Der kulturelle Ausdruck einer jungen Generation

Die Zukunft der Computerspielpolitik

Künstler und Kreativschaffende fragen sich, warum ihre Werke in anderen Kunstbereichen gefördert werden können, nicht aber in dem Bereich, der aufgrund der einzigartigen Verschmelzung von Interaktivität, Narration, Ästhetik und Technologie eine der heutigen Zeit angemessene Rezeption und Reflektion gesellschaftlicher Herausforderungen ermöglicht.

 

Eine Förderung, wie sie im Koalitionsvertrag in Form eines Fonds jetzt angekündigt wurde, ist deshalb notwendig und auch überfällig. Zentrales Anliegen dieser Förderung muss es deshalb sein, Gründungen deutlich zu unterstützen sowie bestehende deutsche Entwicklerunternehmen zu stärken, damit sie eigene IPs entwickeln und behalten können. Dabei müssen auch Hochschulstandorte gestärkt werden, die nachgewiesenermaßen Clusterwirkung entfalten und im Zusammenspiel mit kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) Forschung und Innovationen stärken und gesamtgesellschaftlich vorantreiben.

 

Wie kein anderes Medium sind Computerspiele sowohl im Zusammenspiel aus Interaktivität und aus ästhetischem sowie narrativem Blickwinkel Kulturgut und gleichzeitig aufgrund ihrer Bedeutung für Technologie- und Kompetenztransfer für viele andere Bereiche zukunftsweisend. Technologie ist dabei nicht nur ein Teil, sondern ebenso Treiber von Kulturschaffung. Wichtige Zukunftsthemen wie Big Data, künstliche Intelligenz, prozedurale Generierung sowie neuartige Kommunikations- und Lernformen, darüber hinaus Themen wie Zugänglichkeit und Teilhabe werden von Spieleentwicklern wie Spielekonsumenten gleichermaßen selbstständig mitgedacht und gestaltet. Dies sind Kompetenzen, die für eine digitale Gesellschaft maßgeblich sind.

 

Aus diesem Grund ist es begrüßenswert, dass es nun neben einer Staatsministerin für Kultur auch eine Staatsministerin für Digitales gibt. Die Staatsministerin Dorothee Bär ist eine profunde Kennerin der deutschen Gamesbranche. Die Förderung dort anzusiedeln, ist der richtige Weg, sie zu einem Schulterschluss von Digitalisierung und Kultur einzusetzen.

 

Computerspiele als Vorreiter der Digitalisierung und Multiplikator technischer Innovationen
Digitalisierung ist eine gesellschaftspolitische Gestaltungsaufgabe, in der der Mensch im Mittelpunkt steht. Schneller und besser als jede andere Branche adaptiert die Computerspielindustrie die technische Fortentwicklung und reagiert auf den digitalen Wandel. Die wachsende Bedeutung von Gamestechnologie zur Digitalisierung sämtlicher Wirtschaftsbereiche können noch immer nicht ausreichend genutzt werden und wirken somit negativ auf die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland.

Sowohl die internationale als auch die nationale Bedeutung von deutschen Computerspielentwicklungen hat sich in der letzten Dekade erheblich verringert, auch deshalb, weil gleichzeitig die international führenden Standorte ihre Industrien durch massive Förderung erheblich gestärkt haben. Diese profitieren dementsprechend von einer wachsenden globalen kulturellen Bedeutung. Der weltweit viertgrößte Absatzmarkt Deutschland ist entsprechend geprägt durch den kulturellen Import von Angeboten aus den USA, Japan und zunehmend auch China. Aber auch der technologische und wirtschaftliche Vorsprung gegenüber dem deutschen Standort wurde dadurch signifikant erhöht bei einem gleichzeitig stetig weiter sinkenden Anteil deutscher Produktionen an diesem Gesamtmarkt.

 

Um der drohenden internationalen Bedeutungslosigkeit des Kulturguts deutsche Computerspiele entgegenzuwirken, ist deshalb ein nachhaltiges Förderkonzept erforderlich, dass sowohl Neugründungen als auch den Markenaufbau von Entwicklern unterstützt und dabei die umfangreichen Kompetenzen aus der Forschung einbezieht.

 

Wer aber bei der Entwicklung kultureller Werte weder national noch international eine Rolle spielt, überlässt das Feld der kulturellen Auseinandersetzung anderen.

 

Dieser Text ist zuerst erschienen in Politik & Kultur 03/2018.

Linda Breitlauch
Linda Breitlauch ist Professorin für Game Design an der Hochschule Trier und Jurymitglied des Deutschen Computerspielpreises.
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