Themen im Newsletter:
- Wahlgeschenk für die AfD?
- Kampf gegen Antisemitismus & Sicherung der Kunstfreiheit
- Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie für Kultur stärken
- Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan muss weitergeführt werden
- Save the Date: gamescom congress 2024 am 22. August
- KI im Fokus: Film
- Sommer, Sonne, Reisekultur
- Text der Woche: „Zuversicht und Skepsis in Chemnitz“ von Sven Scherz-Schade
- Zum Schluss….
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Sommerurlaub naht und deshalb ist dieser kulturpolitische Wochenreport der letzte für die kommenden Wochen. In vier Wochen, am 23. August, während der gamescom in Köln, erscheint der nächste kulturpolitische Wochenreport.
In den letzten Tagen haben Symbole die öffentliche Debatte mitbestimmt. Da war die hochgerissene Faust von Donald Trump nach dem Attentat auf ihn. Dieses Bild wird sich in unser kulturelles Gedächtnis einbrennen und viele Kommentatoren sagen, dass es auch die Wahlen in den USA beeinflussen wird.
Nicht annähernd von dieser Bedeutung, aber trotzdem auch wahlwichtig, war die Entscheidung der Innenministerin, das Magazin „Compact“ und den angeschlossenen Internet-Kanal zu verbieten.
„Compact“ war ein antisemitisches, rechtsradikales, verschwörungsgläubiges, Putin-höriges Machwerk! Ob es trotzdem verboten werden durfte, werden die Gerichte entscheiden. Sollten die Gerichte sich gegen ein Verbot aussprechen, wäre der Schaden nicht nur für Bundesinnenministerin Nancy Faeser extrem groß.
Irritierend war das Bild, wie Compact-Chef Jürgen Elsässer im Bademantel in der Türe seines schmucken Einfamilienhauses im brandenburgischen Falkensee einer vermummten Einheit der Polizei gegenüberstand. Solche Bilder brennen sich auch in das kulturelle Gedächtnis ein und können ebenso wie das große Vorbild aus den USA Wahlen beeinflussen. Eine solche Polizeiaktion muss nun wirklich nicht mit Pressebeteiligung stattfinden. Entstanden ist ein gefährliches Bild, ein alter Mann wird im Morgenmantel in seinem Haus von hochgerüsteten Polizisten aus dem Bett gerissen. Die AfD wird dieses Bild als Wahlgeschenk zu nutzen wissen.
Im September finden die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg statt. Für den Kulturbereich, und nicht nur für ihn, steht viel auf dem Spiel. Die Stimmung im Land ist schlecht, die Wahlprognosen sind düster. Trotz dieser schwierigen Lage müssen wir aufpassen, dass wir nicht aus Angst vor dem Erstarken der extremen Rechten unsere demokratischen Grundlagen selbst in Frage stellen.
In diesem Sinne wünsche ich ihnen einen erholsamen Urlaub, wir werden im kommenden Herbst alle Kraft brauchen.
Ihr
Olaf Zimmermann
Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates
twitter.com/olaf_zimmermann
PS. Noch eine gute Nachricht zum Schluss: NRW führt Mindesthonorare für Künstler ein. Hören Sie hier mein Gespräch mit Fazit (Deutschlandfunk Kultur 18. Juli 2024, 23:08 Uhr).
2. Kampf gegen Antisemitismus & Sicherung der Kunstfreiheit
Nach Recherchen von ZEIT ONLINE haben sich Ampel und Union nach langem Streit auf eine Bundestagsresolution gegen Antisemitismus geeinigt. Einige Rechercheergebnisse von ZEIT ONLINE wurden uns gegenüber von Abgeordneten des Deutschen Bundestag bestritten. Eine offizielle Äußerung der Ampel-Fraktionen oder der CDU/CSU zu den Rechercheergebnisse von ZEIT ONLINE stehen aber noch aus.
- Den Artikel „Resolution zum Schutz jüdischen Lebens: Eine etwas andere Gewissensprüfung“ können Sie hier bei ZEIT ONLINE nachlesen.
