Unvergessliche Zeugnisse besonderer Kulturen

Ethnologische Sammlungen im Museum "Haus Völker und Kulturen" in St. Augustin

 

Von Knorr stammen keine ethnologischen Objekte, sondern wertvolle Objekte aus der Kultur Neuguineas. Er war ein Missionar in Maprik und in seinem Missionsgebiet befanden sich die für diese Gegend charakteristischen Geisterhäuser mit hohen dreieckigen bemalten Fassaden. Knorr lernte einen alten Mann kennen, der die Kunst der Maler verstand, die die Geisterhäuser schmückten. Er gab ihm Papier und ließ sich Figuren und Gegenstände an der Fassade dieser Häuser malen. So schulden wir Knorr eine ganze Sammlung Kunstrollen, die als Seltenheit gelten.

 

Es war Heinemans zu verdanken, dass vor allem eine umfassende und wertvolle Sammlung von Ethnologica den Weg nach St. Augustin fand. Als Distriktoberer der SVD Mission und Generalvikar des Bistums Wewak half Heinemans vor allem bei dieser Frage. Er forderte die Missionare auf, ethnologische Gegenstände von den Einheimischen zu kaufen und sie dem Missionsquartier zur Verfügung zu stellen. Die Missionare reagierten auf den Anruf ihres Vorgesetzten und schickten die Gegenstände der Ethno-Kultur von allen Seiten nach Wewak. Aus dieser Sammlung durfte Saake wählen, was er mochte.

 

Zwischen 1966 und 1970 wurde zudem Pfarrer Leonhard Meurer aus Rölsdorf, der ein „Connaisseur of African art“ war, beauftragt, nach Afrika zu reisen, um sowohl afrikanische Kunstgegenstände als auch Kunst der Steyler Mission aus Westafrika und dem Kongo zu sammeln und nach St. Augustin zu bringen. Außerdem hat man Kunstobjekte aus Indonesien, Indien, den Philippinen, China und Japan für das HVK erworben, um sie im Museum auszustellen.

 

Die umfangreiche Sammlung zeigt Objekte aus den Regionen, in denen die Steyler Missionare gewirkt haben, vorwiegend Kunst aus dem religiösen und kulturellen Alltag sowie einige wertvolle Kunstobjekte. Sie repräsentieren vor allem Ahnenkult und Synkretismus. Das Haus Völker und Kulturen stellte seine Objekte in Ehrfurcht und Würde aus; das ginge nicht, wenn es sich um Raubkunst handelte.

 

Missionarische Bewusstseinsbildung

 

All diese Objekte haben dann einen Platz im dem neu errichteten Gebäude, dem ordenseigenen HVK-Museum, gefunden – das im November 1973 der Öffentlichkeit seine Türen geöffnet hat. Das Museum hat einen völkerkundlichen und missionarischen Charakter, sowohl in seiner wissenschaftlichen Orientierung als auch in seiner technischen Ausstattung. Die missiologische Ausrichtung legt den Akzent besonders auf die Darstellung verschiedener Religionsformen unter Einschluss der Hochreligionen. Die völkerkundliche Ausrichtung sollte vor allem Kulturen schriftloser Völker zur Darstellung bringen, die in oft jahrzehntelangem engem Zusammenleben von Missionaren mit den Eingeborenen in ihren verschiedenen Ausprägungen studiert werden konnten. In diesem Sinn wollen das HVK-Museum und auch die Missionsmuseen in Deutschland zeigen, dass das Christentum die einheimische Kultur nicht zerstört, sondern erforscht hat.

 

Heutzutage in unserer multikulturellen Gesellschaft und angesichts eines neuen Verständnisses der christlichen Mission ist es Aufgabe des Museums, auf die Interkulturalität der Völker und die missionarische Bewusstseinsbildung hinzuweisen. Sie zeigen zudem ein Stück deutscher Geschichte – und wie die Kirche über Europa hinaus wirkt. Es handelt sich um einmalige Schätze, ein Weltkulturerbe. Das muss man unbedingt bewahren.

 

Rückgabe von Sammlungsobjekten

 

Unsere Exponate in HVK St. Augustin sind nicht aus der Kolonialzeit, sondern wurden Mitte den 1960er Jahre käuflich in Papua-Neuguinea und Westafrika erworben. Ein kleiner Teil sind Schenkungen oder Nachlässe der wissenschaftlichen Erforschung der Mitbrüder. Sie wurden alle auf legalen Wegen zu uns gebracht, z. B. durch den Bremer Hafen. Wir haben das große Glück, dass wir zu unseren Exponaten Dokumente besitzen, die über die Herkunftsregion Auskunft geben. Außerdem gibt es noch lebende Zeugen, die den Kauf der Exponate Mitte der 1960er Jahre begleitet haben und uns über die Herkunft detaillierte Informationen geben konnten. Darum haben wir auch keine Rückgabefragen.

 

Im HVK-Museum haben wir Menschenschädel aus Neuguinea sicher ausgestellt. Wir sind als Missionare bis heute in Papua-Neuguinea aktiv und stehen mit den betreffenden Gemeinschaften in einem engen Kontakt. Die Menschen vertrauen uns, dass wir angemessen und menschenwürdig damit umgehen. Und sie wissen, welchen Wert solche Objekte für die Forschung und damit für das Wissen um ihre Kultur und letztlich deren Erhalt haben.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 09/2019.

Jerzy Skrabania
Jerzy Skrabania SVD ist Direktor des Museums Haus Völker und Kulturen.
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