Die Galerie als Medienhaus

Der Galerist Johann König über Kunsthandel und Kunstvermittlung

Bereits mit 21 Jahren gründete Johann König seine eigene Galerie in Berlin. Mittlerweile unterhält er drei internationale Galeriestandorte und gilt als „großer Player“ auf den internationalen Schauplätzen der zeitgenössischen Kunst. In diesem Jahr starte er außerdem sein eigenes Messeformat „Messe in St. Agnes“ und einen Podcast „Was mit Kunst“. Andreas Kolb spricht mit ihm über die Rolle des Galeristen im Kunstmarkt.

 

Andreas Kolb: Kunst und Markt, wie passt das zusammen? Wie funktioniert denn eigentlich der Kunstmarkt?

Johann König: Oh, das ist natürlich ein sehr weites Feld. Das muss man eingrenzen. Der Kunstmarkt ist insofern besonders wichtig, dass er uns unabhängige und freischaffende Künstlerinnen und Künstler beschert. Die aktuelle Diskussion um Soloselbständige und deren finanzielle Unterstützung ist natürlich berechtigt aufgrund der Corona-Umstände. Am effektivsten fördert man Künstlerinnen und Künstler in jeglicher Branche jedoch dadurch, dass man ihre Unabhängigkeit fördert, und ein Weg dazu ist, ihre Vertriebsplattformen zu unterstützen. Durch die ganzen Hürden der sehr aufwendigen, also über normale Betriebsbedingungen hinausreichenden Aufbewahrungslistenpflichten, Sorgfaltspflichten, Folgerechtsabgaben, die erhöhte Mehrwertsteuer von 19 Prozent oder auch KSK-Abgaben wird der gesamte Kunsthandel geschwächt. Und damit eigentlich auch unsere Künstlerinnen und Künstler.

 

Was schwächt und was stärkt die Galerien?

Ich mache hin und wieder Open Calls mit Künstlerinnen und Künstlern. Dabei ist die Frage Nummer eins immer „Wie finde ich eine Galerie?“. Gleichzeitig gibt es immer weniger Galerien. Das liegt daran, dass sich die Kulturpolitik immer stärker auf den Produzenten konzentriert. Die Künstlerinnen und Künstler können der Künstlersozialkasse (KSK) beitreten, ich darf als Galerist kein Mitglied werden. Wenn die Künstlerinnen und Künstler dann berühmt und vermögend geworden sind, steigen sie aus dem Solidarpakt der KSK aus, ich als Galerist zahle aber weiterhin bei jedem Verkauf an die KSK. Wenn wir sehen, dass ein Kunstwerk bei den Kunstschaffenden mit 7 Prozent besteuert wird, beziehungsweise aktuell mit 5, und bei der Galerie mit 16 beziehungsweise 19 Prozent, tut es der Sache einfach nicht gut, denn das treibt zwangsläufig die Sammlerinnen und Käufer zu den Künstlerinnen und Künstlern. Diese wollen sich in der Regel nicht um das Marketing, den Vertrieb, die Presse und die Strategie kümmern, sondern um ihre Kunst. Kunsthandel ohne Galerie, das ist ebenso ein Irrsinn, als wolle man Bücher bei den Autorinnen und Autoren direkt kaufen, statt beim Verlag und im Buchhandel. Die Galeristinnen und Galeristen leisten die Vermarktungs- und Vertriebsarbeit, werden aber beispielsweise beim Folgerecht nicht mehr bedacht. Die schwierigen Bedingungen werden für die Künstlerinnen und Künstler zum Problem, weil es immer weniger Galerien gibt und damit immer weniger Galerievertretung für sie.

Es ist ungerecht, dass deutsche und internationale Besteuerung derart unterschiedlich ist. Die Künstlerinnen und Künstler werden auch niedriger besteuert, warum kann das nicht genauso für Galerien gelten?

 

Was sind die zentralen Aufgaben der Galerie im Kunstmarkt?

Die Rolle der Galerie ist eine weit über das Ausstellen von den Kunstwerken hinausgehende Tätigkeit. Wir begreifen uns als Allround-Agentur. Wir übernehmen strategische Planung und wir sind quasi Bank oder Risikokapitalgeber, weil wir in die Produktion von Kunstwerken investieren. Wir bewerben sie, kommunizieren sie inhaltlich und versuchen, Kuratorinnen und Kuratoren davon zu überzeugen. Wir machen Pressearbeit sowie strategische Planung: Wo soll es hingehen mit der künstlerischen Arbeit? Das muss man eben dauernd nachjustieren, je nach Karriere: Es gibt Künstlerinnen und Künstler, die sind am Markt erfolgreich, aber nicht institutionell, dann muss man auf diesen Punkt viel Energie verwenden. Oder umgekehrt, Kunstschaffende sind institutionell erfolgreich, aber verkaufen nichts. Da muss man da- dran schrauben. Für jeden vertretenen Künstler wird individuell geschaut, was für ein Bedarf notwendig ist.

 

Sprechen wir weiter über Ihren „Rohstoff“, die Kunstschaffenden. Wie findet man denn seine Künstlerinnen und Künstler? Wie schafft man es, dass diese keine schnelle Halbwertszeit haben, sondern Ewigkeitswert erlangen?

Das schafft man durch kontinuierliche Arbeit aufseiten der Kunstschaffenden sowie auf unserer Seite. Wie man zu den Künstlerinnen und Künstlern kommt, hat natürlich mit dem Programm der Galerie zu tun. Wir versuchen immer, die relevantesten Positionen in ihren jeweiligen Bereichen auszustellen. Wir haben Karl Horst Hödicke als Vater der Jungen Wilden. Dann aber eben nur den und nicht noch Rainer Fetting , Salomé und Helmut Middendorf. Oder wir haben eben Annette Kelm, weil wir glauben, das ist die bedeutendste Objektfotografin. Auch wenn es mit Sicherheit noch einige andere gibt, die ähnlich arbeiten.

 

Verstehen Sie sich auch als Kurator?

Ja, zumindest in Form unseres Programms.

Johann König & Andreas Kolb
Johann König ist Galerist. Andreas Kolb ist Redakteur von Politik & Kultur.
Vorheriger Artikel„Videokunst darf nicht von der übrigen Kunst separiert werden“
Nächster Artikel„Das Kulturgutschutzgesetz ist ein bürokratisches Monstrum“