Möglichkeitsraum für Vernetzung, Offenheit und Interdisziplinarität

Zur Bedeutung der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik in Deutschland

Die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) Deutschlands ist die dritte Säule der Außenpolitik. Dieses Politik- und Arbeitsfeld, das weit mehr als Kulturdiplomatie ist, zeichnet sich nach jahrzehntelangen Erfahrungswerten durch eine große Vielfalt an Zielen, Arbeitsfeldern, Akteuren und Projekten sowie Programmen aus. Zu behaupten die AKBP reduziere sich auf das Auswärtige Amt und ein paar wenige Mittlerorganisationen, wie das Goethe-Institut, ist – wenn man von außen darauf blickt – längst überholt. AKBP ist zwar formell eine Aufgabe des Bundes. Trotz der Abhängigkeit von den vorhandenen außenpolitischen Zielen der Bundesregierung wird sie aber ebenso durch die Bundesländer und Kommunen, durch zivilgesellschaftliche und kirchliche Träger und ebensolche Finanzquellen sowie durch vielfältige Akteure aus der Kunst- und Kulturlandschaft realisiert. Ebenso zeigen die Zielsetzungen sowie die vorhandenen Projekte und Programme wie wichtig es ist, AKBP nicht allein im Ausland zu betreiben, sondern stets anzuerkennen, dass die außenpolitischen Ziele nur dann zu realisieren sind, wenn AKBP auch innerhalb Deutschlands im fließenden Übergang zum allgemeinen Geschehen der Kunst- und Kulturlandschaft verstanden wird.

 

Konkret bedeutet dies: Auch AKBP bedarf in erster Linie einer Begründung aus Inhalten und Zielsetzungen. Jedoch steht die Anerkennung von zivilgesellschaftlichem Engagement auch monetär durch öffentliche Mittel an vielen Stellen weiter aus. Darüber hinaus erscheinen die Potenziale einer intensiv vernetzten staatlichen und zivilgesellschaftlichen AKBP hinsichtlich der gesteckten Ziele bei Weitem nicht ausgeschöpft.

 

Wenn Teile der AKBP entwicklungspolitischer Natur sind, wieso tun sich die zwei relevanten Bundesministerien, das Auswärtiges Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), weiterhin so schwer, eng vernetzt miteinander zu agieren – zumal im BMZ die Förderung von zivilgesellschaftlichen Organisationen immer ein wichtiges Arbeitsfeld war? Wenn innenkulturpolitisch etwa eine öffentliche Kulturförderung auch eine Gewährleistung von Infrastruktur zur Absicherung der Freiheit der Kunst als klares Selbstverständnis einer Regierung gilt, wenn die Bereiche Kultur und Bildung innerhalb Deutschlands deshalb immer stärker miteinander verzahnt werden, weil dies hochgradig gesellschaftspolitisch relevant ist, wieso ist eine nach außen gekehrte Innenkulturpolitik weiterhin so wenig Grundhaltung einer AKBP, die auf einem nachhaltigen Wandel zu einem mehr an Kultur in der Welt ausgerichtet ist?

 

Die AKBP startete lange vor dem Zweiten Weltkrieg zunächst als ein Format, das den ins Ausland emigrierten Deutschen Nähe zu ihrer Herkunft bieten sollte und wurde daran angeschlossen bis heute eine Rahmung und Begleitung einer Repräsentation Deutschlands im Ausland. Die ersten Jahrzehnte der Bundesrepublik zeigen heute im Rückblick, dass auch die AKBP – insbesondere die Arbeit der Mittlerorganisationen – einen signifikanten Beitrag dazu leistete, die deutsche Reputation im Ausland und das Vertrauen in Deutschland schnell zurückzugewinnen. Die Aufgabe Deutschland als wichtigen Partner für andere zu halten, der auch Impulse in eine Gesellschaft hinein senden will, bleibt bis zum heutigen Tag. Dieser sicherlich am ehesten noch als Kulturdiplomatie zu benennenden Facette der AKBP wurden seit den 1970er Jahren die Ideen der Zusammenarbeit und des Dialogs darstellbar auch in Form der Begriffe „Dialog als Zweibahnstraße“ und „Dialog auf Augenhöhe“ hinzugefügt. Mitte der 1990er Jahre kam auf Grundlage der Erfahrungen mit den Kriegen auf dem Balkan und dem islamistisch geprägten Terror eine weitere Facette zur AKBP hinzu. Zunächst wurde diese mit Konfliktbewältigung und -prävention umschrieben. Heute wird sie eher als Kulturarbeit in Transformationsprozessen betitelt. Die UNESCO-Konvention zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen kann aufgrund ihres Charakters der innen- als auch außenkulturpolitischen Leitlinie als weitere Facette der deutschen AKBP dargestellt werden.

 

Diese neuen Facetten führten zu einer größeren finanziellen Ausstattung, zumindest mittel- bis langfristig betrachtet. Ihr Breite unterstreicht die Bedeutung und die Anerkennung von kulturpolitischem Handeln innerhalb der Außenpolitik.

 

Doch will Außenpolitik wirken, muss sie kontinuierlich befragt werden: Wie relevant sind Leuchtturmprojekte? Wie lässt sich z. B. Erfolg und Misserfolg des „Operndorf Afrika“ von Christoph Schlingensief bewerten? Sollten Aspekte des Operndorfes zu gegebener Zeit als gescheitert eingestuft werden? Bedeutet dies unweigerlich, dass ein zukünftiges Projekt ähnlicher Natur nicht mit Steuergeldern finanziert werden darf? Scheitern gilt als wichtiges Element des künstlerischen Prozesses. Will AKBP nicht allein über Ansätze der politischen Arbeit, sondern auch über künstlerische Wege agieren, wie relevant ist es dann Momente des Scheiterns zuzulassen und wie transparent muss damit umgegangen werden? Welchen Wert haben große, sichtbare, aber auch teure Einzelprojekte gegenüber kleinen Einzelaktivitäten?

 

Die Idee, deutsche Künstler oder deren Produktionen auf Tournee zu schicken, ist ein weiteres gängiges AKBP-Format. Doch welchen­ Wert hat die Präsentation von Deutschlandbildern? Welche Zielgruppen werden damit erreicht? Sind dies Gruppen, die bereits Deutschland affin sind? Warum könnten dies Indikatoren einer erfolgreichen AKBP sein? Wie könnten neue Zielgruppen erreicht werden? Ist eine Konzentration der AKBP auf urbane Ballungszentren ausreichend?

Daniel Gad
Daniel Gad ist Geschäftsführer des UNESCO-Lehrstuhl "Cultural Policy for the Arts in Development" am Institut für Kulturpolitik der Universität Hildesheim
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