Reform statt Auflösung

Ausblick nach einem Jahr Reformprozess der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK)

Die am weitesten gehenden Eingriffe wird es in der Struktur der Staatlichen Museen zu Berlin (SMB) geben. Zwischen den einzelnen Museen und Instituten der SMB und dem Kollegialorgan der SPK soll es nämlich keine weitere Entscheidungs- und Verwaltungsebene mehr geben, was bedeutet, dass die derzeit in der Generaldirektion zusammengefassten Aufgaben anders organisiert werden müssen. Die Direktor*innen der SMB haben für eine stärkere Dezentralität geworben und ein Clustermodell entwickelt. Danach sollen die Häuser der Museumsinsel, des Kulturforums, der Nationalgalerie sowie die in Dahlem befindlichen einschließlich ihrer Bereiche im Humboldt Forum vier Cluster innerhalb der SMB bilden. Museumsfachdienste wie Bildung und Vermittlung oder auch Kommunikation sollen dabei – so die Überlegung – näher an die Häuser verlagert werden. Auch hier sind noch viele Fragen offen, weshalb die Praxistauglichkeit dieses Modells nun geprüft werden muss.

 

Ebenso wird über eine veränderte Zusammensetzung des Stiftungsrats der SPK nachgedacht. Bund und alle 16 Länder werden weiterhin in der Trägerschaft der Stiftung bleiben. Die SPK ist und bleibt ein Kind des Kulturföderalismus, und diese gemeinsame Trägerschaft hat viele Vorteile. So ist die SPK prädestiniert für die Übernahme gesamtstaatlicher Aufgaben im Auftrag von Bund und Ländern, etwa im Rahmen der Deutschen Digitalen Bibliothek oder bei der Koordinierungsstelle für den Erhalt schriftlichen Kulturguts. Vorstellbar wäre jedoch, dass immer nur ein Teil der Länder gleichsam rotierend einen Sitz im Stiftungsrat einnähme. Die dadurch erreichte Reduzierung der Zahl der Stiftungsratsmitglieder könnte dann durch die Berufung von Fachleuten aus Kultur und Wissenschaft ausgeglichen werden, übrigens auch eine Forderung des Wissenschaftsrats.

 

Die Reformkommission hat aber auch sehr klar gesehen, dass alle diese grundlegenden Veränderungen in Organisation und Governance, so zwingend und unverhandelbar sie sind, allein noch nicht die gewünschten Qualitätszuwächse in der Arbeit der Stiftung und ihrer Einrichtungen bewirken werden, wenn es nicht gelingt, die auch vom Wissenschaftsrat diagnostizierte drastische Unterausstattung bei Personal und Finanzen zu beseitigen. Diesen Mehrbedarf zu erheben, ist eine weitere wichtige Aufgabe, die es nun zu leisten gilt.

 

Die Reformkommission wird deshalb ihre Arbeit auch bis zu den Wahlen zum Deutschen Bundestag und zum Berliner Abgeordnetenhaus im September fortsetzen, um dafür Sorge zu tragen, dass die Reform der SPK auch danach mit Nachdruck weitergeführt wird und die bis dahin erarbeiteten Eckpunkte und Mehrbedarfe bei künftigen Koalitionsverhandlungen, insbesondere des Bundes, Berücksichtigung finden.

 

Viel Arbeit liegt noch vor uns. Dabei ist es zentral, auch die Mitarbeiterschaft der SPK bei diesem Prozess mitzunehmen. Trotz Pandemie haben wir die Kolleginnen und Kollegen in der SPK kontinuierlich über den Fortgang des Reformprozesses mithilfe digitaler Veranstaltungen informiert und verschiedene Beteiligungsformate zur Mitwirkung entwickelt. Innerhalb der SPK hat eine Strategiekommission aus Präsident, Vizepräsident und den Einrichtungen wichtige Vorarbeit für die nun kommenden Veränderungen geleistet.

 

Die SPK der Zukunft wird eine andere sein. Unterhalb des Daches wird die Stiftung weitgehend neu aufgestellt. Die Befürchtung, es würde sich nur wenig ändern, greift daher zu kurz. Eine Auflösung der Stiftung wäre keine Reform, sondern eben eine Auflösung; wir aber wollen eine Reform! Der Wunsch nach Veränderung überall in der Mitarbeiterschaft der SPK ist groß, und wir wollen diesen Weg gemeinsam mit unseren Trägern entschlossen fortsetzen.

 

Es ist richtig und wichtig, die enormen Chancen und Potenziale des einzigartigen spartenübergreifenden Verbundes Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit seinen großartigen Museen, Bibliotheken, Archiven und Forschungsinstituten und mit der breiten fachlichen Expertise seiner Mitarbeitenden weiterzuentwickeln. Unser vordringliches Ziel muss sein, aufbauend auf der exzellenten Forschung an den Sammlungsbeständen den Besucherinnen und Besuchern ein noch attraktiveres Programm und den Nutzerinnen und Nutzern einen noch besseren Service zu bieten. Das sind die entscheidenden Kriterien, nach denen am Ende über den Erfolg einer Reform geurteilt werden kann.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 09/2021.

Hermann Parzinger
Hermann Parzinger ist Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
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