bands und ungewöhnliche deutsch-deutsche Begebenheiten – mitten im Kalten Krieg.
Behrang Samsami: Frau Eißmann, bevor wir zu Ihrer Tätigkeit als Tournee-Managerin der drei DDR-Bands Puhdys, City und Karat kommen: Wie sind Sie ins Musikgeschäft gekommen?
Kitty Eißmann: Ich war Teenie in den 1960er Jahren in West-Berlin. Es war diese Aufbruchszeit, als Beat und R&B aus Großbritannien herüberschwappten und Bands bei uns anfingen, diese Musik nachzuspielen und in Clubs wie dem Top Ten aufzutreten. Ich war mit zwei Freundinnen am Wochenende immer unterwegs, um Musik zu hören. Dabei freundeten wir uns mit Bands wie The Hound Dogs, The Boots und The Allies an und waren ständig dabei. In einem dieser Clubs habe ich auch Dave Eaglen von der britischen Band The Shamrocks kennengelernt. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich hatte meine Lehre als Dekorateurin beendet, verlobte mich mit Dave und bin nach der Auflösung der Shamrocks mit ihm nach England gegangen. Mit einer dort neu gegründeten Band sind wir dann knapp zwei Jahre durch den Nahen Osten getourt, was in dieser Zeit ein absolutes Abenteuer war: Ein Konzert beim Schah in Teheran oder in einem israelischen Soldatencamp im durch den Sechs-Tage-Krieg besetztem Gebiet, fatale Unfälle in der Türkei, Erdbeben und vieles mehr. In dieser Zeit habe ich festgestellt, dass ich Talent zum Organisieren habe und gut kommunizieren kann. Als dann der Plan, in England zu heiraten, scheiterte, bin ich nach Berlin zurückgekehrt und habe angefangen, mich um Konzerte und Musiker zu kümmern. Für die britische Edgar Broughton Band habe ich 1975 meine erste Veranstaltung gemacht und Supertramp bei ihrem ersten Konzert in Berlin betreut.
Und wie sind Sie Managerin geworden?
Im April 1976 habe ich das Management der West-Berliner Band Wednesday übernommen und nebenbei für andere Bands auch Bookings gemacht. Dadurch, dass West-Berlin zu jener Zeit eine kleine Insel war, habe ich dann sämtliche Leute kennengelernt, die im Musikgeschäft unterwegs waren. Und so kam es, dass Peter Schimmelpfennig, der Labelchef von Pool, der die Platten der DDR-Bands im Westen vermarkten durfte, mich gefragt hat, ob ich nicht zu ihm kommen wolle, um noch eine Konzertagentur für die Bands aus der DDR aufzubauen. Ich war zuerst skeptisch, dann aber neugierig und wollte sehen, was daraus wird. 1980 gründeten wir die Konzertagentur Nordrock, die die Tournee-Geschäfte des Pool-Labels verantwortete, von Ost- und West-Gruppen.
Was war Ihre konkrete Aufgabe?
Da das Label, der dazu gehörige Verlag und Nordrock in einem Büro untergebracht waren, ging alles irgendwie ineinander über. Ich war für die Tourneen, dann auch Promotion, hauptsächlich der drei DDR-Bands Puhdys, City und Karat, zuständig, wobei es hier Unterschiede gab. Da Karat als Gruppe im Westen aufgebaut werden sollte, war ich bei deren Tourneen im Westen immer dabei. Die Tourneen der Puhdys und von City habe ich zwar geplant und organisiert, war aber selbst auf Tour nicht so häufig dabei. Es gab da noch andere Reisebegleiter. Daneben haben wir auch vereinzelt Konzerte von DDR-Solokünstlern in West-Berlin verantwortet.
Wie sah Ihre Arbeit im Bereich Promotion aus?
Um die Plattenverkäufe der Bands anzukurbeln, kümmerte ich mich um die Vertriebsleute von Teldec, damals eine der größten deutschen Schallplattenfirmen. Denn sie waren dafür zuständig, die Schallplatten-Automaten in den Kneipen zu bestücken und die Diskotheken zu beliefern, damit diese die Songs der Bands spielen. Das war in dieser Zeit extrem wichtig. Der Kontakt zur Presse – wir hatten viel Berichterstattung – und zum Fernsehen, war es ebenfalls. Die Bands sind etwa bei Disco mit Ilja Richter und in der ZDF-Hitparade bei Dieter Thomas Heck aufgetreten.
Wie sah Ihre persönliche Zusammenarbeit mit den drei Bands aus?
Da die Puhdys schon vorher im Westen gespielt hatten, war die Zusammenarbeit problemlos. Die Band war selbstbewusst, diszipliniert und professionell, es hat immer alles funktioniert. Für mich waren sie ein unglaubliches Phänomen. Mein erstes Puhdys-Konzert hat mich total geflasht: Als die Musiker auf die Bühne kamen, stieg das gesamte Publikum auf die Stühle. Und ich dachte: Was ist denn jetzt los? Das war total wahnsinnig. Und das war fast immer so bei denen.