Berlin, den 23.06.2017. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, formuliert die nachfolgenden Forderungen an die Bundeskulturpolitik für die Wahlperiode 2017 bis 2021. In den kommenden vier Jahren gilt es, die kulturpolitischen Weichen für das nächste Jahrzehnt zu stellen.
Der Deutsche Kulturrat repräsentiert die verschiedenen künstlerischen Sparten und die unterschiedlichen Bereiche des kulturellen Lebens. In ihm haben sich Verbände und Organisationen der Künstler, der Kultureinrichtungen, der kulturellen Bildung, der Kulturvereine und der Kulturwirtschaft zusammengeschlossen. Gemeinsam treten die im Deutschen Kulturrat verbundenen Organisationen für Kunst-, Meinungs- und Informationsfreiheit sowie den Schutz der Urheberinnen und Urheber ein und machen sich für ein lebendiges kulturelles Leben, das die Vielfalt der Kulturen und kulturellen Ausdrucksformen widerspiegelt, für bestmögliche Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur und eine umfassende kulturelle Teilhabe stark. Der Deutsche Kulturrat versteht Kulturpolitik als Gesellschaftspolitik.
Die Arbeit des Deutschen Kulturrates ist Ausdruck des zivilgesellschaftlichen Engagements für Kunst und Kultur. Dieses gründet in den Vereinen, in denen Menschen selbst künstlerisch aktiv sind und mit ihrem Engagement einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Bildung und zum kulturellen Leben vor Ort leisten. Es zeigt sich in Fördervereinen und Stiftungen, die Kulturinstitutionen finanziell und ideell unterstützen und damit kulturelles Leben ermöglichen. Es spiegelt das Engagement in Berufsverbänden und Gewerkschaften sowie in Wirtschaftsverbänden. Es entspringt dem Impetus, Verantwortung für Kunst und Kultur sowie die auf sie bezogenen Wissenschaften zu übernehmen. Es wird befördert durch interkulturelle Begegnung und gemeinsames Lernen an vielfältigen Bildungsorten. Bürgerschaftliches Engagement ist Ausdruck der Selbstermächtigung der Bürgerinnen und Bürger und damit ein lebendiger Teil der Demokratie. Eine starke Zivilgesellschaft stärkt die Demokratie.
- Kulturelle Integration als Chance für gesellschaftlichen Zusammenhalt gestalten
Kultur trägt neben der sozialen Integration und der Integration in Arbeit wesentlich zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei. Kulturinstitutionen vermitteln Geschichte und Gegenwart Deutschlands und ermöglichen eine Auseinandersetzung mit den Werten der Gesellschaft. Sie sind Orte der Begegnung und des gemeinsamen Lernens. Integration ist ein Prozess, der beide Seiten, die Aufnahmegesellschaft und die Migrantinnen und Migranten, fordert. Hierzu gehört auch, Zugewanderte als selbstverständlichen Teil der deutschen Gesellschaft zu begreifen. Deutschland ist ein Einwanderungsland. Erfolgreiche historische Integrationsprozesse sind Teil unseres kulturellen Erbes und unserer Identität. In den 15 Thesen „Zusammenhalt in Vielfalt“, die vom Deutschen Kulturrat zusammen mit 27 anderen Organisationen und Institutionen aus der Zivilgesellschaft, den Kirchen und Religionsgemeinschaften, den Sozialpartnern, den Medien, den kommunalen Spitzenverbänden, den Ländern und der Bundespolitik erarbeitet und am 16.05.2017 der Öffentlichkeit vorgestellt wurden, wird formuliert, wie kulturelle Integration zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beiträgt.
