Manna versprochen, Graubrot gegeben

Die Regierungskoalition hat im Koalitionsvertrag vereinbart, das Urhebervertragsrecht zu novellieren. Von Seiten der Künstlerverbände wurde schon lange darauf gedrängt, das im Jahr 2002 verabschiedete Gesetz zu reformieren, da die Wirkung weit hinter den Erwartungen zurückblieb.

 

Blicken wir als erstes zurück: Im Koalitionsvertrag der ersten rot-grünen Koalition auf Bundesebene im Jahr 1998 wurde die Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern versprochen. Die damalige Justizministerin Herta Däubler-Gmelin ließ sich von einem Kreis von anerkannten Rechtswissenschaftlern beraten und der sogenannte Professorenentwurf kam auf den Tisch, der klare Mechanismen zur Ermittlung und vor allem Durchsetzung einer angemessenen Vergütung vorsah. Dieser Entwurf fand viel Zuspruch bei Urhebern und ausübenden Künstlern. Wie kaum anders zu erwarten, bewerteten Verwerter künstlerischer Leistungen die vorgesehenen „Daumenschrauben“ insbesondere bei der Streitschlichtung anders. Sie liefen Sturm und im Laufe harter Auseinandersetzungen musste der „Professorenentwurf“ immer mehr Federn lassen. Das letztlich verabschiedete Urhebervertragsrecht stellte beide Seiten, Urheber und Verwerter, nicht zufrieden. Und gerade in den ersten Jahren zeigten sich Fallstricke, die dazu führten, das nur wenige gemeinsame Vergütungsregeln aufgestellt wurden.
Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Kultur in Deutschland“ (2003 bis 2005, 2005 bis 2007) sah die Probleme und führte eine Anhörung zu den Erfahrungen mit dem Urhebervertragsrecht durch. Bei der waren es die Vertreter der Urheberverbände, die beschwichtigten und keinen Handlungsbedarf adressierten. Sie hatten vermutlich die Erwartung, dass beharrliches Drängen bei Verwertern zu gemeinsamen Vergütungsregeln führen würde. Die Enquete-Kommission hat das Thema jedenfalls nicht vertieft – aus meiner Sicht wurde hier eine Chance vertan.

 

In dieser Wahlperiode ist es nun so weit. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wie auch der Minister persönlich führten Gespräche, dem Referentenentwurf zu Folge vor allem mit Urhebern und ausübenden Künstlern. Herauskam im Jahr 2015 ein Entwurf, der sich klar auf die Seite der Urheber stellte. Im Fachausschuss Urheberrecht des Deutschen Kulturrates, dem sowohl Vertreter der Künstler- als auch der Verwerterverbände angehören, fand eine sehr konstruktive und die jeweilige Seite wertschätzende Diskussion statt. Beide Seiten machten deutlich, wo für sie die Schmerzgrenze liegt und heraus kam ein Kompromiss: die Stellungnahme des Deutschen Kulturrates zum Referentenentwurf des „Gesetzes zur verbesserten Durchsetzung des Anspruchs der Urheber und ausübenden Künstler auf angemessene Vergütung“ (siehe: http://bit.ly/1W3TqXq).

 

In dieser Stellungnahme wird gleich zu Beginn unterstrichen, dass Urheber und Verwerter einander brauchen. Es ist formuliert: „…, dass in großen Teilen des Kulturbetriebs ein symbiotisches Verhältnis zwischen Urhebern und Verwertern besteht. Urheber brauchen Verwerter zur Vermarktung ihrer Werke, Verwerter brauchen Urheber für die Herstellung und Verwertung von Werken. Aufgrund dieses engen Verhältnisses ist aus Sicht des Deutschen Kulturrates besonderes „Fingerspitzengefühl“ beim Gesetzgebungsprozess zum Urhebervertragsrecht von Nöten, um am Ende ein Ergebnis zu erreichen, das bei den verschiedenen Beteiligten Anerkennung findet.“

 

Dieses angemahnte Fingerspitzengefühl vermissten die Verwerter beim im Herbst 2015 vorgelegten Referentenentwurf zur Novellierung des Urhebervertragsrechts. Als Problem wurde beschrieben, dass Branchenbesonderheiten zu wenig Beachtung finden. Aus der Verlagswelt wurde unter anderem das Rückrufrecht nach fünf Jahren scharf kritisiert und die Filmwirtschaft monierte die vorgesehenen umfangreichen Auskunftsansprüche über Erlöse aus der Verwertung der Werke.

 

Und wieder einmal zeigte sich, dass die Erwartungen, die das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz geschürt hatte, nicht zu erfüllen waren. Die Verwerterverbände wurden ihrerseits sowohl beim Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, MdB (SPD) und bei Kulturstaatsministerin Monika Grütters MdB (CDU) vorstellig und trugen ihre Bedenken und Kritik vor. In der Ressortabstimmung musste der Referentenentwurf spürbar Federn lassen und der von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) vorgelegte Regierungsentwurf fiel deutlich abgewogener aus. Insbesondere die Regelungen zum Rückrufrecht, das heißt der Möglichkeit, die Rechte zur Verwertung eines Werkes nach fünf Jahren zurückzurufen, sofern ein besseres Angebot vorliegt und zum Auskunftsanspruch wurden deutlich abgeschwächt. Wie kaum anders zu erwarten, ist die Enttäuschung auf Urheberseite groß. Eine ausübende Künstlerin führte beim Kultursalon der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „Unter der Kuppel“ wortreich aus, warum erst so viele Gespräche geführt und Versprechungen gemacht würden, wenn doch nichts eingelöst würde. Der zuständige Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Stefan Heck antwortete hierauf, dass die Beratungen im Deutschen Bundestag doch erst am Anfang stünden und sicherlich noch einiges geändert würde. Er ließ aber auch keinen Zweifel daran, dass zumindest die CDU/CSU-Fraktion auf einen Kompromiss drängen wird.

Gabriele Schulz
Gabriele Schulz ist Stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Kulturrates.
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