Zivilgesellschaft einbinden

Mehr Einmischung in die Debatte von außen ist dringend notwendig

Bis zur (Teil)eröffnung des Humboldt Forums und auch danach muss eine breite öffentliche Debatte über das koloniale Erbe geführt werden. Die Fachdiskussionen der letzten Monate waren wichtig und notwendig. Sie haben den Stein ins Rollen gebracht, dafür gebührt den Beteiligten großer Dank, aber die Debatte war weitgehend einem engen Kreis vorbehalten. Dieser Kreis muss jetzt durch die Einbindung der organisierten Zivilgesellschaft erweitert werden. Das Humboldt Forum selbst wird sich hoffentlich der Zivilgesellschaft öffnen und sie in seine Arbeit inhaltlich und strukturell einbinden. Mehr Einmischung von außen ist dringend notwendig!

 

Der Deutsche Kulturrat wird bis Ende März eine abgestimmte Position zum Umgang mit kolonialer Raubkunst vorlegen. Für uns ist besonders wichtig aufzuzeigen, dass die Fragen zum kolonialen Erbe ein Kernanliegen der deutschen Erinnerungskultur sind. Es geht darum zu zeigen, dass sich die Diskussion zum kolonialen Erbe nicht auf die Bestände in Ethnologischen Museen beschränken darf. Der Umgang mit dem kolonialen Erbe ist eine zutiefst politische, wirtschaftliche und moralische Frage. Wenn Deutschland seine koloniale Vergangenheit wirklich aufarbeiten will, muss erkannt werden, dass die kolonialen Traditionen bis heute fortleben. Es wird nicht reichen, einige oder sogar viele Werke aus unseren Museen nach Afrika zurückzugeben, auch wenn das letztlich unumgänglich sein wird. Die noch größere Herausforderung wird sein, Afrika politisch und wirtschaftlich gleichberechtigt zu behandeln. Ein wichtiger erster Schritt muss sein, Afrika Zugänge zu den europäischen Märkten zu geben. Unser Eintreten für einen gerechten Welthandel und gegen das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) ist deshalb auch ein Beitrag für die Überwindung unserer immer noch lebendigen kolonialen Traditionen.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 01-02/2019.

Olaf Zimmermann
Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates und Herausgeber und Chefredakteur von Politik & Kultur.
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