Deutschland spürbar stärker machen

Teilhaben und teilgeben auch in der Kultur

Im Koalitionsvertrag haben wir uns darauf verständigt, bestehende Regelungen zu entbürokratisieren, die digitalen Kompetenzen zu stärken und bei der Organisationsentwicklung von Vereinen, Verbänden und Stiftungen konkrete Unterstützung zu leisten. Das Instrument dafür ist die Deutsche Engagementstiftung. Ehrenamtliches Engagement wird wahrgenommen. Es wird wertgeschätzt. Es erfährt die Unterstützung, die es braucht. Als Engagementministerium ist das unser Auftrag: Wir kümmern uns um die Kümmerer.

 

Kümmerer, das sind auch die Erzieherinnen und Erzieher, Pflegerinnen und Pfleger, die Fachkräfte in den sozialen Berufen. In Beratungsstellen und sozialen Einrichtungen, in Kitas, Krankenhäusern und Pflegeheimen arbeiten 5,7 Millionen Beschäftigte. Gebraucht werden deutlich mehr: Profis mit guten Qualifikationen und hoher Motivation, deren Arbeit das Ansehen hat, das sie verdient. Dafür aber sind bessere Rahmenbedingungen, bessere Ausbildungsbedingungen und bessere Löhne nötig. Wir wollen das Schulgeld für die Sozial- und Gesundheitsberufe abschaffen. Weil niemand sich die Frage stellen soll, ob er oder sie es sich überhaupt leisten kann, einen sozialen Beruf zu erlernen. In der „Konzertierten Aktion Pflege“ kümmert sich das Bundesfamilienministerium deshalb gemeinsam mit dem Arbeits- und dem Gesundheitsministerium um die Fachkräfte in der Altenpflege.

 

Frauen können alles
80 Prozent der Beschäftigten im sozialen Bereich sind Frauen. Die sozialen Berufe aufzuwerten, ist auch ein Beitrag zur Gleichstellung von Frauen und Männern und ein Instrument gegen die Lohnlücke: Frauen bekommen im Schnitt 21 Prozent weniger Geld pro Stunde für ihre Arbeit als Männer. Dabei zeigen Frauen jeden Tag, dass sie zu allem fähig sind: Frauen können Maschinen bauen und sich um Menschen kümmern, Kinder erziehen und Unternehmen führen. Sie können Filmproduzentin werden – oder Richterin oder Intendantin. Frauen sind Vorsitzende von Vereinen, Verbänden und Jurys. Frauen können ihr eigenes Leben leben, selbstbestimmt. Frauen können alles: Das ist ein Leitsatz für die Gleichstellungspolitik. Konkret heißt das: Frauen haben ein Recht auf einen Platz am Tisch der Unternehmensführung, sie haben ein Recht auf gleiche Bezahlung, sie haben ein Recht auf ein Leben frei von Gewalt. Deshalb werden wir ein Aktionsprogramm auflegen, mit dem unter anderem die Frauenhäuser, Zufluchtswohnungen und begleitenden Angebote für Frauen, die Gewalt erlebt haben, Unterstützung bekommen. Frauen haben auch ein Recht auf gleichberechtigte Teilhabe in Kunst, Kultur und Medien. Das betrifft die Besetzung von Kommissionen, Jurys und Gremien im Kultur- und Medienbetrieb genauso wie die Vergabe von Förderungen und künstlerischen Aufträgen. Wie in der Wirtschaft gilt auch im Kulturbetrieb: Wer die Perspektive von Frauen ausblendet, vergibt Potenzial. Wenn wir auf Dauer erfolgreich sein wollen, müssen wir dafür sorgen, dass Frauen und Männer gleichermaßen repräsentiert sind.

 

Und das gleiche gilt für Jüngere und Ältere, Ostdeutsche und Westdeutsche, Menschen mit mehr als einer Nationalität und Muttersprache. Die Vielfalt von Lebensformen, Kulturen und Weltanschauungen bereichert unser Land. Und wo wird das deutlicher als in Kunst und Kultur! Den Deutschen Filmpreis 2018 etwa hat die deutsch-französisch-iranische Regisseurin und Berlinerin Emily Atef erhalten. Marc Forster, einer der erfolgreichsten deutschen Sänger unserer Zeit, heißt mit bürgerlichem Namen Marc Ćwiertnia. Ob im Film oder in der Musik: Vielfalt bereichert Kultur. Eine vielfältige Kultur wiederum bereichert unser Land. Sie öffnet Welten, sie ermöglicht Perspektivwechsel, und sie gibt allen einen Raum, um ihre Geschichte zu erzählen. Eine Kultur von allen und für alle macht Deutschland spürbar stärker.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 5/2018.

Franziska Giffey
Franziska Giffey ist Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
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