Integration gibt es nicht zum Nulltarif. Sie kann und wird nur gelingen, wenn massiv in Sozialwohnungen, Schulen, Kitas und Krankenhäuser sowie in Studien- und Arbeitsplätze investiert wird. Schon lange gibt es in Deutschland einen gewaltigen Investitionsstau. Vor allem in den Großstädten fehlt bezahlbarer Wohnraum, in Krankenhäusern und Pflegeheimen, in Schulen und Kitas fehlt qualifiziertes Personal, unzählige öffentliche Gebäude, Brücken, Straßen und Schienen sind sanierungsbedürftig.
Wenn sich an diesen Zuständen nichts ändert, wird die Aufnahme von Flüchtlingen an vielen Orten zu Konflikten führen. Damit Integration gelingt, müssen wir die Interessen der Flüchtlinge mit allgemeinen Interessen verbinden. Zusätzliche Ausgaben für Flüchtlinge sind unabdingbar, sie dürfen aber weder zur Kürzung von anderen sinnvollen Leistungen führen, noch dürfen sie auf überschuldete Kommunen abgewälzt werden, die mit ihren bisherigen Aufgaben schon überfordert sind.
Wir dürfen auch nicht zulassen, dass die Not der Flüchtlinge ausgenutzt wird, um Löhne zu drücken, im Gegenteil: Wer eine Willkommenskultur will, muss für gute Arbeit und ein soziales Netz sorgen, dass allen hier lebenden Menschen Sicherheit bietet.
„Damit Integration gelingt, müssen wir die Interessen der Flüchtlinge mit allgemeinen Interessen verbinden.“
Geld für diese Aufgaben ist ausreichend vorhanden, schließlich verfügen allein die in Deutschland ansässigen Millionäre über ein Vermögen von 2,5 Billionen Euro. Nirgendwo sonst in der Eurozone ist die Kluft zwischen Arm und Reich so groß wie in Deutschland. Dies können wir ändern, wenn wir das Schicksal der Flüchtlinge zum Anlass nehmen, über Gerechtigkeit und Umverteilung neu nachzudenken.
Die Willkommenskultur, die an vielen Orten gelebt wird, ist ein Lichtblick in ein helleres Deutschland, in eine bessere Gesellschaft, die allen Menschen ein Leben in Würde ermöglicht. Um dorthin zu gelangen, müssen wir wirksam verhindern, dass mit Waffenexporten und Kriegen weiterhin glänzende Geschäfte gemacht werden können. Das würde auch dafür sorgen, dass weniger Menschen fliehen müssen.
Dieser Text ist zuerst in Politik & Kultur 06/2015 erschienen.