Raum für Public Diplomacy

Felleshus – das nordische Gemeinschaftshaus in Berlin

Modern, minimalistisch, offen und lichtdurchlässig mit einer Front aus Glas, Holz und Stahl präsentieren sich die Nordischen Botschaften in der Rauchstraße 1 mitten im Berliner Botschaftsviertel nahe des Tiergartens. Die Architektur macht vor allem eines deutlich: Hier ist man im „Norden“. Seit 1999 steht dort neben den Botschaften Dänemarks, Finnlands, Islands, Norwegens und Schwedens, auch das sogenannte Felleshus, das Gemeinschaftshaus der Skandinavier, Finnen und Isländer – und natürlich ihrer Gäste. Denn obwohl es Teil des Botschaftenquartiers ist, wird es nicht ausschließlich für elitäre und streng geheime Angelegenheiten der Politik und Diplomatie genutzt, vielmehr ist es frei zugänglich für die zivile Öffentlichkeit: Dort finden dänische, finnische, isländische, norwegische und schwedische Filmabende, Lesungen, Konzerte, Vorträge und Konferenzen statt. Darüber hinaus gibt es kostenlose Ausstellungen zu unterschiedlichsten Themen.

 

Damit ist das Felleshus als öffentlich zugänglicher, kultureller Begegnungsort das genaue Gegenteil vieler anderer streng verriegelter, stark gesicherter und permanent überwachter Botschaften in der deutschen Hauptstadt. Zugleich ist es auch ein ausgezeichnetes Beispiel für Vermittlung landestypischer – oder in diesem Fall regionentypischer – Werte durch Kultur und Bildung im Gastland.
Dieser Vermittlungsprozess ist Teil eines Konzeptes, das seit geraumer Zeit nahezu jeder Staat der Erde mehr oder minder erfolgreich in sein politisches Instrumentengefüge integriert hat: Public Diplomacy, auf Deutsch beutetet es so viel wie öffentliche Diplomatie. Damit ist der Kommunikationsprozess eines Landes, oder im Falle Skandinaviens, Finnlands und Islands einer grenzüberschreitenden Region, mit der ausländischen Öffentlichkeit des Gastlandes, hier Deutschland, zur Generierung von Verständnis für nationale Vorstellungen und Ideale gemeint. Die Public Diplomacy betreibende Regierung wendet sich dabei gezielt an die Zivilbevölkerung im Gastland, um nicht nur ein gegenseitiges Verständnis aufzubauen, sondern auch das eigene nationale Image aufzuwerten. Das Ziel von Public Diplomacy ist es, Legitimität zu erreichen und diese Legitimität gewinnt man, wenn man eine große Gruppe von Menschen von den eigenen Werten überzeugt. Diese Legitimität hat eine gewisse Macht, die man Soft Power nennt.

 

Aber wie etabliert ein Staat eine Verbindung zu einer ausländischen Bevölkerung? Wie weckt er die Interessen der Öffentlichkeit im Gastland? Wie vermittelt er am besten die eigenen Werte? Allgemein gültige Antworten fehlen in diesem vergleichsweise jungen Forschungsfeld noch, aber viele Theoretiker weisen in Richtung Öffentlichkeitsarbeit, Kultur- und Bildungspolitik sowie Förderung von Netzwerkbildungen.

 

Hängt die Theorie an der einen oder anderen Stelle noch hinterher, zeigt die Praxis, wie es funktionieren kann: Im Felleshus wird dank des reichen kulturellen Veranstaltungsspektrums, das von den Nordischen Botschaften gemeinsam organisiert wird, interessierten Berlinern der „Norden“ näher gebracht. Wenn man ein Konzert oder eine Lesung im Felleshus besucht, begegnet man Skandinaviern und Deutschen zugleich, die in einem Dialog über Kultur und Werte, aber auch Aktuelles und Privates kommen. So kann Kultur fremde Menschen einander näher und ins Gespräch bringen, jedoch sollte diese dabei nie als Einbahnstraße, die nur von vermittelnden Seite befahren wird, verstanden werden.

 

Es gelingt nur dann, Kulturvermittlung als Soft Power zu nutzen, wenn deren Darstellung nicht arrogant oder propagandistisch wirkt. Kulturvermittlung im Rahmen von Public Diplomacy sollte selbstkritisch und authentisch sein, nur dann überhaupt kann sie glaubwürdig wirken. So gesehen macht es durchaus Sinn, wenn die dänische Botschaft sich selbstkritisch mit dem Thema der deutschen Flüchtlinge in Dänemark nach dem Zweiten Weltkrieg auseinandersetzt, indem man eine Lesung mit betroffenen Zeitzeugen im Felleshus organisiert. Denn nur glaubwürdige Kulturvermittlung schafft Verständnis für den anderen mitsamt seiner Werte und Ideale.

Theresa Brüheim & Anna Cecilia Hüttmann
Theresa Brüheim und Anna Cecilia Hüttmann sind Mitarbeiterinnen des Deutschen Kulturrates. Beide forschten zuvor zu Public Diplomacy
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