Berlin, den 12.12.2022. Im Jahr 2021 wurde das Humboldt Forum in Berlin in drei Veranstaltungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, im September 2022 erfolgte die feierliche Eröffnung des letzten, des vierten, Teilabschnitts. Auch nach der vollständigen Eröffnung reißen die Diskussionen um die Struktur, die Präsentation und die inhaltliche Ausrichtung des Humboldt Forums nicht ab. Ein Grund hierfür ist, dass das Humboldt Forum mit überbordenden und bisweilen gegenläufigen Erwartungen unterschiedlicher Akteure geradezu überfrachtet wurde und als Platzhalter für kulturpolitische Debatten, wie z. B. um den Kolonialismus, steht. Das historisierende Gebäude bildet eine weitere Bürde für zeitgemäße öffentliche Programme. Das größte Hindernis für das Humboldt Forum ist jedoch, dass vier Institutionen in einem Haus zusammenarbeiten müssen, in dem keine zuhause ist.
Trotz der Hypothek, die das Humboldt Forum zu tragen hat, sieht der Deutsche Kulturrat die Chance, dass es zu einem Ort entwickelt werden kann, an dem reflektiert wird, wie Deutschland die Welt und wie die Welt Deutschland sieht. Er unterstreicht, dass die Mitarbeitenden in den verschiedenen Institutionen im Humboldt Forum trotz aller Widrigkeiten eine sehr engagierte Arbeit leisten. Ohne den hohen Einsatz und die große fachliche Expertise der Mitarbeitenden in den verschiedenen im Humboldt Forum untergebrachten Institutionen hätte die bisherige Arbeit im Humboldt Forum unter den gegebenen schwierigen Rahmenbedingungen nicht geleistet werden können. Es muss nun darum gehen, durch strukturelle Veränderungen die Arbeitsfähigkeit im Humboldt Forum und damit auch die Sichtbarkeit zu verbessern.
Ein Beispiel für gelingende Zusammenarbeit ist das Zusammenwirken zwischen dem Lautarchiv der Humboldt Universität zu Berlin und dem Phonogramm-Archiv der Staatlichen Museen zu Berlin im Humboldt Forum.
Mit dieser Stellungnahme positioniert sich der Deutsche Kulturrat erstmals zum Humboldt Forum. Er sieht seine Aufgabe darin, das Augenmerk auf strukturelle Probleme zu lenken und Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit der unterschiedlichen Akteure des Humboldt Forums zu machen. Er knüpft hierbei an seine Stellungnahme zur Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz vom 04.01.2021[1] an.
- Der Deutsche Kulturrat plädiert dafür, die Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und eine Reform des Humboldt Forums zusammenzudenken und gemeinsam anzugehen.
Im Folgenden setzt sich der Deutsche Kulturrat mit folgenden Aspekten auseinander:
- dem Standort,
- dem Gebäude,
- dem Förderverein,
- den Aufgaben und dem Selbstverständnis,
- der Struktur und
- der Finanzierung.
Er schließt mit einem Ausblick.
Der Standort
Der Standort ist ein Kristallisationsort kultur- und gesellschaftspolitischer Zäsuren in Deutschland. Erinnert sei an die Märzrevolution 1848, das Kaiserreich und seine Rolle in der Welt nach 1871, die Ausrufung der Weimarer Republik vom Balkon des Schlosses 1918, die Sprengung der Ruine des kriegsbeschädigten Schlüterbaus 1950, den Palast der Republik als Aushängeschild der DDR ab 1976 und den Abriss dieses Baudenkmals zwischen 2006 und 2008.
An diesem Ort kann deutsche Geschichte exemplarisch reflektiert werden. Allein im Rückblick auf die letzten dreißig Jahre änderte sich der Diskurs von einer innerdeutschen Diskussion zur Bedeutung des Palastes der Republik als Erinnerungsort im vereinigten Deutschland hin zu einer internationalen Debatte zum Umgang mit dem kolonialen Erbe bzw. der Dekolonisation. Es ist anzunehmen, dass weitere Themen, für die dieser Ort bedeutsam ist, im Laufe der Zeit an Relevanz gewinnen.
Das Gebäude
Das Humboldt Forum ist ein Gebäude in der Mitte Berlins. Seine Fassade ist an drei Seiten dem Berliner Schloss nachempfunden, nur die zum Spreeufer gewandte Fassade ist modern gestaltet. Die Innenhöfe und Treppenhäuser wie auch die Höhe der Räume entsprechen dem ehemaligen Berliner Schloss. Das gilt gleichermaßen für die Kuppel samt Kreuz und Inschrift.
