- Ohne Streit kein Kompromiss
- Schwerpunkt in Politik & Kultur 9/23: Streitkultur
- Einladung: Verleihung des Deutschen Kulturpolitikpreises 2023 an Isabel Pfeiffer-Poensgen
- Erinnerungskultur: Traditionspflege der Bundeswehr
- Kommentar: Zum Kulturkahlschlag bei der ARD
- Klimaschutz durch bürgerschaftliches Engagement!? Programmtagung
- Innenministerium zählt Kultur nicht zur kritischen Infrastruktur
- Empfehlungen
- Fokus Kulturbetrieb: Orte der Diskriminierung und der Ausschlüsse?
- Text der Woche: Hort der Kunst und Kultur. Der Dorotheenstädtische Friedhof in Berlin
- Wir suchen: Der Deutsche Kulturrat stellt ein!
- Zum Schluss
Sehr geehrte Damen und Herren,
wer kennt sie nicht, diese Redensart „Müsst ihr denn immer streiten“? Streit hat sehr oft eine negative Konnotation: Ein Streithammel ist jemand, der keine Ruhe gibt, der immer wieder erneut Streit sucht. Streithähne verhaken sich immer wieder aufs Neue und lassen vom Konflikt nicht ab.
Für Zeitungen, Nachrichtenmagazine, Radioformate, aber auch Fernsehsendungen, speziell Talkshows, gibt es nichts Besseres als einen ordentlichen Streit. Frei nach dem Motto „Regierung ist zerstritten über das und jenes“ oder auch „Keine Einigung in der Ampel zum Thema X“. Und dies alles wird garniert mit der Aufforderung, sich endlich mal vernünftig zu einigen und aufeinander zuzugehen.
Doch was gibt es vermeintlich Langweiligeres als einen Kompromiss. Ihm, dem Kompromiss, haftet der Geruch des Nachgebens, des Einknickens, oft gar von etwas Faulem an. „Fauler Kompromiss“ ist so eine stehende Wendung.
Streit gehört neben Liebe und Tod zu den beherrschenden Themen oder auch Motiven der Literatur, und zwar nicht nur in Romanen oder Erzählungen, sondern ebenso in Bühnenstücken und Drehbüchern.
Der Streit scheint uns Menschen innezuwohnen. Ein Roman, ein Film oder ein Theaterstück ohne Streit oder sagen wir ohne Konflikt ist blutleer. Wenn Streit uns so sehr bestimmt und unserer Kultur innewohnt, wo sind denn die Grenzen des Streits oder anders gesagt: Gibt es überhaupt Grenzen? In der Kunst findet der Streit seine Grenzen sehr oft im Tod, oft gewaltsam, eines der Protagonisten. Doch diese Eskalation, die zwar im Theater als moralischer Anstalt funktionieren kann, ist wenig tauglich für das Alltagsleben oder auch für Politik.
Gerade in der Politik ist der Streit oder sagen wir als Stufe darunter die Auseinandersetzung unverzichtbar. Politische Parteien unterscheiden sich durch unterschiedliche Vorstellungen darüber, was der beste Weg für das Land oder auch die Kommune ist. Das Ringen um diesen besten Weg, die Auseinandersetzung – auch streitlustig – um diesen Weg ist in demokratischen Gesellschaften unverzichtbar. Sie unterscheiden sich gerade hierdurch von Diktaturen oder auch illiberalen Demokratien.
In Diktaturen und illiberalen Demokratien werden abweichende Meinungen unterdrückt, sie dürfen nicht publiziert oder gesendet werden, sie werden von den Bühnen und Leinwänden verbannt, sie werden nicht gedruckt oder zumindest nicht öffentlich zugänglich gemacht.
Liberale, freiheitliche Demokratien zeichnen sich dadurch aus, dass sie den Meinungsstreit aushalten, dass das Ringen um den besten Weg sie konstituiert, dass auch abweichende Meinungen, solange sie sich im Rahmen der Gesetze bewegen, ausgehalten werden müssen.
Letzteres kann schwer sein, bis zur Grenze des Erträglichen reichen, aber solange rechtsstaatliche Prinzipien, zu denen beispielsweise die Achtung der Menschenwürde gehört, eingehalten werden, müssen sie ertragen werden bzw. müssen sie sich dem Meinungsstreit stellen. Dazu gehört auch, sich gegen Meinungen zur Wehr zu setzen bzw. zu demonstrieren.
