CETA muss gemischtes Abkommen werden – Resolution des Deutschen Kulturrates

Bund und Bundesländer müssen jetzt für ihre künftige Kulturpolitikfähigkeit streiten

Berlin, den 01.07.2016. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, verfolgt bereits seit langem die Verhandlungen der EU-Kommission zu den Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) sowie der EU und Kanada (CETA). Zu den TTIP-Verhandlungen hat sich der Deutsche Kulturrat bereits vor Erteilung des Verhandlungsmandats in seiner Stellungnahme „Kulturelle Ausnahme ist bei geplantem Freihandelsabkommen zwischen EU und USA unverzichtbar“ vom 06.05.2013 positioniert. Am 18. Juni 2014 hat der Deutsche Kulturrat zu den laufenden TTIP-Verhandlungen Stellung genommen.

 

Mit dieser Stellungnahme positioniert sich der Deutsche Kulturrat zum Freihandelsabkommen der EU mit Kanada, CETA. Dieses Freihandelsabkommen hat unter anderem aufgrund seiner neuen Vertragsarchitektur, wie beispielsweise dem Wechsel von Positiv- zu Negativlisten, eine Signalwirkung für andere Freihandelsabkommen. Speziell ist es für das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA, TTIP, von herausragender Bedeutung. Die Verhandlungen zu CETA sind von administrativer Seite abgeschlossen, jetzt stehen die politischen Entscheidungen im Europäischen Parlament, in der Bundesregierung und im Europäischen Rat an.

 

CETA ist ein umfassendes Abkommen, das kanadischen Unternehmen weitreichenden Zutritt auf den europäischen Güter- und Dienstleistungsmarkt auch im Kultur-, Bildungs-, Wissenschafts- und Medienbereich ermöglicht. In dieser Stellungnahme konzentriert sich der Deutsche Kulturrat auf ausgewählte Kulturaspekte, in denen vor allem eine Zuständigkeit der Bundesländer vorliegt.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert die Mitglieder des Europäischen Parlaments und die Bundesregierung auf, die Zustimmung zu CETA davon abhängig zu machen, dass es als gemischtes Abkommen klassifiziert wird. Denn nur so werden der Deutsche Bundestag und die Bundesländer die Möglichkeit haben, noch Einfluss auf CETA zu nehmen.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert unter Berufung auf das Gutachten von Prof. Dr. Martin Nettesheim, das im Auftrag des Staatsministeriums des Landes Baden-Württemberg erstellt wurde, speziell die Bundesländer auf, bei den anstehenden Beratungen im Europäischen Parlament, in der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag darauf zu drängen, dass von deutscher Seite noch Maßnahmen zum Erhalt kulturpolitischer Gestaltungsmöglichkeiten konkretisiert werden. Das erwähnte Gutachten hat erstmals in der erforderlichen Klarheit aufgezeigt, wie stark durch das CETA-Abkommen die Handlungsspielräume der Bundesländer in kultur-, bildungs- und medienpolitischen Fragen eingeschränkt werden. Dazu gehört beispielsweise:

 

  • dass noch Maßnahmen ergriffen werden, um den Kulturbereich umfassend mittels Ausnahme- und Vorbehaltsklauseln freizustellen, damit Bundesländer und Kommunen weiterhin Handlungsspielräume in der Kulturförderung weiterhin behalten,
  • dass klargestellt wird, welche UN-Handelsklassifikation bei den audiovisuellen Dienstleistungen zugrunde gelegt wird,
  • dass sichergestellt wird, dass die Verantwortung der Bundesländer zur Regelung des Rundfunks nicht eingeschränkt wird,
  • dass Schutzmaßnahmen ergriffen werden, um sicherstellen, dass die Bundesländer auch bei einer Zuordnung von audiovisuellen Dienstleistungen in den Regelungsbereich der Telekommunikation ihre medienpolitischen Gestaltungsmöglichkeiten behalten,
  • dass Tatbestände eingefügt werden, um die Vielfalt des deutschen Filmangebots und der deutschen Filmförderung umfassend zu schützen – hier haben andere EU-Mitgliedstaaten weitergehende Vorbehalte im CETA-Vertragstext verankert,
  • dass die Bundesländer dafür sorgen, umfassende Vorbehalte bei den Unterhaltungsdienstleistungen einzuführen.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert die politisch Verantwortlichen in der Bundesregierung, dem Europäischen Parlament und dem Deutschen Bundestag auf, diese Aspekte vor der Ratifizierung von CETA einzubringen und den Vertragstext entsprechend zu ändern. Aus Sicht des Deutschen Kulturrates ist das CETA-Abkommen gegenwärtig nicht zustimmungsfähig.

 

Darüber hinaus unterstreicht der Deutsche Kulturrat mit dieser Stellungnahme noch einmal, dass so umfassende und tiefgreifende Handelsabkommen wie das CETA- oder TTIP-Abkommen der gesellschaftlichen Debatte bedürfen und deshalb alle Zwischenergebnisse, konsolidierten Texte und weitere maßgebliche Verhandlungsunterlagen öffentlich zugänglich gemacht werden müssen.

 

Vorheriger ArtikelTTIP, CETA & Co. und die Kultur kein Thema für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion?
Nächster ArtikelCETA so nicht zustimmungsfähig