Medienpädagogik

Herausforderungen der Digitalisierung

Diese wenigen Studiengänge bilden grundlegend in medienpädagogischen Feldern aus und vermitteln sowohl theoretische als auch medienpraktische Kompetenzen, teilweise auch mit der Möglichkeit einer Forschungsorientierung. Meist wird Medienpädagogik jedoch als ein Wahl- oder Spezialisierungsbereich mit ganz unterschiedlichen Umfängen in der Stundenzahl innerhalb pädagogischer oder auch medien- und kommunikationswissenschaftlicher Studiengänge angeboten. Das kann bedeuten, dass lediglich medienpädagogische Angebote innerhalb von Wahlmodulen studiert werden können (wie an der Uni Paderborn); es kann auch bedeuten, ein Modul wie etwa Mediendidaktik zu belegen (wie an der Uni Duisburg-Essen) oder einen Schwerpunkt Medienpädagogik innerhalb des erziehungswissenschaftlichen Studiums mit mehreren Modulen zu wählen (wie an der Uni Bielefeld). Auch in der Lehramtsausbildung wird Medienbildung erst in jüngster Zeit in ganz wenigen Bundesländern verpflichtend. Meist kann Medienbildung, wenn es denn überhaupt im Curriculum vorgesehen ist, als Profilbereich (PH Schwäbisch Gmünd), als möglicher medienpädagogischer Schwerpunkt in der Lehramtsausbildung (wie an der RWTH Aachen) oder als Erweiterungsfach (Uni Erlangen-Nürnberg) studiert werden.

 

Insgesamt muss für den hochschulischen Bereich konstatiert werden, dass Medienbildung in den meisten pädagogischen Studiengängen ein freiwilliges Angebot darstellt, das im Umfang von der Einrichtung entsprechender medienpädagogischer Professuren abhängig ist. Insofern kann nicht davon ausgegangen werden, dass im Studium der Erziehungs- oder Bildungswissenschaften, der Sozialpädagogik oder eines Lehramts heute ausreichende medienpädagogische Kompetenzen im Kontext digitaler Medien erworben werden, um sie in den verschiedenen Handlungsfeldern medienkompetent vermitteln zu können.

 

Doch nicht nur die medienpädagogischen Studiengänge sind sehr unterschiedlich strukturiert, eine noch schwächere medienpädagogische Durchdringung findet sich in der Ausbildungssituation von pädagogischen Fachkräften wieder. Auch wenn öffentlich viel darüber gesprochen wird, wie wichtig Medienbildung bereits in der Kita ist, so ist diese auch hier oft kein systematischer Bestandteil der Ausbildung. Teilweise wird die Thematik etwa als Teilbereich „Medien“ in frühkindlichen Ausbildungsgängen unterrichtet, in manchen Bundesländern ist ein gewisser medienpädagogischer Anteil sogar Pflicht. Aber auch für weitere Ausbildungsberufe, wie etwa therapeutische Berufe (Heilerziehungspflege, Logopädie oder Ergotherapie), stellen medienpädagogische Konzepte gewinnbringende Ausbildungsinhalte dar. Da in den pädagogischen Ausbildungsgängen die Medienpädagogik noch zu wenig systematisch verbreitet ist, wird viel Hoffnung auf die Weiterbildung gelegt. Daher gibt es inzwischen zahlreiche Weiterbildungsangebote von verschiedenen Trägern. Die zentrale Fortbildung für medienpädagogisch Tätige ist das jährliche Forum Kommunikationskultur der GMK, das ihren Fachgruppen die Möglichkeit bietet, im Kontext eines Jahresmottos ihre spezifischen Fragestellungen zu diskutieren. Fachlich und thematisch orientierte Fortbildungen bieten neben der GMK insbesondere auch die Landesmedienanstalten (LfM) an. Die LfM in Nordrhein-Westfalen etwa bietet für Kitas einen monatlichen Newsletter mit medienpädagogischen Anregungen an. Neben vielfältigen Fortbildungsaktivitäten bildet das Grimme Institut darüber hinaus auch Medienscouts aus und ermöglicht damit Schülerinnen und Schülern, an ihren Schulen Ansprechpartner bei medienbezogenen Fragen zu sein. Doch auch wenn es schon eine Vielzahl an medienpädagogischen Fortbildungen gibt, sind diese bei Weitem noch nicht flächendeckend. Auch gibt es kaum Qualitätssiegel und eine systematische Weiterentwicklung und Verbreitung von evaluierten Konzepten.