In der neuen Ausgabe von Politik & Kultur haben wir dem Streit einen Schwerpunkt gewidmet. Werfen Sie hier einen Blick in den Schwerpunkt.
Ihr
Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann
2. Schwerpunkt in Politik & Kultur 9/23: Streitkultur
Die neue Ausgabe von Politik & Kultur richtet den Schwerpunkt auf das Thema „Zank, Zoff, Zwist: Streitkultur in Geschichte und Gegenwart“.
Fragen, mit denen sich der Schwerpunkt befasst, sind unter anderen: Was genau ist unter Streit zu verstehen? Wie lässt sich Streit zu anderen Kommunikationsformen abgrenzen? Was kennzeichnet Streit als Kulturtechnik? Welche bekannten Streitfälle gibt es in der Geschichte? u.v.m.
Alle Beiträge des Schwerpunkts:
- Vom Meinungsstreit in der Demokratie und seiner Funktion: „Ohne Streit kein Kompromiss“ von Olaf Zimmermann
- Streitkultur in Geschichte und Gegenwart: „Ohne faire Regeln?“ von Gerd Schwerhoff
- Eine Ausstellung über Streit im 18. Jahrhundert und heute: „Aus den Tiefen der Geschichte“ von Holger Zaunstöck
- Karikaturen und Schmähbilder im 18. Jahrhundert: „Diffamierungen in Bildform“ von Lea Hagedorn
- Aufklärer an Fürstenhöfen: „Streiten für die Wahrheit?“ von Andreas Pečar
- Geschichte und Gegenwart wissenschaftlichen Streitens: „Defekte Streitkultur?“ von Marian Füssel
- Vom Streit um Arbeitsverhältnisse: „Arbeiter verlassen die Fabrik“ von Peter Birke
- Ein Pfeiler der demokratischen Streitkultur: „Das Recht auf die Straße“ von Thomas Lindenberger
- Woran es der politischen Auseinandersetzung fehlt: „Vom Nutzen des Streits“ von Hans Jessen
- Die Abwesenheit von Streit ist Gift für politische Systeme: „Mehr ‚Guten Streit‘ wagen“ von Ralph Brinkhaus MdB
- Bericht aus dem Parlament: „Demokratie ist die kultivierte Form des Streits“ von Katrin Göring-Eckardt MdB
- Respektvolles Streiten: „Gewalt in der Sprache ist abzulehnen“ von Dirk Wiese MdB
- Religion und Streit: „Kultur der Friedlichkeit?“ von Johann Hinrich Claussen
- Der Mediator Jörn Valldorf im Gespräch: „Allparteilich und unbeteiligt“ von Jörn Valldorf & Theresa Brüheim
- Zur Lage der Kritik im deutschen Feuilleton: „Das ‚Denn‘ der ‚Kunstrichter'“ von Jürgen Kaube
- Streit der Perspektiven auf das Geschehene im Dokumentarfilm ‚The Look of Silence‘: „Dokumentarische Interventionen“ von Leef Hansen
- Streit als Medienspektakel und die Positionierung des Publikums: „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte?!“ von Leef Hansen & Franziska Heller
- Eine Annäherung an das Thema Streit im Museum für Kommunikation: „Sind Sie anderer Meinung?“ von Laura Schmidt
- Diss-Tracks im Hip-Hop: „Kräftemessen der Sprachgewalt“ von Sandra Winzer
- Das Spektakel Fußball: „Von Pöbeleien über Sprechchöre bis zu Fangesängen“ von Simon Meier-Vieracker & Torben Rath
- Alle Beiträge des aktuellen Schwerpunkts finden Sie hier.
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3. Herzliche Einladung: Verleihung des Deutschen Kulturpolitikpreises 2023 an Isabel Pfeiffer-Poensgen
Als Leserinnen und Leser meines Newsletters lade ich Sie herzlich zur Verleihung des Deutschen Kulturpolitikpreises des Deutschen Kulturrates an Isabel Pfeiffer-Poensgen ein.
Datum: Donnerstag, den 21.09.2023
Uhrzeit: 18.00 Uhr
Ort: Wilhelm von Humboldt-Saal der Staatsbibliothek zu Berlin, Unter den Linden 8, 10117 Berlin
Der Deutsche Kulturrat vergibt 2023 zum dritten Mal den Deutschen Kulturpolitikpreis. Ich freue mich, dass die Jury in diesem Jahr die Kulturpolitikerin Isabel Pfeiffer-Poensgen als Preisträgerin ausgewählt hat und damit ihr langjähriges, vielseitiges und erfolgreiches kulturpolitisches Engagement würdigt. Informationen über die Preisträgerin finden Sie hier.