Nutzer im Humboldt Forum sind mit unterschiedlich großen Flächen: Humboldt-Universität zu Berlin, Staatliche Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Stiftung Humboldt Forum und Stiftung Stadtmuseum Berlin. Im Gebäude sind sowohl Bundes- als auch Landeseinrichtungen untergebracht. Die Landeseinrichtungen, also die Humboldt-Universität zu Berlin und die Stiftung Stadtmuseum Berlin, sind im Gebäude präsent, weil das Grundstück dem Land Berlin gehört und der Bund zum Zeitpunkt der Bauentscheidung nicht bereit war, es dem Land Berlin abzukaufen. Mit dieser Entscheidung wurde schon vor der Grundsteinlegung eine strukturelle Hürde für die künftige Nutzung gelegt.
Mit der Entscheidung für den Gewinnerentwurf wurde nicht nur die äußere Gestalt des Gebäudes festgeschrieben, es wurden mit der Entscheidung für einen weitgehenden Nachbau des Schlosses auch die Raumhöhen und -aufteilungen präjudiziert. Bei der rückwärtsgewandten Planung wurden die aktuellen Nutzungen nicht adäquat berücksichtigt. Das Gebäude soll ein Ort für Museen, für kulturelle Vermittlungsarbeit, für Begegnungen und Veranstaltungen sein. Letztlich erweist sich aber, dass viele Räume nicht abgestimmt und zu unflexibel für die gedachten Nutzungen sind. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Das Land Berlin plante zunächst, dass die Zentral- und Landesbibliothek Berlin einen Teil der dem Land zustehenden Flächen nutzen soll. Für die Nutzung und den Bedarf einer Bibliothek wurden die Räume geplant. Nun werden diese Räume nicht von der Zentral- und Landesbibliothek, sondern von der Stiftung Stadtmuseum Berlin genutzt, die mit Blick auf Raumaufteilung und -klima ganz andere Anfordernisse an Räume hat als eine Bibliothek. Ein Teil der Vermittlungsarbeit der Stiftung Humboldt Forum findet ebenfalls in den ursprünglich der Zentral- und Landesbibliothek zugeordneten Flächen statt und auch hier erweist sich, dass die Räume für einen anderen Zweck gebaut wurden.
Bedauerlich ist ferner, dass ein neu eröffnetes Haus nur unzureichend den aktuellen ökologischen Anforderungen an Energieeffizienz entspricht. Allein die großen Verkehrsflächen, die kaum kontinuierlich genutzt werden können, bilden angesichts der gestiegenen Energiekosten eine erhebliche Herausforderung.
Erstaunlicherweise ist das Gebäude auch nicht für Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen konzipiert. Das gilt für den Zugang zu den verschiedenen Orten, für die Leitsysteme und anderes mehr.
- Zusammenfassend stellt der Deutsche Kulturrat zum Gebäude fest, dass es allein durch die Planung und Raumaufteilung, die fehlende Nachhaltigkeit und mangelnde Beachtung eines inklusiven Zugangs zahlreiche Mängel aufweist. Der Deutsche Kulturrat fordert, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um zumindest die technischen Nutzungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der realen Raumbedarfe sowie einer ökologisch nachhaltigen Nutzung zu verbessern. Gleichfalls gilt es, am Bau mit Blick auf inklusiven Zugang nachzubessern.
Der Förderverein
Der Förderverein Berliner Schloss hat maßgeblich dazu beigetragen, dass statt eines modernen zeitgenössischen Gebäudes, das für die demokratische Kultur der Bundesrepublik steht, ein Nachbau des spätabsolutistischen Berliner Stadtschlosses in der Mitte Berlins gebaut wurde. Auch die Kuppel samt Inschrift gehen wesentlich auf Initiative des Fördervereins Berliner Schloss zurück.
- Der Deutsche Kulturrat erkennt an, dass es dem Förderverein gelungen ist, die zugesagten Fördersummen durch Spenden zu sammeln.
- Der Deutsche Kulturrat fordert Politik und Verwaltung auf, einer weiteren Einflussnahme des Fördervereins Berliner Schloss in die bauliche Gestaltung und inhaltliche Arbeit des Humboldt Forums entschieden entgegenzutreten. Nach Fertigstellung des Baus muss die Autonomie von Wissenschaft und Kultur im Haus uneingeschränkt gelten.