Der Deutsche Kulturrat fordert, kulturelle Integration als Chance für gesellschaftlichen Zusammenhalt zu gestalten. Er sieht die Notwendigkeit, stärker als bisher das kommunikative Potenzial, die Vermittlungskraft von Kultur und die kulturelle Dimension von Teilhabe in den Mittelpunkt von Integrationsanstrengungen zu rücken. Er fordert ein bundesweites großes Programm für kulturelle Integration und Teilhabe für alle Altersgruppen, das von zivilgesellschaftlichen Organisationen getragen wird, auf deren Kompetenz setzt, eine „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ ähnelnde Reichweite hat und bei der Beauftragten für Kultur und Medien oder gegebenenfalls einem Bundesministerium für Kultur und Medien angesiedelt ist.
- Gerechten Welthandel umsetzen
Die Globalisierung des Handels mit Waren und Dienstleistungen wurde in den letzten Jahren durch die Verhandlung von weiteren Handelsabkommen der EU vorangetrieben. Dabei ist das Ziel eines gerechten Welthandels, wie es auch in der UNESCO-Konvention Kulturelle Vielfalt für den Kulturbereich formuliert wird und den Ländern des Südens den Zugang zu den Märkten ermöglichen soll, aus dem Blick geraten. Doch nur mithilfe eines gerechten Welthandels wird eine nachhaltige Entwicklung in den Ländern des Südens möglich sein, die auf lange Sicht friedensstiftend sein wird. Der Kulturbereich wird in den Debatten um die internationalen Handelsabkommen oftmals ausschließlich mit Blick auf öffentliche Förderung betrachtet. Digitale Verbreitungswege, die längst weltweit sind, werden vernachlässigt. Die Kulturmärkte sind kleinteilig und vielfach sprachgebunden. Sie bedürfen daher eines besonderen Schutzes.
Der Deutsche Kulturrat fordert, dass sich die Handelspolitik am Ziel eines gerechten Welthandels orientiert. Er ist der Auffassung, dass Freihandelsabkommen transparent verhandelt und zivilgesellschaftliche Akteure angehört werden müssen. Er betont, dass bei Freihandelsabkommen die Besonderheiten der Kultur- und Medienmärkte und des Bildungsbereiches nicht gefährdet werden dürfen und entsprechende Schutzmechanismen errichtet werden müssen. Er unterstreicht, dass nationale Maßnahmen zur Sicherung der kulturellen Vielfalt durch internationale Handelsabkommen nicht in Gefahr geraten dürfen.
- Nachhaltigkeit verwirklichen
Im September 2015 hat die Staatengemeinschaft die UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung verabschiedet. In dieser verbindlichen Agenda werden Nachhaltigkeitsziele für alle Staaten dieser Welt beschrieben. Ihre Umsetzung betrifft auch den Kultur- und Mediensektor, geht es doch darum, Entwicklung, Natur und Kultur stärker zusammenzudenken und im politischen Handeln zu berücksichtigen. Im Zentrum der Nachhaltigkeit stehen dabei nicht nur Umwelt, sondern auch kulturelle, wirtschaftliche und soziale Aspekte. Das Zeitalter des Menschen, das Anthropozän, verlangt, sich mit den Auswirkungen der von Menschen gemachten Veränderungen in Natur, Umwelt, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft intensiv auseinanderzusetzen und Maßnahmen zum Schutz der natürlichen und kulturellen Lebensgrundlagen zu ergreifen.
Der Deutsche Kulturrat fordert, die UN-Agenda für nachhaltige Entwicklung stärker in das Bewusstsein zu rücken und den Änderungsbedarf in Deutschland – insbesondere aus der Perspektive der Künste und der Kultur – mehr herauszustreichen. Er sieht das Erfordernis, dass sich vermehrt mit den kulturellen Auswirkungen vom Klimawandel auseinandergesetzt wird. Er betont, dass die UN-Agenda für nachhaltige Entwicklung ebenfalls für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik von Bedeutung ist.
