Manna versprochen, Graubrot gegeben

Am 9. Juni fand nun die erste Lösung des „Gesetzes zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung“ (Bundestagsdrucksache 18/8625) statt. Eingebracht wurde der Gesetzesentwurf vom Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Christian Lange, MdB (SPD). Er betonte zu Beginn seiner Rede, worum es der Bundesregierung bei dem Gesetz geht und führte aus: „Und es geht dabei auch um Gerechtigkeit, darum, Gerechtigkeit herzustellen in einem Bereich, in dem noch viel zu oft das Recht des Stärkeren herrscht, wo sich derjenige durchsetzt, der wirtschaftlich am längeren Hebel sitzt und letztlich einen Preis diktiert, der oft unangemessen niedrig ist. Wir wollen also mit unserem Gesetzesvorhaben die Voraussetzungen dafür schaffen, dass wieder auf Augenhöhe verhandelt werden kann“ (Plenarprotokoll des Deutschen Bundestages siehe http://bit.ly/1UhrOPo). Lange gab damit den Ton für die parlamentarische Beratung vor und nannte einige Eckpfeiler des Gesetzes, so soll künftig ein Urheber nach zehn Jahren sein Werk anderweitig vermarkten können. Auch wird ein Auskunftsanspruch verankert, wenn auch weniger umfassend ausgestaltet als ursprünglich geplant. Weiter wird eine Verbandsklage eingeführt, damit nach den Worten von Christian Lange „der einzelne Kreative aus der Schusslinie genommen“ wird. Sigrid Hupach, MdB, kulturpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke ging in ihrer Rede mit dem Regierungsentwurf hart ins Gericht. Sie führte aus: „Der Gesetzentwurf hält aber bei weitem nicht, was er verspricht. Noch schlimmer: Er bringt denen, die unter der fehlenden Vertragsparität bisher zu leiden hatten, überhaupt gar nichts.“ Ihrer Auffassung nach schadet der vorgelegte Gesetzesentwurf mehr als er nutzt. Als Gründe führt sie die Beschränkungen beim Auskunftsanspruch und die Begrenzung des Rückrufrechts auf Zweitverwertungen an. Hupach vertritt die Auffassung, dass den „zum Teil wirklich sittenwidrigen Verhältnissen“ so nicht entgegengewirkt werden kann und daher die Urheber weiterhin in schwacher Position gegenüber verhandlungsstarken „Labels, Internetvertriebsformen, Sendeanstalten oder international agierenden Verlagskonzernen, die den Print- wie den Onlinebereich zugleich bespielen“ stehen. Elisabeth Winkelmeier-Becker, MdB (CDU/CSU-Fraktion) hebt in ihrem Redebeitrag als vordringliche Aufgabe hervor, gegen die Gratismentalität im Internet vorzugehen. Die Vergütung wird, so Winkelmeier-Becker, in einer Marktwirtschaft von den Vertragspartnern verhandelt. Hier besteht allerdings ein Ungleichgewicht zwischen Urhebern und Verwertern, dem durch gemeinsame Vergütungsregeln entgegen gewirkt werden soll. Dass das bestehende Recht so wenig Erfolge zeigt, führt Winkelmeier-Becker auch auf die fehlende »Bereitschaft, sich zu organisieren und Mitglied eines Verbands zu werden« bei Künstlern zurück. Indirekt werden damit kleine branchenspezifische Zusammenschlüsse kritisiert, denn als großen Fortschritt wertet sie, dass die jeweils größten Verbände allgemeine Vergütungsregeln abschließen können sollen, die auf kleinere Zusammenschlüsse übertragen werden können. Sehr deutlich kritisiert sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dem sie Blacklisting, also das Streichen des Namens derjenigen, die ihre Rechte geltend machen, von Auftragslisten vorwirft. Hier sieht sie auch die Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefordert, dem entgegen zu wirken. Tabea Rößner, MdB, medienpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zieht eine Parallele zur Diskussion vor 14 Jahren und beschreibt die aktuelle Situation so: „Erst hat der Minister den großen Retter aller Urheberinnen und Urheber gegeben, um dann in der letzten Sekunde eine Kehrtwende zu vollziehen, sodass von den hehren Ankündigungen kaum noch etwas übrig blieb. Rückrufrecht, Verbot von Total Buy-out oder Auskunftsrecht sind bis zur Unkenntlichkeit gestutzt worden.“ Rößner lässt durchblicken, dass ihres Erachtens das Vorhaben vor allem daran scheitert, die unterschiedlichen Branchen über einen Kamm zu scheren und damit letztlich für niemanden echte Verbesserungen zu erreichen. Sie mahnt an, statt eines neuen großen Wurfs die bestehenden Regeln anzupassen und wirksamer zu gestalten. Der zuständige Berichterstatter der SPD-Fraktion Christian Flisek, MdB lobt zunächst, dass „die Lethargie im Urheberrecht“ vorbei ist. Er unterstreicht die Intention des Gesetzesvorhabens, die Verhandlungsstellung der Kreativen zu verbessern und führt hierzu aus: „Wenn wir das Urheberrecht verhandeln, verhandeln wir nichts anderes als die Lohnbedingungen unzähliger kreativ tätiger Menschen in diesem Land, und das ist alle Mühe und Anstrengungen wert.“ Er konzediert, dass in den anstehenden Beratungen in den Ausschüssen noch am Gesetzesentwurf gefeilt werden muss. An die Adresse der Urheber richtet er die Aufforderung, dass sie „sich in Zukunft stärker organisieren. Das ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für das Funktionieren kollektiver Vergütungsregelungen.“ Stefan Heck, MdB, zuständiger Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion hebt ebenfalls auf die Vielgestaltigkeit und die unterschiedlichen Vertragsverhältnisse in der Kulturbranche ab. Er sieht gleichfalls Handlungsbedarf zur Stärkung der Position der Urheber, geht aber auch darauf ein, dass das „Miteinander in diesen Branchen zumeist gut, fair und partnerschaftlich ist. Ausdruck davon ist nicht selten eine oft jahrzehntelange Zusammenarbeit zwischen Autoren auf der einen und Verlagen auf der anderen Seite.“ Sein Fett bekam das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz weg, das nach Meinung von Heck zu hohe Erwartungen geschürt hat, die nicht erfüllt werden konnten. Die anstehenden Ausschussberatungen sollten, so Heck, genutzt werden, um den Gesetzesentwurf zu verbessern. Als letzter Redner appellierte Volker Ullrich, MdB (CDU/CSU-Fraktion) die Mischkalkulationen in der Kulturwirtschaft im Blick zu halten, und zwar sowohl jene der Verwerter als auch der Urheber. Seines Erachtens sind „Werke von Kreativen, (…) in diesem Land nicht allein an den Kategorien von Kosten und Nutzen zu messen. Sie haben für die Gesellschaft insgesamt einen sinnstiftenden Wert. Deswegen müssen Kreative, die für diese Gesellschaft einen Mehrwert schaffen, auch von ihrer Arbeit leben können“. Hierfür die Regeln zu schaffen, ist, so Ullrich, Aufgabe der Politik.

 

Bei verschiedenen Rednern klang in der Debatte durch, dass die Crux an der aktuellen Diskussion die vom Bundesjustizministerium hoch gesetzten Erwartungen sind. Einfach gesagt: Es wurde Manna versprochen, herausgekommen ist Graubrot.

Gabriele Schulz
Gabriele Schulz ist Stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Kulturrates.
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