 

Zukunftsperspektiven
Das Ziel, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen einen sachgerechten, selbstbestimmten, kreativen und sozial verantwortlichen Umgang mit Medien in einer durch Digitalisierung und Mediatisierung geprägten Welt zu ermöglichen, kann nur erreicht werden, wenn den Forderungen der Initiative „Keine Bildung ohne Medien“ sowie dem Medienkompetenzbericht der GMK gefolgt wird. Das bedeutet, dass Medienkompetenzen über die gesamte Bildungskette hinweg systematisch vermittelt werden müssen. Eine solche Vermittlung beginnt damit, dass bereits in den Kitas eine altersgerechte Medienerziehung und Beratung der Eltern erfolgt. In den Schulen sollte anschließend die Medienbildung mit und über Medien gewährleistet sein. Dies erfordert eine Verankerung in den Kerncurricula der Fächer, übergreifende Bildungsstandards sowie eine obligatorische medienpädagogische Qualifizierung in der Lehrkraftaus- und Fortbildung.

 

Auch in der außerschulischen Kultur- und Bildungsarbeit gehört Medienpädagogik als kulturelles Experimentierfeld und als präventiver Jugendmedienschutz dazu. Wichtig für die medienpädagogische Handlungspraxis ist, dass von den professionell Handelnden ein spezifisches
medienpädagogisches Wissen erwartet werden kann, ein besonderes medienpädagogisches Können gegeben ist und dass Fähigkeiten vorhanden sind, mit den paradoxen Handlungsanforderungen umgehen zu können.

Innerhalb der Wissenschaftscommunity wird daher gegenwärtig diskutiert, dass es zukünftig einen Rahmenplan braucht, an dem sich alle Aus- und Fortbildungen orientieren. Mit Ausdifferenzierungen der Kompetenzfelder und -bereiche liegen bereits Vorschläge vor, die eine wichtige Fundierung für das professionelle Handeln darstellen werden. Angesichts der technologischen Entwicklungen bedeutet es auch, dass in Zukunft noch viel stärker interdisziplinär und innerhalb von Netzwerken gearbeitet werden muss. Nur in Kooperation mit Bezugsdisziplinen wie Informatik, Psychologie, Soziologie, Medien- und Kommunikationswissenschaften, den Fachdidaktiken etc. wird es gelingen, den Herausforderungen in Erziehung, Bildung, Kultur und Vermittlung gerecht zu werden. Daneben braucht es selbstverständlich auch die Fundierung als eigenständige Disziplin: damit Fragen der Medienerziehung und -sozialisation zukunftsorientiert bearbeitet werden und das Lernen mit und über Medien gestärkt wird, aber auch die Verankerung als Querschnittsdisziplin in Studiengängen und Ausbildungen gewährleistet werden kann.

 

Weitere Informationen

Literaturhinweise

  • Baacke, Dieter: Medienpädagogik. Tübingen: Niemeyer 1997
  • Friederike von Gross / Dorothee M. Meister / Uwe Sander (Hg.): Medienpädagogik – ein Überblick. Weinheim u.a.: Beltz Juventa 2015

 

Dieser Text ist zuerst erschienen auf dem Internetportal „Kultur bildet.“ des Deutschen Kulturrates im Juli 2017.

Dorothee M. Meister
Dorothee M. Meister ist Professorin für Medienpädagogik und empirische Medienforschung an der Fakultät für Kulturwissenschaften der Universität Paderborn. Sie ist Ko-Vorsitzende der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) und Mitglied im Medienausschuss des Deutschen Kulturrates.
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