- Digitalisierung gestalten
Die Digitalisierung hat in den letzten Jahrzehnten die Produktion und Verbreitung von Kunst und Kultur grundlegend verändert. Neue Akteure, die sich nicht als Teil des Kulturbereiches verstehen, haben eine erhebliche Marktmacht erlangt. Bestehende Regulierungen, die für die herkömmlichen Verbreitungswege von Kultur entwickelt wurden, greifen nur unzureichend. Zugleich bietet die Digitalisierung Chancen, Kunst und Kultur zu bewahren und zugänglich zu machen. Eine gleichberechtigte digitale Teilhabe ist dringend erforderlich.
Der Deutsche Kulturrat fordert, Plattformbetreiber und andere neue Anbieter digitaler kultureller Inhalte in die Medienregulierung konsequent einzubeziehen, sodass für alle Marktakteure faire Wettbewerbschancen bestehen. Er sieht das Erfordernis, die Digitalisierung von Kulturgut wie die Langzeitarchivierung und
-verfügbarhaltung voranzutreiben und hierfür die entsprechenden finanziellen Ressourcen bereitzustellen. Digitalisierung ist eine Langzeitinvestition, die, soll sie nachhaltig sein, dauerhaft finanzielle Absicherung erfordern wird. Hierzu gehört auch eine adäquate Mittelausstattung der Deutschen Digitalen Bibliothek als Einrichtung des Bundes, die in die Europeana eingebunden ist. Die Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz muss über alle Bevölkerungsgruppen hinweg mithilfe entsprechender Förderprogramme gestärkt werden. Der Deutsche Kulturrat fordert weiter, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für E-Books eingeführt wird. Zudem sollte es auch eine adäquate Förderung von neuen audiovisuellen Entwicklungen und Formaten geben.
- Kulturelle Bildung voranbringen
Kulturelle Bildung ist ein Schlüssel zur Welt und Grundlage für kulturelle Teilhabe. Kulturelle Bildung eröffnet Chancen zur Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur. Kulturvermittlung als Teil der kulturellen Bildung ebnet den Weg zur Beschäftigung mit Kultur und Geschichte. Kulturelle Bildung ist die Voraussetzung, um sich für einen künstlerischen Berufsweg zu entscheiden. Kulturelle Bildung ist eine eigenständige Aufgabe in der Kultur-, Bildungs- und Jugendpolitik mit je eigener Fachlichkeit.
Der Deutsche Kulturrat fordert, das Kooperationsverbot von Bund und Ländern im Bildungsbereich abzuschaffen, um einem kooperativen Bildungsföderalismus den Weg zu eröffnen. Er unterstreicht, dass in Kultureinrichtungen kulturelle Bildung ein eigenständiger Bereich ist und sieht die Notwendigkeit, in den vom Bund geförderten Einrichtungen die dafür notwenigen Ressourcen dauerhaft zur Verfügung zu stellen. Er betont die Bedeutung einer Infrastruktur für kulturelle Bildung, die einer eigenständigen Förderung bedarf und durch Projekte ergänzt werden sollte. Er fordert ein politisches Handeln für kulturelle Bildung für alle Generationen.
- Geschlechtergerechtigkeit leben
Das grundgesetzlich verbriefte Recht der Gleichberechtigung von Mann und Frau ist auch im Kultur- und Medienbereich noch nicht verwirklicht. Künstlerinnen verdienen weniger als Künstler. Führungsfunktionen sind vor allem von Männern besetzt. Frauen partizipieren weniger an der individuellen Künstlerinnen- und Künstlerförderung als Männer, obwohl mehr Studentinnen als Studenten künstlerische Disziplinen studieren. Geschlechtergerechtigkeit geht beide, Frauen und Männer, an.
