Unvergessliche Zeugnisse besonderer Kulturen

Ethnologische Sammlungen im Museum "Haus Völker und Kulturen" in St. Augustin

Die Steyler Missionare, Societas Verbi Divini, kurz SVD, hatten den Auftrag, die indigenen Völker gründlich zu studieren. Durch die Initiativen der Steyler-Ethnologen, Wilhelm Schmidt SVD und seiner Ordensbrüder der „Wiener Schule“ für Kulturtheorie, wurde die ethnologische Forschung ein sehr wichtiger Aspekt in den Missionsaktivitäten, quasi ein Orientierungspunkt, des Ordens. Es war eine wichtige Voraussetzung für die Missionare, den unterschiedlichen kulturellen Kontext kennenzulernen, im Respekt gegenüber der Mentalität und des Glaubens fremder Menschen, bevor sie das Evangelium Jesu Christi im gegenseitigen Verständnis verkündeten.

 

Die Erforschung alter außereuropäischer Kulturen führte zu vielen Sammlungen wertvoller kultureller und ethnologischer Ressourcen, die dann in Missionshäusern ausgestellt wurden.

 

Haus Völker und Kulturen: Entstehung und Wirkung

 

Die Gründung des Museums für die ethnologische Sammlung in St. Augustin entstammt dem Missionsgeist. Der jahrzehntelange Wunsch, die von SVD-Missionaren gesammelten kunst- und ethnologischen Objekte in einem separaten Gebäude auszustellen und der interessierten Öffentlichkeit und Fachwissenschaft zugänglich zu machen, hat sich erfüllt. Am 16. November 1973 wurde das Museum Haus Völker und Kulturen (HVK) eröffnet.

 

Es entspricht einem völkerkundlichen Museum, ohne es im herkömmlichen Sinne zu sein. Es ist eine Sammlung von Exponaten aus Kulturen fremder

Völker.

 

Der Ursprung einer ethnologischen Sammlung im Missionshaus St. Augustin geht auf Francis Joseph Heinemans SVD und August Knorr SVD zurück, Missionare in Neuguinea, die bereits viele lokale Artefakte von Wewak und Ulupu aufbewahrt hatten. Heinemans und Knorr schrieben Anfang der 1960er Jahre in höchster Aufregung an Wilhelm Saake SVD, den damaligen Direktor des Anthropos Instituts in Sankt Augustin, dass man Kunstgegenstände der Einheimischen gesammelt habe, und zwar im Korewori/Sepik-Gebiet. Es wurden zugleich auch Fotos über den Yams-Kult, von Männerhäusern sowie von Jagd-und Beschneidungsriten geschickt.

 

Bis zum Ende der 1950er Jahre wurde diese Korewori-Kunst verkannt und als „primitiv“ eingestuft. Anfang der 1960er Jahre haben einige nordamerikanische und europäische Ethnologen und Forscher entdeckt, z. B. Alfred Bühler, dass es sich hier um eine eigenständige, einmalige und durchaus nicht „primitive“ Kunst handelt. In der Folge erwarben sie vor Ort zahlreiche Kunstobjekte und brachten diese in die USA oder Schweiz, um sie in Museen auszustellen oder zu verkaufen, weil viele Artefakte wegen des Cargo-Kultes in vielen Dörfern des Sepik-Gebietes zerstört wurden.

 

Heinemans und Knorr waren der Meinung – auch vor dem Hintergrund, dass ihr Missionsgebiet, bis 1918 als Kaiser Wilhelmsland, einmal deutsch gewesen war –, es sei dringend angeraten, Kunstschätze aus Neuguinea nach Deutschland zu bringen. Dort sollten sie als unvergessliche Zeugnisse einer ganz besonderen, noch steinzeitlichen Kultur aufbewahrt werden. Wer sei dazu besser geeignet als das Anthropos Institut?

 

Die heutige Volkswagen Stiftung erklärte sich bereit, das Projekt mit Finanzmitteln zu unterstützen. Außerdem überreichte im Februar 1964 Saake dem Rektor des Missionshauses Josef Stobb SVD einen Antrag, um ein ethnologisches und missionswissenschaftliches Museum zu gründen. Bereits zu dieser Zeit wurde eine Ausstellung der Kunstgegenstände aus Asmat/Irian-Barat, West Irian, erworben durch P. Segward SVD aus Pirimapoen, in Bonn-Beuel präsentiert.

 

Im Mai 1964 reiste Saake nach Papua-Neuguinea, um mit dem Geld der Stiftung und eigenen Missionsmitteln für eine Ausstellung in St. Augustin wertvolle und geeignete Objekte aus der Wewak-Sammlung im Sepik-Gebiet auszuwählen und zu kaufen. Es waren mehr als 537 Objekte.

 

Auch andere Missionare in der Wewak-Mission interessierten sich für die ethnologischen Artefakte und trugen zu der Sammlung bei. Einer von ihnen war Heinrich Lehner SVD, ein Missionar der Marienberg-Mission am Sepik-Fluss und ein großer Freund der Ureinwohner, der ebenfalls viele Objekte sammelte. Sein Schnellboot bot ihm die Möglichkeit, selbst die entferntesten einheimischen Siedlungen der Zuflüsse des oberen Sepik-Flusses zu erreichen. Von Lehner stammt das Kultkrokodil, das ihm ein christliches Dorf gegeben hat.

 

Ein weiterer Missionar, der beim Sammeln von Gegenständen half, war Karl Wand SVD in Timbunke, in dessen Missionsgebiet Korewori war, aus der die bekannten Hakenfiguren stammen. So kam es zur kostbaren Korewori-Sammlung im Haus Völker und Kulturen, die etwa 40 Objekte umfasst. Heute ist es nicht mehr möglich zu wissen, wer die Künstler dieser Figuren waren. Einige der Gegenstände wurden teilweise in schwer zugänglichen Höhlen am oberen Quellgebiet des Flusses gefunden. Viele der Objekte sind wahrscheinlich mehrere Jahrhunderte alt, ein sehr seltener Fall in der Kunst der Naturvölker.

Jerzy Skrabania
Jerzy Skrabania SVD ist Direktor des Museums Haus Völker und Kulturen.
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