Wer arbeitet wo und verdient wie viel

Neue Daten zum Arbeitsmarkt Kultur und Medien in Corona-Zeiten

 

Gewidmet wurde sich auch einer besonderen Gruppe an Selbständigen, den sogenannten Mini-Selbständigen. Hierfür wurden Daten des Monitoringberichts Kultur- und Kreativwirtschaft genutzt. Unter Mini-Selbständigen werden Selbständige verstanden, deren Umsatz geringer als 17.500 Euro im Jahr ist. In der Kultur- und Kreativwirtschaft gibt es im Jahr 2018 417.361 Mini-Selbständige, ihnen stehen 300.745 Selbständige gegenüber. D.h., der größere Teil an Selbständigen in der Kultur- und Kreativwirtschaft hat nur einen sehr geringen Umsatz und ein geringes Einkommen. Es ist anzunehmen, dass unter den 417.361 Mini-Selbständigen viele selbständige Künstlerinnen und Künstler zu finden sind.

 

Sehr viel genauer zur Einkommenssituation selbständiger Künstlerinnen und Künstler geben die Daten der Künstlersozialversicherung Auskunft. Hier ist als Erstes festzuhalten, dass im Vergleich zum Jahr 2013 die Zahl der Versicherten gesunken ist. Das ist vor allem auf die Versicherten der Berufsgruppe Wort zurückzuführen, hier sind 2019 4.855 Versicherte weniger verzeichnet, als es 2013 der Fall war. Dieser Rückgang ist vor allem auf sinkende Versichertenzahlen im Tätigkeitsbereich Redaktion/Journalismus zurückzuführen. Auch in der Berufsgruppe Bildende Kunst ist die Zahl der Versicherten gesunken, hingegen ist in den Berufsgruppen Musik und Darstellende Kunst ein deutlicher Aufwuchs erkennbar. Das gilt insbesondere für die Berufsgruppe Darstellende Kunst. An sich ist hier die abhängige Beschäftigung vorherrschend. Die Zunahme an Selbständigen ist ein Indikator für die Veränderung der Arbeitsmarktes Darstellende Kunst.

 

Die meisten Versicherten leben in Berlin. Insgesamt 38.535 Versicherte haben im Jahr 2019 in Berlin ihr Zu- hause. Demgegenüber sind im in Bezug auf die Fläche und die Einwohnerzahl deutlich größeren Nordrhein-Westfalen 34.243 Versicherte zu zählen. Die wenigsten Versicherten weist mit 1.074 das Saarland auf.

 

Werden die Durchschnittseinkommen zusätzlich in die Betrachtung einbezogen, ist ein Problem unverkennbar. Am meisten verdienen Künstlerinnen und Künstler, die in Hamburg leben. Das Durchschnittseinkommen liegt bei 20.884 Euro im Jahr, gefolgt von Nordrhein-Westfalen mit 19.337 Euro. Am wenigsten wird in den ostdeutschen Flächenländern und in Berlin verdient. Künstlerinnen und Künstler, die in West-Berlin leben, haben ein Durchschnittseinkommen von 15.892 Euro, und Künstlerinnen und Künstler in Ost-Berlin von 17.259 Euro. Nur in den ostdeutschen Ländern Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen wird ein geringeres Einkommen erzielt.

 

Das legt den Schluss nahe, dass die große Zahl an Künstlerinnen und Künstlern in Berlin zu einer Kannibalisierung führt. Auch wenn das Land unterschiedliche Anstrengungen unternimmt, um die Freie Szene zu stärken, sind es wahrscheinlich einfach zu viele, damit sie mit Blick auf das Durchschnittseinkommen an westdeutsche Flächenländer anschließen können.

 

In so gut wie allen Tätigkeitsbereichen und Ländern gibt es einen Gender Pay Gap. Künstlerinnen erzielen ein geringeres Einkommen als Künstler. Nach wie vor kaum geändert hat sich, dass dieser Einkommensunterschied bereits in der Altersgruppe unter 30 Jahren anzutreffen ist – mit Ausnahme der Berufsgruppe Wort. Hier verdienen die unter 30-jährigen Frauen etwas mehr als die Männer. Hier zeigt sich, es besteht nach wie vor Handlungsbedarf, um die Geschlechtergerechtigkeit zu verbessern.

 

Bemerkenswert ist ferner, dass mit Ausnahme der Berufsgruppe Darstellende Kunst der Anteil der älteren Alterskohorten zunimmt. Im Saarland und in Schleswig-Holstein stellen die Versicherten, die 50 Jahre und älter sind, bereits mit mehr als 60 Prozent die Mehrzahl der Versicherten.

 

Mit Blick auf die Corona-Pandemie bieten die Daten Aufschluss über die prekäre Situation, in der viele Künstlerinnen und Künstler auch schon vorher gelebt haben. Sie zeigen zugleich auf, in welchen Bereichen zuvor sich ein Fachkräftemangel abzeichnete und welche vielfältigen Möglichkeiten der Arbeitsmarkt Kultur und Medien bietet.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 07-08/2020.

Olaf Zimmermann & Gabriele Schulz
Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Gabriele Schulz ist Stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Kulturrates.
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