Bauten für Kultur und Bildung: Appell zu deren Wertschätzung

Deutscher Kulturrat appelliert an Städte und Gemeinden, den gesellschaftlichen und sozialen Wert der Kultur- und Bildungsorte anzuerkennen

Berlin, den 05.12.2012. Das kulturelle Angebot von Schulen, Bibliotheken, Theatern, Stadthallen, Konzerthallen, Kulturzentren etc. gehört zum täglichen Leben. An diesen Orten werden gesellschaftliche Werte vermittelt, dort findet ein vielfältiger Austausch unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen statt, deren Gebäude tragen wesentlich zur Identifikation der Bürger mit ihrer Stadt bei.

 

Die Wertschätzung, die eine Gesellschaft Kultur und Bildung zuschreibt, findet ihren unmissverständlichen Ausdruck im Erscheinungsbild von Bildungs- und Kulturbauten. Ihre gestalterischen Raumqualitäten, ihre Ausstattung und ihr Umfeld bringen auf sehr symbolische Weise deren gesellschaftliche Anerkennung zum Ausdruck.

 

Nicht weniger entscheidend ist, dass gute Architektur das Erleben von Kultur, die Rezeption von Kunst und das Vermitteln von Wissen ganz zentral unterstützt. Museen, Theater und Konzerthäuser zeugen weltweit davon. Architektur ist nicht schmückendes Beiwerk für die Präsentation von Kunst und Kultur, sondern tragender Bestandteil des Gesamtkonzeptes. Gleiches gilt für Schulen und ihre Freiräume, in denen Architektur eine positiv wirkende Lernumgebung erreichen kann.

 

Derzeit können jedoch eine Vielzahl von Gebäuden diesen Anspruch einer Kulturnation keineswegs mehr einlösen. Immer mehr Städte vernachlässigen die bauliche Situation ihrer Bildungs- und Kultureinrichtungen: Eingeschränkt zu nutzende Gebäude, Zerfall und Verwahrlosung bestimmen vielerorts das Bild von Schulen, Theatern, Konzerthallen und Bibliotheken. Die Kommunen stecken in der Zwickmühle, weil nicht nur Gebäude eine dringende Sanierung erfordern, sondern auch die kommunalen Haushalte. Doch gerade an Orten, an denen Bildung und Kultur mit dem Alltag zusammenfallen, dürfen nicht kurzfristige Finanzabwägungen deren besonderen Einfluss auf das gesellschaftliche Leben einschränken oder gar verhindern.

 

Der Deutsche Kulturrat fordert daher:

 

  • kulturelle Institutionen und Bildungseinrichtungen müssen in die Lage versetzt werden, ihre Gebäude als Kulturgut zu erhalten bzw. aufzuwerten. Dazu gehört eine deutlich verbesserte Finanzausstattung der Kommunen sowie der Träger von Bildungs- und Kultureinrichtungen. Weitergehend ist das Potenzial von Bürgerstiftungen für die Unterhaltung der Bildungs- und Kulturlandschaft durch Kommunen und Länder – bspw. in Form von Ko- bzw. Anschlussfinanzierung – stärker einzubinden.
  • Um Bildungs- und Kulturbauten sowie ihr Umfeld mit einer hohen architektonischen und städtebaulichen Qualität zu sanieren bzw. neu zu bauen, ist im Vorfeld der Planung die optimale Lösung im Wettstreit der Ideen zu suchen. Hierfür sind qualifizierende Rahmenbedingungen wie beispielsweise die Auslobung von Architektenwettbewerben notwendig. Damit die projektierten Gebäude auch in einer entsprechenden Qualität realisiert werden, ist in der kommunalen Vergabepraxis nicht der »billigste«, sondern tatsächlich der »wirtschaftlichste« Anbieter auszuwählen.
  • Leerstehende und bauhistorisch wertvolle Gebäude können über eine kulturelle Nutzung eine Wiederbelebung erfahren und starke Impulse für die Entwicklung eines Stadtquartiers entfalten. Für Bildungs- und Kultureinrichtungen sind vermehrt diese Gebäude zu nutzen, um mit der Charakteristik des Bauwerks, der historischen Substanz, dem Alterungswert ein kleines Mosaikstück der Geschichte erlebbar zu bewahren.

 

Der Deutsche Kulturrat appelliert an Städte und Gemeinden, den gesellschaftlichen und sozialen Wert der Kultur- und Bildungsbauten anzuerkennen und diesem politisch wie finanziell gerecht zu werden.

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