- Ein Interview FR mit mir „Antisemitismus-Klausel für Kultur und Forschung: Unter Generalverdacht“, kann hier nachgelesen werden
Am 1. Juli hat der Deutsche Kulturrat die Stellungnahme „Freiheit der Kunst sichern. Antisemitismus und Rassismus im Kulturbereich bekämpfen!“ verabschiedet. In dieser positioniert sich der Deutsche Kulturrat zur Gemeinsamen Erklärung von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden „Freiheit und Respekt in Kunst und Kultur. Strategien gegen antisemitische, rassistische und andere menschenverachtende Inhalte im öffentlich geförderten Kulturbetrieb“ und macht eigene Vorschläge, wie Antisemitismus, Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit bekämpft werden können. Weiter positioniert sich der Deutsche Kulturrat gegen Boykottaufrufe gegenüber Künstlerinnen, Künstlern und Kulturinstitutionen.
- Hier können Sie die gesamte Stellungnahme nachlesen.
3. Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie für Kultur stärken
Die Green Culture Anlaufstelle, die die Kultur-, Kreativ- und Medienbranche bei der ökologischen Transformation unterstützt, und der Deutsche Kulturrat erklären zum vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz veröffentlichten Entwurf für eine Nationale Kreislaufwirtschafts-strategie (NKWS):
Wir begrüßen, dass sich die Bundesregierung eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie geben wird. Die erfolgreiche Umsetzung aber kann nur durch sektorenübergreifende Zusammenarbeit gelingen. Wir appellieren deshalb an das zuständige Ministerium und damit an Ministerin Steffi Lemke, die Kultur, die im Entwurf bislang nur mit Bezug auf ausgewählte Teilmärkte der Kultur- und Kreativwirtschaft Erwähnung findet, deutlicher einzubeziehen und explizit zu nennen.
Jacob Bilabel, Leiter der Green Culture Anlaufstelle sagte: „Kultur wird stets zu Recht als besonders wertvoll und wichtig hervorgehoben, wenn es darum geht, unsere gesellschaftlichen Herausforderungen zu meistern – auch von der Politik. Dann aber muss sie auch sichtbar werden in den nun richtigerweise neu aufgesetzten Rahmenbedingungen der Bundesregierung für die Kreislaufwirtschaft.“
Ich sagte: „Ohne Kultur keine Nachhaltigkeit, das gilt auch für die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie. Es ist unabdingbar, dass die Kompetenz des Kultursektors stärker im Nachhaltigkeitskontext genutzt wird. Was uns umgibt, wird zu einem erheblichen Teil durch die Arbeit von Kreativen und von Kulturunternehmen geprägt. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag nachhaltige Produkte zu entwickeln, umso wichtiger ist es, sie auch in zunächst kulturfern anmutende Strategien, wie die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie, einzubeziehen.“
4. Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan muss weitergeführt werden
Der Deutsche Kulturrat sieht mit Blick auf das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan dringenden Handlungsbedarf bei den Haushaltsverhandlungen.
Im Regierungsentwurf sind massive Kürzungen beim Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan vorgesehen, sodass eine sinnvolle Weiterführung kaum möglich ist.
Viele Künstlerinnen und Künstler können in Afghanistan nicht frei arbeiten und leiden unter großen Repressionen. Das Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan ist ein Ausdruck unserer besonderen Verantwortung für das Land. 20 Jahre dauerte der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr und endete überstürzt. Viele Hoffnungen von Künstlerinnen und Künstlern sind mit der Übernahme der Macht durch die Taliban zerstört worden. Wir dürfen dieses wichtige Programm nicht vorzeitig zu Ende gehen lassen, denn unsere Verantwortung bleibt.
- Wir werden uns heute noch mit einer Pressemitteilung dazu äußern.
5. Save the Date: gamescom congress 2024 am 22. August in Köln
- Wann: Donnerstag, den 22.08.2024, 13.30 Uhr
- Wo: Confex, Kongresszentrum auf dem Gelände der Koelnmesse, Koelnmesse Halle 1, 50679 Köln
Let’s Continue? Zukünfte der digitalen Erinnerungskultur mit Games
- Grußwort von Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats und Kooperationspartner von „Let’s Remember!“.