- Begrüßung: Prof. Dr. Achim Bonte, Generaldirektor der Staatsbibliothek zu Berlin und Prof. Christian Höppner, Präsident des Deutschen Kulturrates.
- Laudatio: Dr. Carsten Brosda, Senator für Kultur und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg
Im Anschluss sind Sie herzlich zu einem Empfang mit Wein und Gebäck eingeladen.
- Bitte melden Sie sich bis zum 14.09.2023 verbindlich hier an.
- Die Anzahl der Plätze ist begrenzt. Daher werden die Plätze nach Eingang der Anmeldung vergeben.
4. Erinnerungskultur: Traditionspflege der Bundeswehr
Die Bundeswehr hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert. Und mit ihr auch ihre Gedenk- und Erinnerungskultur. Doch was ist ein zeitgemäßes Erinnern? Dieser Frage gehe ich in meinem Beitrag „Eine Kugel kam geflogen. Warum die Traditionspflege der Bundeswehr in der deutschen Gesellschaft isoliert ist“ in der neuen Ausgabe von „Zeitzeichen – Evangelische Kommentare zu Religion und Gesellschaft“ nach.
- Lesen Sie hier den gesamten Artikel. [Bezahlartikel]
- Mehr zum aktuellen Zeitzeichen Schwerpunkt „Die Bundeswehr. Eine Armee erfindet sich neu“ finden Sie hier. [Bezahlartikel]
5. Kommentar: Zum Kulturkahlschlag bei der ARD
Gerade wurde die Halbierung der Förderung des renommierten ARD-Musikwettbewerbs ab 2025 durch die ARD angekündigt. Das ist nur die letzte Zumutung in einer ganzen Kette von halbgaren Vorschlägen der Intendantinnen und Intendanten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
- Lesen Sie meinen Kommentar in der neuen musikzeitung (nmz) hier.
6. Klimaschutz durch bürgerschaftliches Engagement!? Programmtagung
Panel „Sozial-ökologische Transformation – die Rolle des bürgerschaftlichen Engagement
Datum: Donnerstag, den 14.09.2023
Uhrzeit: 14:00 – 15:30 Uhr
Ort: Refugio Berlin, Lenaustr. 3-4, 12047 Berlin
Klimaschutz ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, aber welche Rolle nehmen zivilgesellschaftliche Organisationen auf dem Weg zur sozial-ökologischen Transformation ein? Ziel des Panels ist es aufzuzeigen, welche Möglichkeiten es im Kontext bürgerschaftlichen Klima-Engagements gibt, um sozialen Wandel zu gestalten und auf welche Hindernisse sich Akteurinnen und Akteure dabei einstellen müssen. Im Zentrum stehen dabei u. a. Fragen zu sozialer Gerechtigkeit und Beteiligung.
Es diskutieren:
- Johanna Gary, Leitung Gruppe Nachhaltigkeit der Diakonie Deutschland
- Bruno Schmalen, wissenschaftlicher Projektleiter der Offensive Mittelstand
- Helen Sharp, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung
- Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
- Moderation: Alexander Thamm
Das Panel findet im Rahmen der Programmtagung „Engagiert für Klimaschutz“ statt.
- Das Veranstaltungsgebäude ist barrierefrei für Rollstühle zugänglich. Dolmetschende für deutsche Gebärdensprache und deutsche Lautsprache werden vor Ort sein.
7. Innenministerium zählt Kultur nicht zur kritischen Infrastruktur
In der Anhörung zum Referentenentwurf des KRITIS-Dachgesetz, die am Dienstag im BMI stattfand, habe ich für den Deutschen Kulturrat gefordert, Kultur entsprechend der bisherigen Praxis als kritische Infrastruktur im KRITIS-Dachgesetz aufzunehmen und entsprechend zu verankern. Damit würde Kultur wie bisher als kritische Infrastruktur geführt werden, das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe wäre weiter für den Kultursektor zuständig und müsste entsprechende Informationen vorhalten bzw. Beratungsaufgaben übernehmen. Weiter habe ich gefordert, dass in die Aufzählung im KRITIS-Dachgesetz von Bundesministerien mit denen das Bundesministerium des Innern und für Heimat einvernehmlich bestimmt, welche Infrastrukturen und Einrichtungen als kritisch anzusehen sind, die Beauftragte für Kultur und Medien aufzunehmen. Die Reaktion des BMI war ernüchternd, man sieht keine Bundeszuständigkeit.