Der Deutsche Kulturrat fordert die geschlechtergerechte Besetzung von Gremien und Jurys zur Vergabe von Preisen und Auszeichnungen. Hier muss der Bund mit gutem Beispiel vorangehen und zumindest das Bundesgremiengesetz konsequent anwenden. Bei Fördermaßnahmen des Bundes sowie in eigenen Bundeseinrichtungen muss Geschlechtergerechtigkeit konsequent umgesetzt werden. Der Deutsche Kulturrat sieht weiter die Notwendigkeit, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer zu verbessern. Er plädiert dafür, insbesondere klein- und mittelständische kulturwirtschaftliche Unternehmen in der Personalentwicklung zu unterstützen, damit mehr Frauen Führungsverantwortung übernehmen können. Hierfür sollen geeignete Fördermaßnahmen entwickelt werden.
- Arbeits- und Sozialpolitik anpassen
Der Kultur- und Mediensektor ist für viele ein attraktiver Arbeitsmarkt. In den letzten Jahren ist die Zahl der Studierenden in den künstlerischen Disziplinen stetig angestiegen. Zugleich zeichnet sich in einigen Arbeitsbereichen, speziell in Dualen Ausbildungsgängen im Kultur- und Mediensektor, ein Fachkräftemangel ab, da nicht genügend junge Menschen beruflich aus- und weitergebildet werden. Die wirtschaftliche und soziale Situation im Kultur- und Medienbereich ist sehr unausgewogen. Einige wenige können sehr hohe Einkommen erzielen. Sie prägen sehr oft die Wahrnehmung dieses Arbeitsmarktsegments. Sehr viele allerdings haben geringe Einkommen. Sie sind unregelmäßig beschäftigt oder können mit ihren Werken nur geringe Preise am Markt erzielen. Den Geringverdienern droht die Altersarmut.
Der Deutsche Kulturrat fordert die Fortführung der Künstlersozialversicherung als Sondersystem der sozialen Sicherung. Es sollte geprüft werden, inwiefern weitere Selbständige aus dem Kultur- und Mediensektor, die nicht Mitglied der Künstlersozialversicherung werden können, in die gesetzliche Sozialversicherung einbezogen werden können. Der Deutsche Kulturrat sieht das Erfordernis einer Anpassung der Zugangsvoraussetzungen zum Arbeitslosengeld I. Er plädiert für eine bessere Information über Berufe und Berufschancen des Kultur- und Mediensektors speziell im Rahmen des Dualen Ausbildungssystem. Er sieht die Notwendigkeit einer Verbesserung der Weiterbildungsmöglichkeit für die unterschiedlichen Akteure des Kultur- und Medienbereiches und insbesondere der Kostenfreiheit und Freistellung für berufliche Weiterbildung und Höhere Berufsbildung. Eine bundesweite Rahmenregelung zur Weiterbildung könnte auch die bestehenden Strukturen stärken. Weiter gilt es, Anpassungen der Förderungsmöglichkeiten von Weiterbildungsmaßnahmen durch die Bundesagentur für Arbeit vorzunehmen.
- Gesetzliche Regeln zum Urheberrecht konsequent anwenden
Im Koalitionsvertrag für diese Wahlperiode (2013-2017) wurde der Ausgleich der Interessen der Urheber, der Rechteinhaber und der Nutzer betont. Das ändert allerdings nichts daran, dass es weiterhin der Zweck des Urheberrechts ist, den Urheber in seinen geistigen und ökonomischen Beziehungen zu seinem Werk und bei der Sicherung einer angemessenen Vergütung zu schützen (§ 11 UrhG).
Der Deutsche Kulturrat fordert, an diesem Konzept festzuhalten. Das schließt keineswegs aus, auch die Interessen von sonstigen Rechteinhabern oder von Nutzern bei der erforderlichen Interessenabwägung zu berücksichtigen. Der Deutsche Kulturrat erwartet von der zukünftigen Bundesregierung, die anhängigen Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene in diesem Sinne zu begleiten. Besonders eilbedürftig sind dabei die Regelungen zur Verlegerbeteiligung und zur Nutzung vergriffener Werke. Hier sollte – nach Verabschiedung der Bestimmungen auf europäischer Ebene – schnellstmöglich die nationale Umsetzung in Angriff genommen werden. Die Frage des Umgangs mit einem sogenannten E-Lending bedarf vor einer Entscheidung über gesetzliche Maßnahmen der vertieften Prüfung durch alle Beteiligten.
