Urheberrecht: Es geht um viel

Das Ganze wieder in den Blick nehmen

Als Anknüpfungspunkt dient dabei die in Artikel 17 der EU-Richtlinie Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt beschriebene öffentliche Zugänglichmachung im urheberrechtlichen Sinne von Online-Weitergabediensten, vulgo Plattformen wie YouTube.

 

Das heißt genau jener Artikel, der in der Urheberrechtsdebatte von den Gegnern der Reform in den letzten Monaten am heftigsten kritisiert wurde, bietet den Anknüpfungspunkt für die Einbeziehung von Plattformen in die solidarische Finanzierung der Künstlersozialversicherung.

 

Die erwähnte Studie des BMAS führt also einmal mehr exemplarisch vor wie bestehende Gesetze an die digitale Welt angepasst werden müssen, um den neuen Geschäfts- und Wertschöpfungsmodellen gerecht zu werden. Nichts anderes wurde letztlich bei den Urheberrechtsreformen der letzten Jahrzehnte, bei denen es um die Anpassung des Urheberrechts an die digitale Welt und die veränderte Wertschöpfung ging, versucht.

 

Dennoch führten gerade Urheberrechtsreformen in jüngster Zeit zu einem erheblichen öffentlichen Furor und offenbarten eine große Sprachlosigkeit und aneinander vorbeireden der unterschiedlichen Akteure. Es stoßen unterschiedliche Sichtweisen aufeinander, bei denen es sich teilweise auch um einen Generationenkonflikt handelt.

 

Wir sind der festen Überzeugung, dass eine der wesentlichen Aufgaben für den Kultur- und Medienbereich in den anstehenden Debatten bei der Umsetzung der EU-Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt darin besteht, zu differenzieren und zu präzisieren. Zur Differenzierung gehört auch, sich mit denjenigen auseinanderzusetzen, die gegen die Urheberrechtsrichtlinie protestiert haben. Ihre Argumente zu hören und sich damit auseinanderzusetzen. Genauso kann von den Gegnern der Reform erwartet werden, dass sie sich mit den Argumenten der in sich sehr differenzierten Kultur- und Kreativwirtschaft auseinandersetzen.
Vor allem muss es darum gehen, die Urheberrechtsrichtlinie in Gänze in den Blick zu nehmen. Der vornehmlich diskutierte ehemalige Artikel 13, nun Artikel 17, ist einer unter vielen. Es gilt die anderen Vorschriften ebenso ernsthaft zu diskutieren und in nationales Recht zu übersetzen. Und vor allem wird es ohne Kompromisse nicht gehen. Das Urheberrecht, das zu allererst den Schöpfer eines Werkes schützen soll, ist schon längst zu einem Recht geworden, in dem die Interessen anderer Beteiligten ebenso abgewogen und berücksichtigt werden. Damit dies gelingt, sind umfassende Diskussionen erforderlich und gegebenenfalls das Schnüren unterschiedlicher Pakete sinnvoll, um die unterschiedlichen Regelungen adäquat zu behandeln. Wir freuen uns auf diese Debatten. Es geht um viel!

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 06/2019.

Olaf Zimmermann & Gabriele Schulz
Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Gabriele Schulz ist Stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Kulturrates.
Vorheriger ArtikelCDU/CSU: Lizenzen als Schlüssel
Nächster ArtikelUrheberrechtsreform: Kriegsbeil endlich begraben