Die Aufgaben und das Selbstverständnis
Die vier Nutzer, Humboldt-Universität zu Berlin, Staatliche Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Stiftung Humboldt Forum und Stiftung Stadtmuseum Berlin, haben jeweils eigene Aufgaben, verfolgen spezifische Zielsetzungen und richten sich an von ihnen identifizierte Zielgruppen. Ein gemeinsames Konzept oder Verständnis, was zu einer gemeinsamen Identität als Humboldt Forum führt, ist nicht zu erkennen.
Die Humboldt-Universität zu Berlin stellt im Humboldt Labor aktuelle Forschungsvorhaben und Ergebnisse vor. Das Humboldt Labor ist ein Ort der Vernetzung, der Diskussion, des Austauschs, der Interdisziplinarität und Internationalität, auch des Streitgesprächs zu drängenden Fragen unserer Zeit. Ziel ist es, einen Beitrag zur Wissenschaftskommunikation zu leisten. Eine wichtige Rolle spielen die Objekte der Universitätssammlungen und die Forschungen der Exzellenzcluster des Berliner Universitätsverbunds.
Die Staatlichen Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz zeigen auf zwei Geschossen mit 16.000 m² dauerhaft rd. 20.000 Exponate der Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst sowie sechs temporäre Ausstellungen. Die Ausstellungen sollen einen Blick auf vergangene und gegenwärtige Kulturen Afrikas, Amerikas, Asiens und Ozeaniens ermöglichen. Die Präsentation wurde teilweise in Zusammenarbeit mit Communities aus den Herkunftsgesellschaften erarbeitet und thematisiert auch Fragen nach der Herkunft der Objekte, nach Kolonialismus und Dekolonisation.
Die Stiftung Humboldt Forum als eigenständige Stiftung bürgerlichen Rechts wurde 2009 als Bauherrin und Betreiberin des Gebäudes Humboldt Forum errichtet. Sie verantwortet den sicheren Gebäudebetrieb, die Pflege des Hauses sowie Denkmalpflege und Denkmalschutz des Schlosskellers. Darüber hinaus konzipiert sie Ausstellungen, veranstaltet Festivals, lädt Künstlerinnen und Künstler sowie Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ein und verantwortet ein Vermittlungsprogramm, das sich mit dem Ort und seiner Geschichte in verschiedenen Dimensionen befasst.
Die Stiftung Stadtmuseum Berlin erzählt in der Ausstellung BERLIN GLOBAL mit Installationen und atmosphärischen Inszenierungen vom komplexen Beziehungsgeflecht zwischen Berlin und der Welt. Die Ausstellung BERLIN GLOBAL ist in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern entstanden und spiegelt vielfältige Perspektiven von unterschiedlichen Communities auf die Stadt.
Im Juni 2021 haben sich die vier Nutzer des Gebäudes auf eine gemeinsame Erklärung verständigt, in der sie sich in ihrem Selbstverständnis „als ein Forum der Vielstimmigkeit, als Ort der Berliner Stadtgesellschaft wie auch als Ort für Besucher*innen und Mitwirkende aus der gesamten Welt“ beschreiben. Die Vielstimmigkeit ist Programm der Nutzer und soll sich im Angebot widerspiegeln. Das Humboldt Forum soll ein sich stetig weiter entwickelnder Ort der Diversität, der Wissensvermittlung und der kritischen Reflektion sein.
Vielstimmigkeit allein ist jedoch noch kein Qualitätsmerkmal und schon gar kein Selbstzweck. Ebenso handelt es sich beim Humboldt Forum um keine kommunale, sondern eine Bundesinstitution. Dieses muss sich auch in der adressierten Zielgruppe widerspiegeln.
- Der Deutsche Kulturrat stellt fest, dass sich weder das gemeinsame Anliegen erschließt, noch die unterschiedlichen Aufgaben oder Verantwortlichkeiten nachvollziehbar zu erkennen sind. Aus beabsichtigter Vielstimmigkeit wird so fehlende Sichtbarkeit und mangelnde Profilierung. So bleibt unklar, wovon die Rede ist, wenn vom Humboldt Forum gesprochen wird. Im Sinne der nationalen und internationalen Besucherinnen und Besucher, die im Zweifel wissen wollen, wer was im Humboldt Forum verantwortet, sollten die jeweiligen Aufgaben und Verantwortlichkeiten klar und verständlich dargestellt werden.