Kulturstaatsministerin Claudia Roth sollte dringend in der Sache mit ihrer Kollegin Bundesinnenministerin Nancy Faeser sprechen.
- Lesen Sie hier mehr dazu.
8. Empfehlungen
Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit
Wie der Kultur- und Naturbereich gemeinsam die UN-Nachhaltigkeitsziele voranbringen können.
Hg. v. Olaf Zimmermann und Hubert Weiger,
978-3-947308-40-8, 256 Seiten, 22,80 Euro
Kann hier bestellt werden.
Mein kulturpolitisches Pflichtenheft
Olaf Zimmermann
978-3-947308-38-5, 216 Seiten, 19,80 Euro
Kann hier bestellt werden.
Baustelle Geschlechtergerechtigkeit
Datenreport zur wirtschaftlichen und sozialen Lage im Arbeitsmarkt Kultur
Gabriele Schulz und Olaf Zimmermann
978-3-947308-36-1, 230 Seiten, 22,80 Euro
Buch erscheint am 05. Oktober.
9. Fokus Kulturbetrieb: Orte der Diskriminierung und der Ausschlüsse?
Am vergangenen Dienstag fand in der Robert Bosch Stiftung in Berlin die Auftaktveranstaltung der neuen Reihe „Powersharing in der Einwanderungsgesellschaft“ statt.
Diskutiert haben:
- Leyla Ercan, Kulturmanagerin und -beraterin, ehemalige Diversitätsagentin am Nds. Staatstheater Hannover
- Asmae Harrach-Lasfaghi, wissenschaftliche Mitarbeiterin, TH Köln
- Dr. Christina Ludwig, Direktorin, Stadtmuseum Dresden & Vorstand Kulturpolitische Gesellschaft e.V.
- Dr. Deborah Schnabel, Direktorin, Bildungsstätte Anne Frank e.V.
- Olaf Zimmermann, Geschäftsführer, Deutscher Kulturrat e.V.
- Moderation: Vivian Perkovic, Journalistin
Die spannende Veranstaltung kann hier nachgesehen werden!
10. Text der Woche: Hort der Kunst und Kultur. Der Dorotheenstädtische Friedhof in Berlin-Mitte von Tobias Pehle
„Der Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand mehr an ihn denkt.“ Dieser universelle, wohl ewig gültige Satz liest sich im Kontext von Friedhöfen wie ein Werbeslogan. Tatsächlich aber stammt er von Bertolt Brecht – und bekommt in einer unscheinbaren Ecke des Dorotheenstädtischen Friedhofs in Berlin-Mitte eine äußerst berührende, persönliche Dimension: Denn hier zeigen zwei schlichte Findlinge die Namen des großen Dramatikers und seiner nicht weniger berühmten Frau, Helene Weigel. Das Doppelgrab, das in seiner unprätentiösen, aber zugleich kraftvollen Gestaltung so perfekt zu Brecht passt, hat wesentlichen Anteil daran, dass dieser kleine intime Friedhof im Herzen der Hauptstadt zu einem der bedeutendsten Friedhöfe des Landes avancierte.
Tobias Pehle ist Geschäftsführer des Kuratoriums Immaterielles Erbe Friedhofskultur, dem Partner der Deutschen UNESCO-Kommission für diese Kulturform
- Lesen Sie den ganzen Artikel hier.
11. Wir suchen: Der Deutsche Kulturrat stellt ein!
Stellenausschreibung: Studentischer Mitarbeitender (m/w/d) zur Unterstützung der Projektarbeit
De Geschäftsstelle des Deutschen Kulturrates sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen studentischen Mitarbeitenden (m/w/d) zur Unterstützung der Projektarbeit.
- Hier geht es zur Stellenausschreibung.
12. Zum Schluss
Vor einer Woche feierte die Künstlersozialkasse (KSK) in Berlin ihren 40. Geburtstag. Eingeladen zum Geburtstagsfest hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Kulturstaatsministerin Claudia Roth war auch anwesend. In der „Bar jeder Vernunft“ in Berlin wurde heftig diskutiert und gefeiert.