- Kulturelles Erbe sichern, weitergeben und fördern
Das vielfältige kulturelle Erbe zeugt von der Vergangenheit, muss in der Gegenwart vermittelt und für die Zukunft gesichert werden. Die Beschäftigung mit dem kulturellen Erbe bietet Potenziale für aktuelle und in die Zukunft gerichtete Debatten. Das Kulturerbe hat sowohl eine lokale, eine regionale als auch eine nationale bzw. internationale Dimension. Es umfasst das materielle Kulturerbe wie Bau- und Bodendenkmäler jeder Art sowie die Bestände von Archiven, Künstlernachlässen, Bibliotheken und Museen mit unterschiedlichsten Inhalten und Formen der kulturellen und wissenschaftlichen Überlieferung, also Werken der bildenden Kunst und des Designs, Archivalien, Handschriften, Filmen, Computer- und Videospielen, Musikalien, Fotografien und Tonträgern. Es umfängt ebenso das immaterielle Kulturerbe wie mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksformen, Bräuche bzw. das Wissen und die Weitergabe von kulturellen Praxen.
Der Deutsche Kulturrat fordert, nachhaltige Maßnahmen zur Sicherung des materiellen Kulturerbes, wie z.B. des baulichen, schriftlichen, bildlichen oder des audiovisuellen Kulturguts, zu ergreifen. Er sieht das Erfordernis einer Stärkung der Denkmalförderprogramme des Bundes, in denen Experten-basierte fachliche Kriterien zur Vergabe von Mitteln für den Erhalt des baukulturellen Erbes festgelegt sind. Er erinnert daran, dass das kulturelles Erbe der besonderen Vermittlung bedarf und sieht hier Aufgaben der kulturellen Bildung.
- Welterbestätten dauerhaft fördern
Schutz, Erhalt und Management von UNESCO-Welterbestätten in Deutschland bedeuten für alle Beteiligten eine große fachliche und finanzielle Herausforderung. So erfordern und erzeugen die administrativen Aufgaben von Welterbestätten in der Abstimmung von Veränderungen am Welterbe, des Monitorings, der Meldepflichten einen erheblichen personellen und finanziellen Mehraufwand. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Prüfverfahren, die erforderlich sind, wenn das Welterbe in seiner Wirkung nicht beeinträchtigt werden und der Welterbestatus erhalten bleiben soll.
Der Deutsche Kulturrat fordert die Bereitstellung einer dauerhaften Finanzierung des Bundes für die Welterbestätten, damit sie ihren von der UNESCO aufgetragenen Aufgaben nachkommen können.
- Kommunen stärken
Die Kommunen sind der Lebensmittelpunkt der Bürgerinnen und Bürger. Hier findet das kulturelle Leben statt, hier engagieren sich die Bürgerinnen und Bürger, hier wird kulturelle Bildung verwirklicht. Die Kommunen tragen den größten Teil der Kulturfinanzierung.
Der Deutsche Kulturrat fordert, die Kommunen – auch finanziell – zu stärken, damit sie ihren vielfältigen Aufgaben gerade auch in Kunst und Kultur, in der kulturellen Bildung sowie der kulturellen Integration nachkommen können.
- Kulturpolitik in Europa gestalten
Die Europäische Union hat nur eine schmale Zuständigkeit, was die Förderung von Kunst und Kultur betrifft. Sie kann hier nur subsidiär wirken. In anderen Politikfeldern wirkt die Europäische Union allerdings mittelbar auf die Kulturpolitik ein, beispielsweise in der Urheberrechts-, der Medien- oder auch der Handelspolitik.