- Vortrag Christian Huberts, Mitarbeiter der Stiftung digitale Spielekultur
Es diskutieren:
- Dr. Deborah Schnabel, Bildungsstätte Anne Frank
- Leonore Martin, Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft
- Olaf Zimmermann, Deutscher Kulturrat
- Christian Huberts, Stiftung Digitale Spielekultur
- Moderation: Marcus Richter
- Der gamescom congress findet im Rahmen der gamescom 2024 statt. Hier geht es zum Ticketverkauf.
- Mehr Informationen zum gamescom congress finden Sie hier.
6. KI im Fokus: Film
Politik & Kultur, die Zeitung des Deutschen Kulturrates, beschäftigt sich derzeit intensiv mit dem Thema Künstliche Intelligenz und legt in jeder Ausgabe den Fokus auf eine andere künstlerische Sparte. Dabei hat sie sich bereits mit den Sparten Musik, Literatur und Übersetzen sowie Sprechen beschäftigt. In der aktuellen Ausgabe steht der Bereich Film im Fokus.
Autoren im aktuellen Fokus zum Thema KI sind:
- Welches Ziel verfolgt der BFFS bei den Tarifverhandlungen zum Thema KI?: „Mit uns – nicht gegen uns“ von Heinrich Schafmeister
- Was kann und was soll generative KI im Drehbuchbereich: „Erfolg? Umstritten“ von Jan Herchenröder
- Chancen durch Künstliche Intelligenz in der Filmproduktion: „Neue kreative Möglichkeiten“ von Björn Böhning
- Die VG Wort betritt mit Lizenzen für unternehmensinterne KI-Nutzung Neuland: „Künstliche Intelligenz – Hot Topic des Urheberrechts“ von Robert Staats.
- Alle bisher erschienenen Artikel aus der Fokusreihe zum Thema KI können Sie hier abrufen.
7. Sommer, Sonne, Reisekultur
Es ist Sommer und damit auch Reisezeit. Mit dem Thema Reisen hat sich Politik & Kultur, die Zeitung des Deutschen Kulturrates, bereits im vergangenen Jahr in einem ausführlichen Schwerpunkt beschäftigt.
Im Schwerpunkt der Ausgabe 10/23 geht es u. a. um folgende Fragen: Was kennzeichnet die Kulturgeschichte des Reisens? Wie passen Reisen und Nachhaltigkeit zusammen? Welche Trends und Tendenzen gibt es aktuell in der Reisebranche? Welche Bedeutung hat Tourismus für die Kulturwirtschaft eines Landes.
- Alle Beiträge des Schwerpunktes lesen Sie hier.
Die Ausgabe 10/23 von Politik & Kultur mit dem Schwerpunkt „Reisekultur“ kann hier kostenlos als PDF-Datei heruntergeladen werden.
8. Text der Woche: „Zuversicht und Skepsis in Chemnitz. Die Vorbereitungen zur Europäischen Kulturhauptstadt 2025 sind in vollem Gange“ von Sven Scherz-Schade
So hatten im Chemnitzer Stadtrat die Fraktionen der vom Verfassungsschutz unter Beobachtung stehenden „Freien Sachsen“ und „Pro Chemnitz“ im März 2024 einen Antrag zum Ausstieg aus der Kulturhauptstadt gestellt, was eine heiße Debatte auslöste. Der Antrag wurde aber mit großer Mehrheit abgelehnt.
Für den Tag der offiziellen Eröffnung am 18. Januar 2025 haben die Kulturhauptstadtgegner eine Demonstration angemeldet. Mit eigenen Projektvorschlägen über Open Calls hat sich keine der rechtspopulistischen oder extremistischen Gruppen eingebracht. „Da trauen die sich nicht ran“, ist Stefan Schmidtkes Erfahrung. Die Gegner wollen stören. Sie attackieren und verunglimpfen das Projekt in sozialen Medien. In politischen Gremien folgen sie der Taktik, abzulehnen und sich nicht zu beteiligen.
- Lesen Sie den ganzen Text hier.
Sven Scherz-Schade ist freier Journalist
9. Zum Schluss…
Ein Freund machte mich darauf aufmerksam, dass ich am Dienstag 10.000 Tage Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates war. Ich weiß, eine so lange Beschäftigungszeit bei einem Arbeitgeber ist absolut anachronistisch. Ich finde es trotzdem gut