- Der Deutsche Kulturrat fordert Politik und Verwaltung auf, die Aufgaben der unterschiedlichen Nutzer zu überdenken, im Dialog mit ihnen weiterzuentwickeln und so zu einem profilgebenden gemeinsamen Selbstverständnis beizutragen. Ein wichtiger Aspekt sollte dabei die Orientierung an den Besucherinnen und Besuchern aus Deutschland und der ganzen Welt sein.
Die Struktur
Die Stiftung Humboldt Forum ist als Bauherrin und Betreiberin vorrangig für das Management des Gebäudes Humboldt Forum zuständig. Sie versteht sich aber weniger als technischer Dienstleister für die anderen Nutzer sondern vielmehr als Akteur, der inhaltliche Impulse setzen und eigene Programme verwirklichen will. Dieses Selbstverständnis führt zu Interessenkonflikten des „Hausherrn“ mit den anderen Akteuren sowie zur Konkurrenz um Ressourcen, die als „Einmischung“ in die Arbeit anderer Nutzer verstanden wird. Die Problematik wird allein schon dadurch sichtbar, dass vor den jeweiligen Ausstellungsflächen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst in einem Ausstellungsraum eine von der Stiftung Humboldt Forum verantwortete Ausstellung zu sehen ist. Dies ergänzt bestenfalls die andere Ausstellung, sorgt jedoch vielfach bei den Besucherinnen und Besuchern für Verwirrung und Unklarheit.
Leidige Störfelder entstehen aber nicht nur durch inhaltliche Überschneidungen, sondern ebenso aufgrund struktureller Probleme, die verschiedene Rechtsgebiete betreffen. Zuerst ist hier die föderale Struktur zu nennen, d. h. die Verantwortlichkeit eines Landes und des Bundes. So gelten in Bund und Land Berlin unterschiedliche Tarifverträge, was den Personalaustausch erschwert. Aus haushaltsrechtlichen Gründen sind Querfinanzierungen kaum möglich. Steuerrechtliche Hindernisse in der Personalgestellung treten hinzu. Diese rechtlichen und finanztechnischen Hürden behindern die Zusammenarbeit.
Als weiteres Problem stellt sich, dass ein Teil der Ausstellungen (Ethnologisches Museum und Museum für Asiatische Kunst) eintrittsfrei zu besuchen ist (Bund), andere wie die Ausstellung der Stiftung Stadtmuseum Berlin (Land) kostenpflichtig sind. Dies führt zu Unverständnis innerhalb des Hauses, aber auch innerhalb der Staatlichen Museen zu Berlin, deren Ausstellungen gegenüber dem Gebäude Humboldt Forum auf der Museumsinsel ebenfalls Eintritt kosten. Für Besucherinnen und Besucher ist diese Regelung ohnehin nicht nachzuvollziehen.
Im Gesamtkontext von Museumsinsel und Humboldt Forum fehlt das Museum für Europäische Kulturen, das in Berlin-Dahlem verblieben ist. Damit fehlt ein wichtiger Sammlungsbestand mit Bezug zur Rolle Europas in der Weltgeschichte, speziell im Hinblick auf den Kolonialismus und die deutsche Verantwortung.
- Der Deutsche Kulturrat sieht daher als wesentliche erste Aufgabe von Politik und Verwaltung, die Struktur des Gebildes Humboldt Forum zu klären und neu zu ordnen. Dazu gehört auch, die Aufgaben der verschiedenen Akteure und Rollen im Gebäude Humboldt Forum so zu beschreiben, dass strukturelle Hindernisse aufgelöst und dadurch potenzielle Synergien gehoben werden.
- Der Deutsche Kulturrat sieht die derzeitige Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Chance, Rolle, Aufgaben und Funktionen des Humboldt Forums und insbesondere der Stiftung Humboldt Forum neu zu justieren. Der Reformprozess sollte genutzt werden, um die Stiftung Humboldt Forum in die Stiftung Preußischer Kulturbesitz einzugliedern. Die Aufgaben des Gebäudemanagements sollten von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wahrgenommen werden.
Eine Leerstelle im Gebäude Humboldt Forum ist derzeit, der in der Entstehungszeit unter der Überschrift „Agora“ geplante Diskursraum, der eben kein Museum sein und unabhängig von den Sammlungen gesellschaftliche, kulturgeschichtliche und wissenschaftliche Debatten ermöglichen soll. Hierfür könnten auch die Höfe beispielsweise für Konzerte und andere Formate genutzt werden. Teilweise wird diese Aufgabe bereits jetzt von der Stiftung Humboldt Forum übernommen.