Der Deutsche Kulturrat fordert, dass die in den Europäischen Verträgen fixierte Kulturverträglichkeitsprüfung von deutscher Seite mit Leben gefüllt wird. Hier sollte mit gutem Beispiel vorangegangen und alle europäischen Vorhaben auf ihre Kulturverträglichkeit geprüft werden. Ganz besonders gilt es dabei, die Digitalisierungsstrategien sowie die Handelspolitik mit ihren Auswirkungen auf den Kultur- und Medienbereich in den Blick zu nehmen. Die EU-Kulturförderung soll aufgestockt werden. Der Deutsche Kulturrat sieht weiterhin die Notwendigkeit, innerhalb der Europäischen Union auf die Einhaltung der Meinungs- und Kunstfreiheit hinzuwirken.
- Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik weiterdenken
Die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) hat in der globalisierten Welt eine neue Dimension erhalten. Deutschland ist eingebunden in globale Diskussions- und Entscheidungsprozesse. Die Gewichte in der Welt verschieben sich, neue aufstrebende Nationen gewinnen politisch und wirtschaftlich an Stellenwert. Zugleich scheint der alte Ost-West-Konflikt wieder an Bedeutung zu gewinnen. Deutschland als wichtiger Kultur- und Industrienation kommt in der sich verändernden Welt eine bedeutende Rolle zu.
Der Deutsche Kulturrat fordert, dass sich die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik als Teil des Nord-Süd-Dialogs und der Friedenspolitik versteht und mit der Kulturpolitik im Inland gerade mit Blick auf die Nachhaltigkeitsziele stärker verbunden wird. Bestehende haushaltsrechtliche Hemmnisse einer engeren Verzahnung von Auswärtiger Kultur- und Bildungspolitik und Kulturpolitik im Inland gilt es zu beseitigen. Er sieht das Erfordernis, dass die Vielfalt der zivilgesellschaftlichen Akteure in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik gestärkt wird und sie in die Entwicklung von Strategien der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik eingebunden werden. Das gilt beispielsweise auch für den kulturellen Jugendaustausch.
- Stärkung der Bundeskulturpolitik
Vor zwanzig Jahren, im Jahr 1997, hat der Deutsche Kulturrat die Forderung nach einer Bündelung der kulturpolitischen Kompetenzen des Bundes in einer Funktion und einem Ansprechpartner für Kulturpolitik in der Bundesregierung erhoben. Im Jahr 1998 wurde das Amt der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien eingerichtet. Die Behörde ist seither stetig gewachsen und hat eine Fülle neuer Aufgaben übernommen, sodass nun der nächste Schritt überfällig ist.
Der Deutsche Kulturrat fordert, Kulturpolitik in seiner Verschränkung mit anderen Politikfeldern zu begreifen und dem durch die Einrichtung eines Bundesministeriums für Kultur und Medien Rechnung zu tragen. Die Einrichtung eines solchen Ministeriums wäre die konsequente Weiterentwicklung der bisherigen Struktur der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und würde die Bedeutung, die Kulturpolitik für das Zusammenleben in Deutschland, für die Künste, für die Entwicklung der Medienlandschaft und nicht zuletzt für das kulturelle Leben in Deutschland hat, unterstreichen. Der Deutsche Kulturrat regt an, in diesem Zusammenhang zu diskutieren, inwiefern die Bundeskulturpolitik im Inland und die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik in einem Ministerium zusammengeführt werden können. Er sieht das Erfordernis, dass kultur- und medienwirtschaftliche Belange in diesem neuen Bundesministerium für Kultur und Medien zusammengeführt werden sollen und damit diesem wichtigen Wirtschaftszweig die entsprechende Bedeutung verliehen wird. Weiter sind Impulse für kulturelle Bildung seitens der Bundeskulturpolitik unverzichtbar. Der Deutsche Kulturrat fordert die Verankerung des Staatsziels Kultur im Grundgesetz mit folgendem Wortlaut: „Der Staat schützt und fördert die Kultur“.