Corona-Pandemie: Der Föderalismus ist in einer schweren Krise

Der Föderalismus in Deutschland ist in der Corona-Pandemie sichtbar an seine Grenzen gestoßen. Zu viele Landesfürsten und -fürstinnen haben in der Krise versucht, nach eigenen Regeln zu spielen. Leider oft zum Nachteil des gesamten Gemeinwesens. Am deutlichsten wurde das beim sogenannten zweiten Lockdown im November 2020, bei dem zuerst die Kultureinrichtungen und die Gastronomie, nicht aber auch der Einzelhandel und das Gewerbe geschlossen wurde. Die für die Krisenbekämpfung verantwortlichen Länder waren uneins und deshalb nicht handlungsfähig. Der Schaden ist bis heute spürbar. Der Föderalismus ist in einer schweren Krise, immer mehr Menschen glauben, dass man ihn sich nur in Nichtkrisenzeiten leisten kann.

 

Es ist jetzt an der Zeit, dass der Föderalismus zeigt, dass er nicht von gestern ist, sondern auch in einem modernen Land unter den Voraussetzungen der Globalisierung und in Krisenzeiten erfolgreich ist.

 

Wo besser als im Kulturbereich könnte der Föderalismus seine Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen? Könnte, tut es aber nicht. Denn auch in Kunst und Kultur, wo die Länder und mit ihnen die Kommunen unbestritten die größte Verantwortung tragen, gibt es nur wenig kulturpolitische Gemeinsamkeiten.

 

Vor zwei Jahren startete, zur bes­seren Abstimmung der Länder untereinander, die Kultur-Ministerkonferenz. Idee war damals wohl auch, dem Bund und seinem ständig wachsenden kulturpolitischen Einfluss gemeinsam etwas entgegensetzen zu können.

 

Carsten Brosda, der Hamburger Kultursenator, war der erste Präsident der illustren Runde, schon nach einem Jahr wurde er turnusgemäß vom bayerischen Kulturminister Bernd Sibler abgelöst, der nun nach wiederum einem Jahr den Staffelstab an den Berliner Kultursenator Klaus Lederer weitergab.

 

Bislang hat die Kultur-Ministerkonferenz ihren Mehrwert noch nicht unter Beweis stellen können. Selbst in der schwersten Krise der Nachkriegszeit, der Corona-Pandemie, war es nicht möglich, gemeinsame Förderungsprogramme der Länder für den Kulturbereich abzustimmen. Und so haben die Länder, jedes für sich allein, Programme entwickelt und durchgeführt.

 

Dem Bund mit seiner begrenzten Kulturzuständigkeit kann es recht sein, seine Stellung wird durch die Uneinigkeit der Länder gestärkt. Für den Kulturbereich wäre es aber besser, zwei starke Player auf dem Spielfeld zu haben, die sich gemeinsam mit den Landes- und Bundeskulturverbänden für den Kulturbereich stark machen würden. Zusammenarbeit, nicht Trennung, ist der beste Weg aus der Krise!

 

Zuerst erschienen in Politik & Kultur 2/2021.

Olaf Zimmermann
Olaf Zimmermann ist Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates und Herausgeber und Chefredakteur von Politik & Kultur.
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