- Der Deutsche Kulturrat schlägt vor, der bisherigen Stiftung Humboldt Forum die Aufgabe zu übertragen, den Diskursraum „Agora“ zu gestalten und sich hierauf zu konzentrieren. Hier könnte mit einem eigenständigen öffentlichen Programm aus den verschiedenen künstlerischen Sparten unter Berücksichtigung des immateriellen Kulturerbes ein lebendiger Kulturort entstehen. Die bisherige Stiftung Humboldt Forum soll dann, wie im Reformprozess der Stiftung Preußischer Kulturbesitz für die verschiedenen Standorte ohnehin geplant, inhaltliche Autonomie für öffentliche Programme erhalten sowie sich auf übergreifende Fragestellungen konzentrieren.
- Der Deutsche Kulturrat schlägt ferner vor, dass das Museum für Europäische Kulturen in das Gebäude des Humboldt Forums zieht. So könnten die vielfältigen Bezüge zwischen europäischen, deutschen und globalen Entwicklungen und Verflechtungen sichtbar gemacht werden.
- Der Deutsche Kulturrat schlägt weiter vor, dem Land Berlin ein Angebot bezüglich der durch die Stiftung Stadtmuseum Berlin genutzten Flächen zu machen. Diese Flächen sollten nach einer baulichen Ertüchtigung für das Museum für Europäische Kulturen zur Verfügung stehen.
- Der Deutsche Kulturrat schlägt weiter vor, dass die Geschichte des Ortes für die Besucherinnen und Besucher anschaulich und präsent gemacht wird.
- Der Deutsche Kulturrat schlägt darüber hinaus vor, dass die Humboldt Universität zu Berlin und die Staatlichen Museen enger zusammenarbeiten und insbesondere in der Wissenschafts-kommunikation Synergien entwickeln.
Die Finanzierung
Finanzierung und Struktur bedingen einander. In der derzeitigen Struktur findet eine Finanzierung der verschiedenen Akteure durch das Land Berlin bzw. den Bund statt. Wie oben bereits beschrieben, führt diese Finanzierung zu verschiedenen rechtlichen und haushalterischen Problemen sowie zu Friktionen zwischen den Nutzern des Gebäudes Humboldt Forum.
Eine Strukturänderung muss eine veränderte Finanzierung nach sich ziehen. Die Kosten ergeben sich aus der Struktur. Hierbei sind steigende Kosten für das Personal aufgrund von an die Inflationsentwicklung anzupassenden Tariferhöhungen sowie deutlich höhere Betriebskosten aufgrund der erheblich steigenden Energiekosten dringend zu berücksichtigen. Um ein ambitioniertes Programm anbieten zu können, muss die derzeitige Unterfinanzierung aufgehoben werden.
- Der Deutsche Kulturrat fordert, dass das Humboldt Forum so finanziert wird, dass es in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen. Wesentlich ist aus Sicht des Deutschen Kulturrates ein ausgewogenes Verhältnis zwischen technischen Betriebsausgaben, Personalausgaben und Programmausgaben. Bei einem, wie vom Deutschen Kulturrat vorgeschlagenen technischen Betrieb des Gebäudes durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, muss deren Etat entsprechend erhöht werden. Dies gilt auch für die Personalmittel bei einer Eingliederung der Stiftung Humboldt Forum in die Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
Ausblick
Das Gebäude Humboldt Forum bietet allein aufgrund seiner Größe die Chance nach Verbindungen, nach Perspektivwechseln, nach der Verhandlung zentraler Themen aus Gesellschaft und Kultur. Die große Chance besteht darin, diese in einer immer mehr zusammenrückenden Welt an einem lebendigen Ort in der Mitte der deutschen Hauptstadt zu verhandeln und dabei permanent aktuelle Anforderungen und Diskussionsprozesse aufzugreifen. Deshalb muss alles unternommen werden, um die Gefahr zu bannen, sich in Selbstbezüglichkeiten, Abgrenzungen, Zuständigkeiten, letztlich im Kleinklein zu verlieren.
Politik und Verwaltung haben die Verantwortung, durch eine eindeutige Struktur, klar umrissene Aufgaben, ausreichender Autonomie bei der inhaltlichen Ausfüllung der Aufgaben und einer daraus folgenden ausreichenden Finanzierung den Rahmen dafür zu setzen, dass das Humboldt Forum zu einer Erfolgsgeschichte wird. Der Deutsche Kulturrat will mit seinen Forderungen und Vorschlägen zu diesem Gelingen beitragen.
[1] Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zur Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz vom 4. Januar 2021