Wer arbeitet wo und verdient wie viel

Neue Daten zum Arbeitsmarkt Kultur und Medien in Corona-Zeiten

Ende Juni 2020 erschien beim Deutschen Kulturrat unsere dritte umfassende Untersuchung zum Arbeitsmarkt Kultur und Medien: Frauen und Männer im Kulturmarkt. Die Untersuchung kam, wie wir hoffen, genau zur rechten Zeit. Denn dieser Tage ist wegen der Corona-Krise viel die Rede von der prekären Arbeit im Kultur- und Medienbereich, von Kurzarbeit, von Künstlerinnen und Künstlern, die um das Überleben ihrer künstlerischen Existenz kämpfen.

 

In unserer Studie „Frauen und Männer im Kulturmarkt“ wird für die Jahre 2013 bis 2019 aufgezeigt, wie viele junge Frauen und Männer eine Ausbildung für einen Kulturberuf absolvieren und wie viele ein „Kulturfach“ studieren. Bereits hier in der Ausbildung ist die geschlechtsspezifische Segregation unverkennbar. Als Erstes kann festgehalten werden: Kultur- und Medienberufe sind in grosso modo „Frauenberufe“ bis auf … die technischen Berufe. Bei den technischen Ausbildungsberufen, also Mediengestalter Bild/Ton, Fachkraft für Veranstaltungstechnik oder auch Studiengängen wie Tonmeister, haben Männer die Nase vorn. Anders sieht es bei den kaufmännischen Berufen wie Buchhändlerin oder Medienkauffrau Digital/Print oder Studiengängen wie Tanzpädagogik oder Textilgestaltung aus. Eigentlich sind es Klischees, die sich in der Ausbildungswahl niederschlagen, die Männer für die Technik und die Frauen für die Schönheit.

 

Auch wenn jedem unbenommen ist, seine eigene Berufswahl zu treffen und jede den Weg einschlagen sollte, der zu ihr am besten passt, ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein Teil von Geschlechtergerechtigkeit auch darin besteht, dass Frauen und Männer gleichermaßen – im Idealfall sogar ausgewogen – den Pool an potenziellen Erwerbstätigen stellen.

 

Wird die Zahl der Studierenden betrachtet, wird deutlich, dass sehr viele ein Fach studieren, mit dem auf den Arbeitsmarkt Kultur abgezielt wird, das aber nicht unbedingt mit eigener künstlerischer Tätigkeit verbunden ist. Oder um es an einem Beispiel zu verdeutlichen: Von den rund 26.000 Studierenden im Fach Bildende Kunst wollen 3.000 Künstlerin oder Künstler werden, und 23.000 setzen sich mit Bildender Kunst auseinander oder vermitteln sie.

 

Ähnliches gilt für andere Kunstformen. D.h., wenn über den Arbeitsmarkt Kultur gesprochen wird, sind die Künstlerinnen und Künstler nur ein kleiner Teil der Erwerbstätigen. Ein sehr großer Teil der Erwerbstätigen vermittelt, verkauft, analysiert, vermarktet usw. Kunst und Kultur.

 

Daraus folgt, dass es nicht ausreicht, über Künstlerinnen und Künstler zu sprechen, wenn vom Arbeitsmarkt Kultur und Medien die Rede ist. Es geht vielmehr darum, die gesamte Breite an Erwerbstätigen in den Blick zu nehmen. Dazu zählt auch, dass wir uns in der Studie den abhängig Beschäftigten gewidmet haben. Rund 572.284 Personen waren im Jahr 2019 in Kultur- und Medienberufen tätig, das waren 59.373 mehr als noch im Jahr 2015. Dieser Beschäftigungsaufwuchs ist unter anderem auf die außerschulische Lehrtätigkeit zurückzuführen. Hier sind 2019 rund 15.000 mehr Angestellte tätig, als es 2015 der Fall war. Leider geben die genutzten Daten der Bundesagentur für Arbeit keine Auskunft darüber, ob es sich bei den Beschäftigten um unbefristet Beschäftigte oder solche mit Zeitvertrag handelt.

 

Ein Merkmal sticht hervor: Die Akademisierung nimmt bei den abhängig Beschäftigten in Kultur- und Medienberufen zu. Selbst in Tätigkeitsbereichen, bei denen eine zwei- bis dreijährige Ausbildung vorausgesetzt wird, sind viele Akademikerinnen und Akademiker tätig. Sie verdienen allerdings nicht wie Akademikerinnen und Akademiker, sondern, so wie es dem Anforderungsniveau ihrer Arbeit entspricht, wie Erwerbstätige mit einer Ausbildung. Es könnte auch gesagt werden, dass viele unterhalb ihrer Qualifikation arbeiten und damit auch nicht das Einkommen erreichen, das mit einer akademischen Ausbildung wahrscheinlich angestrebt wurde.

 

Apropos Einkommen. Bei den abhängig Beschäftigten werden vier Anforderungsniveaus unterschieden:
• Helfer, sie spielen bei den Kulturberufen eine so geringe Rolle, dass sie statistisch keine Relevanz haben
• Fachkräfte, sie haben eine zwei- bis dreijährige Ausbildung, hier wird in sieben Berufsgruppen im Kulturbereich mehr verdient als bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten allgemein
• Spezialisten, sie haben eine Weiterqualifizierung zur Meisterin oder Fachwirt oder einen Bachelor-Abschluss, hier wird in drei Berufsgruppen des Kultur- und Medienbereiches mehr verdient als bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten allgemein
• Experten, sie haben ein mindestens vierjähriges Studium mit einem Master- oder vergleichbaren Abschluss absolviert, hier wird in zwei Berufsgruppen des Kultur- und Medienbereiches mehr verdient als bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten allgemein

 

D.h., auch abhängig Beschäftigte in Kultur- und Medienberufen verdienen oft weniger als Angehörige anderer Berufe. Hinzukommt ein Gender Pay Gap. Er lässt sich mangels Datenlage nicht für alle Berufe nachvollziehen. Festgehalten werden kann allerdings, dass Frauen sehr oft weniger als Männer verdienen. Einen Spitzenwert nehmen dabei Berufe im Produktdesign ein – mit einem Gender Pay Gap im Anforderungsniveau Experten. Hingegen ist in anderen Berufen wie unter anderem auch in der Kamera- und Tontechnik nur ein vergleichsweise geringer Gender Pay Gap zu verzeichnen. D.h., den wenigen Frauen, die hier tätig sind, gereicht es offenbar nicht zu einem Nachteil, dass sie sich für einen Männerberuf entschieden haben. Der Gender Pay Gap beträgt hier nur sechs Prozent.

Olaf Zimmermann & Gabriele Schulz
Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Gabriele Schulz ist Stellvertretende Geschäftsführerin des Deutschen Kulturrates.
Vorheriger ArtikelSchloss, Kuppel, Kreuz und Spruch
Nächster ArtikelZumutung